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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sie jetzt an, »als Dina, seine Geliebte. Sie schafft das. Die Guttentag kann erst einmal die Frau des römischen Statthalters Rufus spielen, die Serafi na. Wenn Mirjam Minas wieder gesund ist, übernimmt sie diese Rolle. Und mit Heinrich Blochhaben wir doch einem idealen Statthalter. Er hatte in der Sulamith nur wenig zu tun.«
    »Machst du neuerdings die Besetzungen an Laskarows Künstler- Theater?«, knurrt der Prinzipal, aber ein Argument dagegen fällt ihm im Augenblick wohl nicht ein. Er erhebt die Stimme, klatscht in die Hände. »Ende der Pause! Wir machen weiter mit Sulamith, Abisalom, Chor!«
    Der Hauptdarsteller, während er sich mit beschwingtem Schritt an seine Position begibt, singt etwas vor sich hin, das Leonie unschwer als »Avram avinu, padre bendicho« erkennt. Er wirft ihr einen blitzenden Blick zu und ihr wird warm ums Herz.
     
    Ihre gute Stimmung fi ndet ein jähes Ende, als sie im Neuköll ner Hausfl ur, im Seitengebäude – es riecht nach dem Mittagessen fremder Leute – ihren Briefkasten öffnet. Normalerweise holte Harald Lasker immer die Post, in der Hoffnung, dass sich auf seine schriftlichen Bewerbungen jemand gemeldet hat.
    Aber vielleicht hat er nach der Ablehnung in diesem Hotelrestaurant die Hoffnung ganz aufgegeben und kümmert sich nicht mehr darum.
    Sonst hätte sie vielleicht dann diesen Brief nie zu Gesicht bekommen.
    So findet sie selbst nun diesen großen schmalen Umschlag. Es sind französische Briefmarken darauf.
    Ihr ist, als habe man ihr einen Schlag vor die Brust versetzt.
    Isabelle ist etwas zugestoßen!, ist ihr erster Gedanke. Ihr ist etwas zugestoßen, und schuld daran bin ich, weil ich ihren Auftrag bisher nicht ausführen konnte und mich nicht gemeldet habe ...
    Leonie läuft die Treppen hoch, so schnell sie nur kann. (Wie so oft in letzter Zeit ist der Vater zum Glück auch heute Mittag nicht zu Hause.) Sie rennt außer Atem durch den Flur in ihr Kämmerchen, reißt das Kuvert auf.
    Gaston hat geschrieben.
    Ihr Blick fällt zuerst auf die letzten Zeilen: »Isabelle drückt dich an ihr Herz und segnet dich.«
    Aufatmend lehnt sie sich zurück. Die alte Frau ist also wohlauf. Ihr fällt ein Stein vom Herzen. So. Nun kann sie in Ruhe lesen.
    Gaston schreibt: »Leonie, chérie! Glaube nicht, dass ich dich bedrängen will. Die Aufgabe, die du übernommen hast, ist sicher schwerer, als wir es uns denken konnten, und schwerer, als du es dir selbst vorgestellt hast. Isabelle zweifelt keinen einzigen Augenblick daran, dass du noch in diesem Jahr das erste der Zeichen sicher nach Hermeneau bringen wirst. Schließlich bist du die Auserwählte.
    Dass ich dir schreibe, hat einen anderen Grund. Isabelles Gesichte haben sich in der letzten Zeit sehr häufi g eingestellt und sie sind erschreckend konkret. Du kennst die Bilder ... ich muss dir nicht sagen, welches Entsetzen, welches Leid sie durchlebt.
    Was ich dir nun mitteile, liebe Leonie, soll dich nicht verunsichern. Es soll dich nur warnen. Denn in den Visionen tauchen immer wieder Dinge auf, die aus deiner Umgebung kommen, deiner Stadt. Was sie sieht, spielt in deiner Nähe, und sie erlebt es, als sei sie direkt damit verbunden. Sie schwört, dass es keine Zukunftsbilder sind, sondern dass es sich auf heute, auf unsere Tage bezieht.
    Isabelle hat Angst um dich, und sie hat Angst um einen Menschen, der dir nahe steht. Mehr kann sie nicht sagen. Sie bittet dich, vorsichtig zu sein und dich nicht in Gefahr zu begeben. Es geschehen schlimme Dinge um dich herum.
    Bald, so bete ich, wirst du bei uns sein. Mit dem ersten der Zeichen.
    Isabelle drückt dich an ihr Herz und segnet dich.
    Gaston Lecomte.«
     
    Ich halte das Blatt in der Hand und starre vor mich hin. Mein Herz klopft wie wild. Was für eine unheimliche Botschaft! Ach, warum können solche Orakelsprüche nicht deutlicher sein! Ich versuche, herauszubekommen, was gemeint sein kann. »Angst um einen Menschen, der dir nahe steht ... « Das kann sich nur auf meinen Va ter beziehen, auf den Irrweg, den er da gerade betreten hat. Und:»Es geschehen schlimme Dinge um dich herum.« Ja. Ja, natürlich. Mir fällt die Szene am Bäckerladen wieder ein. Und MendelLaskarow hat gesagt: Es braut sich was zusammen. Aber was bringt solch eine Warnung ein, wenn man nichts ändern kann an dem, was sich ereignet?
    Ich falte den Brief zusammen und stecke ihn in meine Schillerausgabe, zu dem Reisegeld, das die beiden Alten mir da »untergeschoben« haben.
    Es wäre besser gewesen, Gaston

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