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Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Dreibettzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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will Leonie plötzlich herumlaufen, Anne verlangt eine Pinkelpause pro Stunde, und wenn ich eine rauchen will, soll ich das »bitte draußen machen«. Mitten auf der Autobahn. Und sehen soll es Leonie am besten auch nicht.
    Als ich während der zehnten Pause rauchend am Kofferraum lehne, fällt mir ein dreieckiger Aufkleber an meiner Stoßstange auf: »Baby an Bord«.
    Anne meint, wahrscheinlich habe Leonie ihn dorthin geklebt – gegen ihren Willen. Mit einem Lächeln erklärt sie sich bereit, den Aufkleber nach Ende der Mission eigenhändig zu entfernen. Den Rest der Fahrt über erzählt Anne von den Freuden des Familienlebens. Glaube ich. Bei Monologen schalte ich automatisch ab. Auch ein Grund, warum ich für Beziehungen nicht geeignet bin.
    Ein blauer Touran rast hinter mir auf der linken Spur heran. Er fährt so dicht auf, dass ich den Fahrer erkennen kann: Sieht aus wie ein Software-Consultant, mit Karohemd und bunter Krawatte.
    »Wenn diese Nerds ihre Krawatten zu eng binden, wird ein Nerv im Auge beeinträchtigt«, erkläre ich Anne. »Dann können sie Distanzen nicht mehr richtig einschätzen.«
    Anne gibt sich unbeeindruckt. »Mein echter Mann trägt auch Krawatten. Ist aber kein Nerd.«
    »Sondern?«, frage ich mäßig interessiert.
    Jetzt blendet der Typ hinter mir auf. Dabei schaut er auf sein Smartphone. Wahrscheinlich spielt er gerade die Familienversion von »World of Warcraft«. Keine Ahnung, womit er lenkt.
    »Er ist Manager. ›Mr. & Mrs. Perfect.‹«
    »Mr. Perfect?«, frage ich ungläubig.
    Anne verdreht die Augen. »Und Mrs. Perfect. So heißt seine Firma. Ein Fitnessstudio mit mütter- und väterfreundlichen Konditionen, also Kinderbetreuung, Kinderyoga – und ganz neu: Baby-Pilates! Er denkt sogar über eine Art Nacht-Kita nach. Sein Name ist Leonhardt. Deshalb auch Leonie.«
    »Genial«, spotte ich und trete das Gas durch: hundertdreißig Stundenkilometer, neuer Rekord für meinen alten Mustang. Auf österreichischen Autobahnen darf man eh nicht schneller fahren. Der Touran macht es trotzdem. Ich werde mich hier aber nicht von einer Familienkarre überholen lassen. Ist mir zu symbolschwer.
    Annes Stimme bekommt einen bewundernden Klang: »Leonhardt hat Philosophie studiert und danach sofort eine Dozentenstelle an der Uni Marburg bekommen.«
    Der Touran schiebt mich gleich.
    »Davon kann man auch nicht reich werden«, bemerke ich.
    »Stimmt«, entgegnet Anne. »Deshalb verdient er sein Geld als Personal Trainer für Wirtschaftsgrößen.« Sie dreht sich zu dem Touran um. »Jetzt lass ihn halt überholen.«
    Ich umklammere das Lenkrad mit beiden Händen und versuche, das Gaspedal durch das Bodenblech zu treten. So rostig, wie es ist, könnte mir das sogar gelingen.
    »Das hier ist eine Sache zwischen ihm und mir.«
    Anne runzelt die Stirn. »Was soll denn das?«, schimpft sie. »Wir fahren in den Familienurlaub. Du bist jetzt ein Familienvater. Hör auf, dich zu stressen! Hör auf, uns zu stressen!«
    Vielleicht hat Anne recht. Ich muss mich an meine Tarnung gewöhnen. Also ziehe ich auf die rechte Spur und reihe mich zwischen den Lkw ein.
    Die Heckscheiben des Touran sind tiefschwarz getönt, als würde darin ein Staatsoberhaupt chauffiert. Auf einem Sticker über dem Nummernschild klebt ein Smiley. Daneben steht: »Immer Fröhlich bleiben!«
    Während der Touran vorbeizieht, winkt die Beifahrerin fanatisch. Anne winkt grinsend zurück – wahrscheinlich weil wir alle im Bescheuerte-Autoaufkleber-Club sind.
    »Kennt ihr euch?«, will ich wissen.
    »Nein, aber das war eine Familie, und wir sind auch eine Familie.« Als der Touran überholt hat, grüße ich ihn sicherheitshalber noch mal von hinten mit Fernlicht.
    Der Fahrtwind weht laute Musik aus der Familienkutsche herein. Klingt wie Nena.
    »Mukiz«, freut sich Leonie vom Kindersitz aus. Immerhin hat die Kleine Ahnung von Autos.
    »Ja, der Touran hat Muckis. Ist der neue TDI.«
    »Musik, meint sie«, erklärt Anne und dreht sich zu Leonie. »Möchtest du was singen, Süße?«
    »Jaaa!« Leonie klatscht mit den Händen auf den Kindersitz.
    »Neeein!«, rufe ich noch, aber da höre ich schon von hinten: »Aramsamsam, aramsamsam, gulligulligulligulligulli ramsamsam!«
    Im Rückspiegel sehe ich erhobene Kinderhände.
    »Araaabi, araaabi!« Leonie klatscht auf den Kindersitz. »Gulligulligulligulligulli ramsamsam!«
    Arabi? Gulligulli? Schon klar.
    »Deine Tochter ist Rassistin«, bemerke ich und schaue Leonie im Rückspiegel an. »Singt

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