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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Idee!«, tönt Mendel Laskarow (sogar Madame hat nichts dagegen!), während der Sohn unbeirrt weiterredet: »Wir müssen morgen unbedingt eine Probe ansetzen, Tate. Damit Leonie die nötige Sicherheit bekommt.«
    Der alte Herr nickt. »Zwei Stunden vor der Vorstellung!« »Nein!«, widerspricht der Heldendarsteller bestimmt. »Vormittags. Das ist sonst zu knapp.«
    (Natürlich wird gemacht, was er will.) –
     
    Sie sitzen nun schweigend nebeneinander im Taxi und fahren durch das nächtliche Berlin. Leonie dreht den Kopf, betrachtet Schlomo neben ihr, der sich in die Polster zurückgelehnt hat. Licht und Schatten huschen abwechselnd durch die Kabine, werfen unruhige Refl exe über sein Gesicht, das ohne Schminke nichts Maskenhaftes mehr hat; diese Nase mit der Verdickung an der Spitze, die dichten Brauen, das sehr energische Kinn. Die sonst alles beherrschenden Augen sind geschlossen.
    Warum spricht er nicht mit ihr, nachdem sie sich so nahe waren auf der Bühne, nachdem er ihr geholfen und sie gestützt hat?
    Leonie beugt sich vor und gibt dem Fahrer die Richtung an.
    Schlomo sagt immer noch nichts. Es ist eine lange, schweigsame Fahrt, endlich passieren sie den Hermannplatz, biegen ein in ihre Straße.
    »So, wir sind da«, sagt Leonie. Ihre Stimme klingt frostig. »Danke für das Taxi.« Sie greift nach dem Türgriff, um auszusteigen.
    Er macht die Augen nicht auf. »Warte.«
    Dann lehnt auch er sich kurz nach vorn, sagt zum Fahrer: »Wir halten hier einen Moment an«, und schiebt das trennende Fenster zwischen Fahrerkabine und Chauffeur zu.
    »So«, murmelt er und dreht sich nun Leonie zu. »Hier wohnst du also. Und da gehst du jetzt hin – zu dem Mann, der diesen Dreck verfasst hat in der Zeitung. Solchen gefährlichen Dreck.«
    Muss er ausgerechnet damit anfangen? Sie presst die Lippen aufeinander, möchte am liebsten weinen. »Bist du mitgefahren, um mir das zu sagen?«
    »Ganz bestimmt nicht.«
    Schweigen.
    »Heute Abend – du warst wirklich sehr gut.« Er räuspert sich. Sagt dann leise: »Man kann einer Person wie dir nicht widerstehen.«
    »Wie meinst du das?«
    »So, wie ich’s sage. Ich komme einfach nicht von dir los.« Er dreht sich zu ihr, seine Augen leuchten im Schein der Laterne von draußen. Dann spürt sie plötzlich seinen Mund auf ihrem Mund.
    Schließlich löst er sich von ihr, hält sie mit ausgestrecktem Arm, um ihr im Halbdunkel dieses Taxis noch einmal in die Augen zu sehen. »Wenn ich das nächste Mal vorschlage, dass du in einem Hotel übernachtest, dann sagst du Ja! Ist das klar?«, bemerkt er, und er lächelt.
    »Vor ein paar Tagen in deiner Garderobe hast du mich fast vor die Tür gesetzt und mir erklärt, das wär’s gewesen«, sagt Leonie skeptisch. »Ich hab mich gefühlt, als wenn du mich weggeworfen hättest. Und jetzt? Was ist jetzt?«
    Statt einer Antwort beginnt er erneut, sie zu küssen, heftiger, wilder.
    Dann lässt er sie los, steigt aus und öffnet auf ihrer Seite die Tür. Hilft ihr aus dem Wagen.
    Er verhält einen Augenblick, zögert. Zieht ihren Kopf an seine Schulter und küsst sie aufs Haar.
    »Gute Nacht, Leonie.«
     
    Sie steht da und sieht dem Taxi nach, das an der Ecke wendet und zurückfährt, und auf einmal ist sie so müde, dass sie glaubt, sie schafft keinen Schritt mehr.
    »Ich komme einfach nicht von dir los.« Hat er das wirklich gesagt?
    Wie war das doch mit Romeo und Julia?
    »Wenn ich das nächste Mal vorschlage, dass du in einem Hotel übernachtest, dann sagst du Ja ...«
    Alles ein bisschen viel für einen Tag.

22
    Am nächsten Morgen wacht sie so spät auf, dass es beinah unausweichlich ist, dem Vater in die Arme zu laufen.
    Aber er ist nicht da. (Vielleicht »stempeln gegangen«.) Gott sei Dank. Sie weiß wirklich nicht, wie sie das ausgehalten hätte, ihm jetzt gegenüberzutreten, nach diesem Brief in der Zeitung.
    Sie muss gleich los zur Probe, sonst kommt sie zu spät. –
    Die nächsten Vorstellungen, so hört Leonie, kaum dass sie das Theater betritt, wird sie noch spielen müssen. Fräulein Minas fällt tatsächlich weiter aus.
    Natürlich ist die Euphorie des gestrigen Abends verfl ogen. Rauer Alltag kehrt ein. So lässig es im Haushalt der Laskarows sonst zugeht, so streng sind offenbar die Bräuche, wenn eine Probe angesetzt ist. Nichts mit um halb zwölf noch im Morgenmantel in der Wohnung am Spit telmarkt herumhängen. Alle drei sind da in der Sophienstraße, es wird pünktlich um zehn begonnen, und in den folgenden Stunden lassen

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