Dreifach
bezog sich auf zweihundert Tonnen Yellow Cake oder rohes Uranoxyd. Sie lagen in Belgien in einer Metallveredelungsanlage nahe der holländischen Grenze; das Werk hatte eine Lizenz zur Lagerung spaltbaren Materials. Die Veredelungsanlage gehörte der Société Général de la Chimie, einer internationalen Bergbaugesellschaft mit dem Hauptquartier in Brüssel. SGC hatte den Yellow Cake an einen deutschen Konzern, F. A. Pedler in Wiesbaden, verkauft. Pedler plante, es zur »Herstellung von Uranverbindungen, besonders Urankarbid, in kommerziellen Mengen« zu benutzen. Dickstein erinnerte sich, daß das Karbid ein Katalysator für die Produktion synthetischen Ammoniaks war.
Es schien jedoch, daß Pedler das Uran nicht selbst, jedenfalls nicht am Anfang, bearbeiten würde. Dicksteins Interesse erhöhte sich, als er las, daß der Konzern nicht um eine Lizenz für seine eigenen Werke in Wiesbaden, sondern statt dessen um die Erlaubnis nachgesucht hatte, den Yellow Cake zu Wasser nach Genua zu befördern. Dort sollte eine Firma namens Angeluzzi e Bianco ihn »nicht-nuklear aufbereiten«.
Zu Wasser! Die Schlußfolgerung wurde Dickstein sofort deutlich: Jemand anders würde die Ladung aus einem europäischen Hafen ausschiffen.
Er las weiter. Von der Veredelungsanlage der SGC würde das Material mit der Eisenbahn zu den Docks von Antwerpen gebracht werden. Dort würde man den Yellow Cake zur Beförderung nach Genua auf das Motorschiff Coparelli verladen. Für den kurzen Transport von demitalienischen Hafen bis zur Fabrik von Angeluzzi e Bianco würde man Lastwagen einsetzen.
Der Yellow Cake – der wie Sand aussieht, allerdings von intensiverem Gelb ist – sollte für die Reise in fünfhundertsechzig 200-Liter-Öltonnen mit versiegelten Dekkeln verpackt werden. Die Bahn würde elf Waggons benötigen, das Schiff wurde für diese Fahrt keine andere Fracht laden, und die Italiener würden die letzte Etappe mit sechs Lastwagen zurücklegen.
Es war die Seereise, die Dickstein in Erregung versetzte: durch den Ärmel-Kanal, über den Golf von Biskaya, an der Atlantikküste von Spanien entlang, durch die Straße von Gibraltar und über eintausend Meilen des Mittelmeers hinweg.
Bei einer solchen Entfernung konnte eine Menge schiefgehen.
Reisen über Land waren unkompliziert und leicht zu kontrollieren: Ein Zug fuhr heute vormittag ab und kam am nächsten Morgen um 8.30 Uhr an; ein Lastwagen befuhr Straßen, auf denen immer auch andere Fahrzeuge, darunter Polizeiautos, unterwegs waren. Ein Flugzeug hatte ständig Kontakt mit Bodenstationen. Aber das Meer war undurchschaubar, besaß seine eigenen Gesetze – eine Reise konnte zehn oder zwanzig Tage dauern, man mußte mit Stürmen, Kollisionen, Maschinenschäden, ungeplanten Anlaufhäfen und plötzlichen Richtungsänderungen rechnen. Wenn man ein Flugzeug entführte, erfuhr es die ganze Welt eine Stunde später durch das Fernsehen; von einem gekaperten Schiff würde die Öffentlichkeit tage- oder wochenlang, vielleicht auch nie erfahren.
Das Meer war der geschaffene Aktionsraum für den »Piraten«!
Dickstein überlegte mit wachsender Begeisterung und dem Gefühl, daß die Lösung seines Problems greifbar nahe war. Die Coparelli mußte entführt werden ... Und dann? Dann konnte man die Fracht auf das Piratenschiff umladen.Die Coparelli hatte wahrscheinlich ihre eigenen Ladebäume. Aber ein solches Manöver konnte auf See riskant sein. Dickstein suchte auf dem Computerausdruck nach dem geplanten Reisedatum: November. Das war schlecht. Es könnte Stürme geben – diese Möglichkeit bestand im November sogar auf dem Mittelmeer. Also? Sollte man die Coparelli kapern und mit ihr nach Haifa fahren? Es würde schwer gehen, mit einem gestohlenen Schiff unbemerkt anzulegen – sogar in Israel mit seiner starken Abschirmung.
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war nach Mitternacht. Dickstein begann, sich zu entkleiden. Er mußte mehr über die Coparelli erfahren: ihre Tonnage, wie viele Besatzungsmitglieder sie hatte, wo sie sich gegenwärtig aufhielt, wem sie gehörte und, wenn möglich, ihren Grundriß. Morgen würde er nach London reisen. Bei Lloyd’s in London konnte man jede Information über fast jedes Schiff bekommen.
Es gab noch etwas, was er wissen mußte: Wer verfolgte ihn in Europa? In Frankreich war es eine große Gruppe gewesen. Heute abend, als er den Nachtklub in der Rue Dicks verlassen hatte, war ein brutales Gesicht hinter ihm aufgetaucht. Er hatte den
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