Dreibettzimmer: Roman (German Edition)
die Tür zu, tritt aufs Gas und fährt los. Will der mich hier etwa zum Sterben zurücklassen? Ich renne dem Auto hinterher. Da geht die Beifahrertür auf. Ich steige ein, ehe es zu spät ist. Mr. Perfect sieht mich an, grinst und knufft mit seiner Bärenfaust gegen meine Schulter.
»Scherzchen gemacht«, freut er sich. »So viel Zeit muss sein.«
Dann tritt er endlich aufs Gas.
Nach zwei Saunagängen haben meine Knie aufgehört zu zittern, und meine Füße sehen nur noch ein bisschen blau aus. Anne und Leonie haben es sich währenddessen in Mr. Perfects Suite gemütlich gemacht. Im Spa-Bereich schenke ich mir ein Glas Limonenwasser ein und bereite mich mental auf die Vorwürfe von Anne vor.
Das war heute echt ein bisschen viel. Selbst einen Saunagang mehr hätte ich wahrscheinlich nicht verkraftet. Fühle mich irgendwie seltsam kribbelig. Hoffentlich habe ich mir bei der Kraxenschlepperei keinen Nerv eingeklemmt.
Egal, erst mal rauf ins Zimmer und schauen, wie es meiner Fake-Familie geht. Ich öffne die Tür zum Badebereich und renne direkt in Mr. Perfect. Der macht das wohl mit Absicht. Anstatt sich zu entschuldigen, sieht er mir in die Augen.
»Lust auf einen Aufguss?«, fragt er. »Oder hattest du davon heute schon genug?«
Eigentlich hatte ich das tatsächlich, aber nach Mr. Perfects Rettungsaktion schulde ich ihm mehr als einen Gefallen. Und der Bademeister hat gesagt, dass Wärme meinem Rücken hilft.
Also mache ich auf meinen Hotellatschen kehrt, ziehe meine Badehose wieder aus und greife mir ein neues Handtuch.
Mr. Perfect kommt aus der Dusche und präsentiert stolz seine Muckis. Wir mustern uns. Als mein Blick an seinem massiven Brustmuskel hängen bleibt, wünsche ich mir kurz Leonie herbei, damit sie ihm einen »Riesenbusen« attestiert.
»Arbeitest du eigentlich an deinen Problemzonen?«, fragt er mit der unverblümten Direktheit eines Fitness-Coachs. Er deutet an sich herunter. »Hättest du nicht auch gern so einen Sixpack?«
Ich lächle verlegen. »Ach, um ehrlich zu sein, hätte ich nach diesem Tag lieber so einen Sixpack.« Ich mache mit ausgestrecktem Daumen und Zeigefinger die Trinkergeste.
Mr. Perfect schüttelt den Kopf. »Das sieht man. Aber darüber können wir später noch mal reden. Jetzt ist erst mal Lindenblütenaufguss in der Finnischen angesagt, Sportsfreund.«
Na ja, das klingt ja ganz entspannt.
Vor der finnischen Sauna steht ein riesiger Holzbottich, in dem ein erwachsener Mann leicht Platz hat. Auf den Entspannungsliegen davor hat sich Familie Fröhlich mit vier großen und kleinen Körben voller Spa-Equipment niedergelassen. Mist, ich hatte gehofft, Frau Fröhlich in der Sauna zu sehen. Ich grüße sie mit einem Kopfnicken, aber sie schließt simultan mit ihrem Mann und ihren Kindern die Augen und dreht den Kopf zur Seite.
Durch eine dicke Glastür, an der innen Schweiß kondensiert, betreten wir die Sauna. Der riesige Raum ist bis auf den letzten Holzplatz besetzt: Schwitzende Schultern kleben an perlenden Oberarmen und Schenkeln. Auf drei Etagen reiht sich altes und junges, festes und wabbeliges Fleisch der Gäste um einen großen Steinhaufen.
Kaum haben wir die Tür geöffnet, schlägt mir eine glühende Hitzewelle entgegen, wie ich sie sonst nur aus Backöfen kenne. Mit halb geschlossenen Augen schaue ich kurz umher, erkenne aber nur den Hotelpsychologen. Der ist, was nackte Körper angeht, bestimmt an die ärztliche Schweigepflicht gebunden.
Auf der untersten Holzstufe sind noch einige Plätze frei. In der Hoffnung auf ein wenig Luftzug setze ich mich nah an den Ausgang.
Mr. Perfect dagegen steigt die Saunaebenen mit großen Schritten empor und verkündet: »Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!« Ob Anne wohl weiß, wie der sich benimmt, wenn sie nicht dabei ist?
Mr. Perfect quetscht sich ganz oben zwischen zwei junge Mütter. Die Frauen schauen betreten zur Seite.
»Na, meine Damen?«, schäkert er und beäugt sie, wie er eben mich gemustert hat. »Bei schlechtem Bindegewebe im Hüftbereich sprechen wir Mediziner übrigens auch von Planschbecken.«
Eine der Mütter steht auf. »Was fällt Ihnen ein?«, beginnt sie sich zu ereifern, doch Mr. Perfect kommt ihr zuvor: »Ein Trainingsplan für dich, Dickerchen, der fällt mir ein. Hat meiner Frau nach der Geburt auch geholfen.«
Nun steht auch die andere Frau auf.
»Männer!«, zischen sie und verlassen die Sauna. Zum Glück kennt mich hier niemand.
»Caspar«, ruft Mr. Perfect. »Hier ist ein Platz mit
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