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Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Dreibettzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Felljacken, Lederhosen, Leinenhemden, mit wuchernden Bärten und verfilzten Haaren. Leonie, die auf Mr. Perfects Schultern sitzt, kriegt ganz große Augen – obwohl sie bis eben noch friedlich im Auto geschlafen hat. Es war ein Vergnügen, zur Abwechslung mal sie zu wecken.
    Ein paar Teilnehmer des »Ötzi-Paleo-Cups« haben eine Ziege dabei, einige ihrer Begleiter tragen riesige Schwerter und funkelnde Streitäxte. Wahrscheinlich wollen sie die Ziege mittags zu original Paleo-Hackfleisch verarbeiten.
    »Die gehen bestimmt auf Bärenjagd«, vermutet Mr. Perfect.
    »Oder sie jagen Gore-Tex-Rentner, die sind leichter zu kriegen«, glaubt Anne.
    »Aber an diesen Rentnern ist doch nichts dran«, stellt Stanley sachlich fest. Alle Blicke wenden sich zu mir, als wäre ich jetzt Seniorenspezialist – nur weil ich mal auf eine nackte Oma gefallen bin.
    Einige Neoneandertaler backen auf heißen Steinen Fladenbrot, ich sehe dampfende Lehmöfen und entdecke ein paar Rollenspieler, die versuchen, mit Feuerstein und Zunderschwamm Holz anzuzünden. Schräg gegenüber hat der Veranstalter ein paar Sponsoring-Stände aufgebaut, die so deplatziert wirken wie ein Wet-T-Shirt-Contest auf einem iranischen Markt: Ein österreichischer Limonadenhersteller verschenkt koffeinhaltige Brause, ein Männermagazin umwirbt neue Abonnenten, und ein paar Tierschützer protestieren gegen das Tragen von Fellen. Wahrscheinlich werden die armen Studenten bei der nächsten Gelegenheit selbst gehäutet.
    Stanley hat für Mr. Perfect und mich aus dem Fundus, den Adoré zur Verfügung gestellt hat, die passenden Outfits herausgesucht: echte Germanenkostüme aus Kunstfell und -leder. Stanley selbst trägt einen Mantel aus Ziegenfell, ein Kupferbeil, eine Menge Lederriemen und am Gürtel eine halbierte Kokosnuss »als Tragegefäß für Feuersteine«. Er erinnert mich schwer an Robinson Crusoe. Mr. Perfect sieht dagegen aus wie Conan, der Barbar, wohingegen ich an Lady Gaga erinnere.
    Dabei hat Stanley extra darauf geachtet, dass alle Teile »aus einer Epoche stammen«. Sein neues Lieblingswort ist nämlich »Authentizität«. Im Gegensatz zu ihm tragen Mr. Perfect und ich unter unseren Fellen allerdings Thermounterwäsche.
    Mitten im Gewusel entdecke ich Adoré am Anmeldestand. Anscheinend freut sie sich wirklich, dass wir an ihrem »großen Coup« teilnehmen. Sie stupst die kleine Leonie mit dem Finger in den Bauch und fragt sie, wie ihr der große Trubel gefällt. Doch Leonie schaut nur suchend in der Gegend herum. Schließlich sieht sie Adoré fragend an: »Wo sind Pinguine?«
    Adoré verzieht pikiert ihr schönes Gesicht, aber als die Journalisten um sie herum lachen, stimmt sie ein.
    Kumpelhaft knufft sie mich gegen den Oberarm. Ich hätte lieber einen Kuss oder eine Umarmung bekommen. Dann müssen wir ein paar Formulare ausfüllen, auf denen steht, dass wir »auf eigene Verantwortung handeln« und unsere Handys abgeben – »wegen der Authentizität«. Kein Fotograf soll Bilder von telefonierenden Steinzeitmenschen veröffentlichen.
    »Außerdem hättet ihr da oben eh keinen Empfang«, behauptet Adoré und kassiert die Geräte ein. Dass ich in meinem Bauchgürtel eine Schachtel Zigaretten und einen Flachmann mit Papa Ice Tea verstecke, verschweige ich lieber. Kleine Geheimnisse erhalten die Liebe.
    Genau darüber würde ich übrigens gern mal mit Adoré unter vier Augen sprechen und ihr die Wahrheit über Anne und mich erzählen. Wenn sie weiß, dass unsere Zuneigung keine echte Beziehung zerstört, gibt sie mir vielleicht noch eine Chance.
    Doch Adoré ist voll und ganz mit den offiziellen Journalisten beschäftigt. Als ich ihr mein großes Geständnis mit einem »Adoré, hör mal bitte ganz kurz zu« eröffnen will, dreht sie sich einfach zu einem jungen Kerl um, der ihr einen abgewetzten quietschgelben Mikrofonaufsatz mit dem Schriftzug seines Schulsenders unter die schöne Nase hält.
    Mr. Perfect und Stanley schauen mich mitleidig an. Nur in Annes Blick erkenne ich seltsame Genugtuung.
    Abseits der Sponsorenstände haben einige der Steinzeitleute Zelte aus Tierfellen aufgeschlagen. In achtzehnhundert Meter Höhe! Am Eingang qualmen erloschene Holzkohlen hinter leeren Tonkrügen. Die Kerle, die aus den Zelten kriechen, sehen aus, als hätten sie fünftausenddreihundert Jahre Tiefschlaf im Eis hinter sich. Herr Schade hatte recht: archaische Urbilder des echten Mannes. Die waren bestimmt noch nie aus Liebe an einem Samstagnachmittag mit ihrer

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