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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Nuschele ich oder habe ich einen Dialekt oder ... «
    »Über Dialekte reden wir später«, sagt meine »Cousine«. »Nein, du nuschelst nicht. Aber du musst es trotzdem machen. Das muss alles glasklar kommen, auch die schnellen Passagen. Du sollst ja nicht auf irgendeiner Schmiere auftreten.«
    Ich habe keine Ahnung, ob diese Frau meine Vorgeschichte überhaupt kennt. Ob sie weiß, dass ich in Berlin auf einer Bühne gestanden habe, die sie bestimmt als »Schmiere« bezeichnen würde – aber ihre Bemerkung empört mich maßlos.
    Wir haben mutiges Theater gespielt. Haben aus einem alten Historien stück etwas gemacht, dessen Botschaft so gegenwärtig war, dass alle im Saal sie verstanden haben. Haben unser Publikum zum Lachen und Weinen gebracht, zum Mitleiden und Mitjubeln.
    Schlomo Laskarow als der jüdische Held, der eine Nieder lage spielt, als wäre sie ein Sieg ... und ich an seiner Seite, seine Partnerin, ebenbürtig. »Solange warm das Blut mir in den Adern fließt ... « Nein, nicht weiter daran denken ...
    Meine Stimme ist gepresst vor Zorn. »Ich hab schon Vorstellungen gespielt, wochenlang, und wir waren gut! Ich war unter einem Künstlernamen bekannt, Leonie Lamedé! Es gab positive Kritiken in großen Zeitungen! Ich bin keine Anfängerin!«
    Sie hat den Stuhl wieder aufgerichtet, setzt sich rittlings drauf, die Arme auf der Rückenlehne, und betrachtet mich mit schief gelegtem Kopf. »Wenn du keine Anfängerin bist, warum nimmst du dann Unterricht?«, fragt sie unschuldig. »Wenn ich mit dir arbeite, dann musst du dich daran gewöhnen, dass du von null starten musst. Körperbeherrschung. Aussprache. Alles.«
    Und ehe ich eine Antwort parat habe: »Wir machen in einer Woche weiter. Du hast Zeit zum Üben. Ansonsten sehen wir uns zur Soiree am Wochenende. Genieße Wien, ma chère!«
    Sie steht auf, verlässt die Bühne, nimmt ihren unvermeidlichen Lippenstift zur Hand und dreht im Hinausgehen den Lichtschalter. Die Scheinwerfer gehen aus. Ernüchterndes »Normallicht« jetzt stattdessen. Ich sehe mich um.
    Das ist ein netter kleiner Saal für Privatvorstellungen, schlichter gehalten als alles andere, was ich hier bisher gesehen habe im Haus. Vielleicht zwanzig Plätze, ein Flügel an der Seite, falls Musikbegleitung nötig sein sollte.
    Und ganz hinten, mit angezogenen Beinen halb zusammengerollt auf einem Stuhl, als sei er ein Stück Inventar, der Edle von Rofrano, der also die ganze Zeit dabei war. Auch das noch.

8
    Sie knallt die Türen. Rennt über den knirschenden Kies in den Anbau, und wenn es nur ginge, würde sie ihren Koffer unterm Bett vorzerren und packen. Diese arrogante Person, die sie wie eine unwissende Laienspielerin behandelt ... »Wenn ich mit dir arbeite, dann musst du dich daran gewöhnen, dass du von null starten musst. Körperbeherrschung. Aussprache. Alles.«
    Einmal in der Woche also darf sie Frau Lascari mit einem Korken im Mund vorsprechen. (»Das muss alles glasklar kommen!«) Und als Krönung sitzt dann noch in einer Ecke der junge Herr, als wäre er der Schoßhund, der immer dabei ist.
    Für diese Leistungen zahlt man also in Hermeneau Beträchtliches nach Wien! –
    Aber sie weiß ja, dass das nur die eine Seite der Medaille ist. Man hat sie hier »eingekauft«, eingeschleust, um etwas zu finden, hat sie, wie einen Agenten in Feindesland, ausgeschickt, das Terrain zu sondieren und ihre Arbeit erfolgreich zu Ende zu bringen. Und also muss sie hier aushalten, wie auch immer, sie muss die Zähne zusammenbeißen.
    Leicht wird das nicht. Sie ist ganz auf sich allein gestellt, von nirgendwoher kommt ihr so etwas wie Wärme entgegen, niemand, mit dem man sprechen kann, der einem offen und freundlich gegenübertritt ...
    Wen kennt sie hier eigentlich, außer einer hochmütigen kalten Schauspielerin mit ihrem Freund? Einen schnauzbärtigen Kutscher und eine Haushälterin.
    Diese Frau Pfleiderer vielleicht? Mit dem Haus ist die ja vertraut. Wenn man den Kontakt zu ihr benutzen könnte, um einen ersten Zugang zu gewinnen?
    Aber bevor sie sich aufmacht, wieder ins Palais hinüberzugehen, nimmt sie einen der Stühle im Wohnzimmer, stellt ihn in die Mitte des Raums und versucht, so »darüberzugehen« wie Felice. Beim ersten Mal fällt sie auf die Nase und schlägt sich das Knie auf. Beim zweiten Mal ist sie vorsichtiger und schafft es immerhin, das Möbelstück so auszubalancieren, dass es erst dann mit Gepolter umstürzt, als sie schon den Fuß von der Sitzfläche genommen hat. Sie

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