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Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Dreibettzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Verfügung hat – ganz gleich, ob halbtags oder nicht. Die Anwärter darauf sind Nadine, du und ich.«
    Anne sieht mich fassungslos an. »Seit wann weißt du das?«
    Ich mache eine Pause, vielleicht weil mir das alles ein bisschen viel am Stück erscheint. Aber in zwei Teilen wird die Botschaft auch nicht leichter erträglich.
    »Seit gestern. Aber schon direkt nach der Themenkonferenz vor zwei Wochen hat mir Schade erzählt, er wolle dich gar nicht wirklich einstellen. Selbst wenn du diese Halbtagsstelle kriegst – nach einem halben Jahr würde dir betriebsbedingt gekündigt werden.«
    Anne starrt mich an, als hätte ich mir gerade das Gesicht wie eine Latexmaske vom Kopf gezogen und darunter wäre eine Mischung aus Predator und Hugh Hefner zum Vorschein gekommen.
    »Das Doppelbett, das Schrankklo, der Familiencontest, das Tanzen, die Therme – die ganze Zeit über hast du gewusst, dass ich das umsonst mache? Für nichts?«
    Leonie will zu mir kommen. Ich strecke meine Hände aus, aber Anne hält ihre Tochter zurück. Sie deutet mit dem Zeigefinger auf mich und dann zur Tür. »Raus aus meinem Zimmer!«
    »Das ist auch mein Zimmer. Bitte beruhige dich.«
    Denn um ganz ehrlich zueinander zu sein, muss ich ihr noch von meinem Verriss erzählen. Doch anstatt einen Gang herunterzuschalten, stürmt sie an mir vorbei zur Tür, reißt sie auf und deutet mit der Hand nach draußen.
    Dort steht Jeannie mit einem schwitzenden, dicken Kerl, den ich hier noch nie gesehen habe. Wahrscheinlich will er sich wegen gestern Nacht beschweren. Unter seinen Arm hat er ein Kuvert geklemmt.
    »Ein Kurier für Herrn Hartmann«, stellt Jeannie vor, macht auf dem Absatz kehrt und eilt mit schnellen Schritten zu den Aufzügen. Der Mann vor uns starrt die zornige Anne an. Ich versuche, mich zur Tür durchzudrängen, denn ich ahne schon, was in dem Umschlag steckt.
    »Was?«, faucht Anne den Mann an.
    »Kuriersendung. Für Caspar Hartmann persönlich«, stammelt er.
    Mit einem Ruck reißt ihm Anne das Kuvert aus der Hand und wirft einen Blick darauf. »V. T. Labs, München? Vielleicht Post von einer deiner Verehrerinnen?«
    Der Kurier schaut verlegen zu mir. Weil ich ihn jetzt auch böse anstarre, richtet er seinen Blick auf Leonie, die vorsichtig hinter dem Sessel hervorschaut.
    »Sie hat genau Ihre Augen«, versucht er, Schönwetter zu machen, während ich das Papier auf seinem Klemmbrett unterschreibe. Als ihm klar wird, was er da gesagt hat, beißt er sich auf die Unterlippe, nimmt die Unterschrift entgegen, schlägt die Fersen zusammen wie ein Soldat und rennt davon.
    »Anne, der Brief ist für mich«, versuche ich es vorsichtig.
    Aber sie funkelt mich nur böse an. »Hast du Angst, ich würde ihn lesen? Was steht drin? Geheime Anweisungen von Schade – wie du dich verhalten sollst, nachdem du mich gevögelt hast?«
    »Bitte gib mir den Umschlag!«
    Sie reißt ihn auf und nimmt ein paar aneinandergeheftete Bögen Papier heraus. Voller Verachtung beginnt sie zu lesen, als wäre das genau der Brief, den sie erwartet hätte. Ist er aber wohl nicht. Anne erblasst. Ihr Oberkörper wankt, ihr rechtes Bein knickt etwas ein, sie muss sich gegen eine Wand lehnen. Seite für Seite blättert sie um. Ich erkenne Tabellen, Ziffern, Grafiken, Laborwerte. Ade, du schöner Traum von einem gemeinsamen Neuanfang.
    Schließlich faltet sie das Schreiben in der Mitte und versucht, es zurück in den Umschlag zu stecken. Das gelingt ihr nicht sofort, weil ihre Hände zu stark zittern. Sie atmet ein, atmet aus und hält mir Brief und Umschlag hin. Ich nehme ihr beides aus der Hand. Ihre Stimme ist ganz leise – wie die einer Rächerin, die weiß, dass sie die Moral auf ihrer Seite hat.
    »Du hast gegen meinen Willen einen Vaterschaftstest machen lassen?«
    Leonie läuft zu Anne und schmiegt sich an das Bein ihrer Mutter. Die hebt ihre Tochter hoch. Da stehen die beiden, noch immer in ihren Nachthemden, auf dem Teppichboden des Hotelflurs. Leonie streckt mir die Arme entgegen.
    »Papa Arm!«, fordert sie. Offenbar merkt sie, dass ihre Mutter gerade nicht so stabil ist.
    Anne sieht sie ernst an. »Nein, Leonie. Das hier ist nicht dein Papa. Und er wird es auch nie sein.«
    Dann rauscht sie an mir vorbei und knallt die Tür zu.
    Ich stelle mich unter das kalte Licht eines Spots im Flur und schlage den Brief des Labors auf. Die wichtigste Info finde ich ganz hinten: Mit einer Wahrscheinlichkeit von einhundert Prozent bin ich nicht Leonies Erzeuger.
    Keine

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