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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Wünsche nach Zimtstangen, Senfkörnern und getrocknetenFeigen hat erfüllen lassen, addiert der Händler mittels klappernder Kugeln – er hat einen Abakus. Dann rundet er »für so kenntnisreiche Kundschaft« die Summe nach unten ab.
    »Wie’s aussieht, kehrt in Wien langsam der Geschmack am Fremdländischen ein«, sagt er, während er das Wechselgeld schwungvoll auf den Tresen zählt. »Vorige Woche war hier ein Herr, der hat ähnlich Exotisches verlangt. Da weiß man doch, weswegen man hier steht!«
    »Sind Sie der einzige Gewürzhändler?«
    »Hier ja. Auf dem Karmelitermarkt in der Leopoldstadt, da gibt’s noch ein paar. Aber da geht eine Dame wie Sie ja net hin.«
    (Lieserl sagt dazu nichts. Scheint ihr peinlich zu sein. Was ist denn mit der Leopoldstadt los? Da gibt’s also teure Gewürzhändler, also können da ja nicht bloß die »niederen Stände« wohnen!)
    Für den Rückweg nehmen sie, so weit es geht, die Straßenbahn. Die beiden Körbe sind schwer und Leonie selbst schleppt auch noch ein paar Tüten mit Obst und Gemüse.
    Jetzt gehört ihr die Küche. Ein schönes Gefühl.

15
    Eingedenk der verständnislosen Blicke von Lieserl, was den Inhalt der Einkaufskörbe angeht, verzichtet sie darauf, von Frau Pfleiderer jemanden als Hilfe auszubitten. Sie macht ihre Arbeit lieber allein, denn sie weiß, was zu tun ist. Einzig zum Servieren hätte sie gern eine Person.
    Voller Vorfreude packt sie aus und stellt alles, was sie braucht, bereit, summt leise dabei, wie die Laskers das in der Küche so machen – heute ist es für sie eine Beschwörung für gutes Gelingen.
    Essen macht glücklich, daran glaubt sie fest, und es stimmt jedermann freundlich dem gegenüber, der es auf den Tisch gebracht hat. Ihre kleine »Einladung« auf den Abend wird Felice auftauen lassen, sie ihr näherbringen. Und so beginnt sie denn am Nachmittag, ganz allein in der großen wohlausgestatteten Küche herumwirbelnd, fröhlich und voller Zuversicht mit der Kocherei.
    Bei der Arbeit fallen ihr jene anderen Situationen ein, wo sie sich in das Vertrauen ihrer Verwandten »hineinkochte«: die Meerbarben, die sie bei ihrem ersten Aufenthalt auf Schloss Hermeneau zubereitete.
    Und dann das Menü, das sie in der Küche am Spittelmarkt bei den Laskarows kreierte!
    Da saß Schlomo als »Beisitzer« herum zunächst, und fand dann Gefallen daran, mit ihr gemeinsam zu kochen ...
    Er ist nah bei mir, sehr nah. Hilft mir bei den Vorbereitungen. Folgt mir zum Herd und zurück zum Tisch, guckt mir über die Schulter. Ist immer um mich herum. Sein Haar streift meine Wange, wenn er sich vorbeugt. Ich bekomme weiche Knie ...
    Um mich zu beruhigen, rufe ich mir nach alter Gewohnheit das Lied ins Gedächtnis: »Avram avinu« ...
    Er antwortet, er kennt das Lied, kennt die Worte in sephardischem Spanisch ... » Wer zum Teufel bist du?« Und ich nenne meinen Namen, den ich bisher vor der Familie verborgen hatte.
    Und dann – dann beugt er sich vor und küsst mich heftig auf die Lippen. Unser erster Kuss, verbunden mit diesem Lied ...
    Sie fährt sich mit beiden Händen übers Gesicht. Beginnt energisch mit ihrer Arbeit.
    Die goldene Hühnersuppe. Dann die Donaufische – sogenannte Mairenken. Sie werden mit Zitrone, Petersilie und Fenchelsamen gewürzt und mit Butter und Weißwein, einem Riesling, angesetzt. Sie schlägt Eier und Sahne zu einem leichten und trotzdem pikanten Dessert auf, mit Minze, Safran und einem Hauch grünem Pfeffer, und macht dann eine Sauce fürs Huhn, in der die Bestandteile des alten Kochgeheimnisses »Fuego y sapor« vereint sind: Minze, Sternanis, Koriander und noch dies und das.
    Das ist ein wunderbares spanisch-jüdisches Essen. Das muss ihr doch Felices Herz öffnen.
    Es kommt aber ganz anders. –
    Das ungleiche Paar erscheint in einer merkwürdigen Verfassung am Tisch. Entweder haben sie sich gerade geliebt oder aber fürchterlich gestritten. Antons Gesicht ist gerötet und Felice wirkt so gebieterisch, als habe sie gerade vor, in der »Braut von Messina« aufzutreten, statt zu Abend zu essen.
    Ich werde flüchtig begrüßt und dann tauchen die beiden ihre Löffel in die goldene Hühnersuppe. Anton stöhnt vor Wonne und lässt sich noch einmal nachreichen. Felice lehnt sich zurück und beobachtet ihn unter halb gesenkten Lidern, während sie mit dem Salzfass spielt und schon wieder ihre Lippen nachzieht.
    Irgendetwas ist zwischen den beiden und mein Menü rückt in den Hintergrund.
    Als Nächstes serviert Lieserl meinen

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