Dreibettzimmer: Roman (German Edition)
meiner Brust und zu Annes Herz.
»Scht«, macht sie wieder und wieder, als wollte sie sich selbst beruhigen. Diesmal fühle ich die Reißverschlussgeste an meinem Hosenbund. Ich versuche, nicht so laut zu atmen. Wir fallen auf das Bett, ich rückwärts, sie auf mich drauf. Dann lieben wir uns so leise wie möglich. Trotzdem wacht Leonie in dieser Nacht noch dreimal auf.
Tiefpunkt Entspannung
Sonst lag ich immer mit dem Rücken zu den Frauen, mit denen ich zuvor Sex gehabt hatte. War gar nicht persönlich gemeint, aber es hat eben jeder Mensch so seine Gewohnheiten. Diesmal nicht. Wir liegen auf der Seite, ich hinter ihr, mein Arm auf ihrer Hüfte. Ich will ja nicht übertreiben, aber das war wirklich die schönste Nacht meines Lebens. Es hat sich etwas verändert zwischen uns. Wir sind uns näher, körperlich, menschlich. Ich muss Anne endlich beichten, dass es nur eine Redakteursstelle gibt. Wir werden niemals Konkurrenten sein, sondern gemeinsam eine Lösung für mein Dilemma finden. Gemeinsam. Klingt gar nicht schlecht.
Ich rolle mich auf die andere Seite, sodass wir einander zugewandt auf dem Bett liegen. Anne hat die Augen schon geöffnet. Sie sieht glücklich aus. Hinter dem Vorhang zu Leonies Kinderbett höre ich gleichmäßiges Atmen. Auch ich schlafe ja am liebsten lang.
»Anne«, beginne ich und versuche meinen Morgenatem nicht in Richtung ihrer Nase zu lenken. So kann ich ihr zwar nicht in die Augen sehen, aber sie starrt eh an die Decke. »Ich muss dir etwas sagen.«
Ein Lächeln zieht über ihren Mund. Es ist ein trauriges Lächeln, ergeben, fast schon erleichtert. Wie bei Angehörigen von lang verschollenen Verwandten, wenn ihnen die Polizei endlich die schlimmste aller Nachrichten überbringt.
»Ist schon okay«, sagt Anne leise und stiert weiter nach oben. »Ich weiß, Beziehungen machen für dich keinen Sinn«, zitiert sie. »Das Überleben der Menschheit hängt davon ab, dass wir unsere Sexualpartner wechseln.«
Das wollte ich doch gar nicht sagen. Diesmal nicht.
»Es war sehr schön«, flüstere ich.
Annes Augen schimmern mit einem Mal ein wenig glasig, das ist ja manchmal so, morgens, wenn man gegähnt hat.
»Caspar, ich heirate in zwei Wochen den Vater meiner Tochter.«
»Ja, dazu muss ich dir auch noch etwas sagen.«
Ihre Gesichtszüge verhärten sich. »Bitte fang nicht wieder damit an.«
»Das wollte ich doch gar nicht.«
Sie setzt sich im Bett auf. »Wolltest du mir erzählen, dass Leonhardt ein Lügner ist und mich nicht verdient hat? Wolltest du mich bitten, ihn nicht zu heiraten?« Ihr Ton klingt jetzt fast verzweifelt, ungläubig. »Wolltest du mir einen Heiratsantrag machen?«
Ich schüttele ehrlich den Kopf. Aber Anne hat längst die emotionale Lawine losgetreten.
»Was wolltest du dann? Mir sagen, dass die letzte Nacht ein Fehler war? Dass du so durcheinander gewesen bist nach der langen, kalten Wanderung? Dass du auch nicht weißt, was da über dich gekommen ist? Oder wolltest du irgendwas anderes sagen, was du in solchen Situationen immer zu den Frauen sagst? Du kennst dich da besser aus. Verdammt, ich habe gerade zum ersten Mal meinen Verlobten betrogen!« Man könnte die Sache auch so auslegen, dass Anne mich mit ihrem Verlobten betrogen hat, bedenkt man, dass wir zuerst Sex hatten, aber den Gedanken behalte ich besser für mich.
Leonie, die während Annes Wutausbruch schon im Halbschlaf ein bisschen gemeckert hat, fängt an, richtig zu weinen. Anne steht auf, nimmt sie auf den Arm und schmiegt sie an sich – oder sich an sie.
Jetzt kullern auch Anne die Tränen über die Wangen.
»Ich habe echt geglaubt, du könntest dich ändern, ich könnte dich ändern. Weil ich es beim letzten Mal gar nicht versucht habe.« Während sie Leonie wickelt, erzählt sie mir, dass sie gestern mit Nadine im Spa war. Den ganzen Tag über habe ihre Kollegin versucht, mich schlechtzumachen.
»Sie sagte, du bist kein Familienmensch und würdest auch nie einer werden. Du seist jemand, der Frauen belügt, auch sie. Und mich. Stimmt das?«
Sie sieht mich herausfordernd an. Jetzt oder nie – auch wenn es nicht der beste Zeitpunkt ist.
»Anne, nur einer von uns kriegt den Job.«
Anne setzt sich aufs Bett. Jede Farbe, selbst die Zornesröte, ist aus ihrem Gesicht gewichen.
»Du verarschst mich.« Sie rückt von mir ab. Ich schließe die Augen. Aber die Wahrheit bleibt. Es ist Zeit, reinen Tisch zu machen.
»Herr Schade hat mir gestern erzählt, dass er nur eine Stelle zur
Weitere Kostenlose Bücher