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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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leisten und ließen ihre alten Jahr um Jahr von neuem flicken. Wir waren nie reich, aber wir hatten ein bißchen mehr Geld als die meisten Menschen in unserer Umgebung. Natürlich übte die Familie einigen Druck auf meinen Vater aus, damit er das Geschäft vergrößere, einen zweiten Laden aufmache, Leute einstelle.«
    Suza reichte ihm seinen Kaffee. »Milch, Zucker?«
    »Zucker, keine Milch. Danke.«
    »Erzählen Sie weiter.« Es war eine andere Welt – eine, von der sie nichts wußte. Sie war nie auf den Gedanken gekommen, daß es einem Schuhmacher in einer wirtschaftlichen Depression gutgehen könnte.
    »Die Lederhändler hielten meinen Vater für einen unangenehmen Burschen. Sie konnten ihm immer nur das Beste verkaufen. Wenn einer zweitklassiges Leder hatte, sagte man ihm: ›Biete es Dickstein gar nicht erst an, er schickt es sofort zurück.‹ Das habe ich jedenfalls gehört.« Er lächelte wieder versonnen.
    »Lebt er noch?«
    »Er starb vor dem Krieg. Grämte sich zu Tode.«
    »Warum?«
    »Nun, die dreißiger Jahre waren die faschistischen Jahre in London. Jeden Abend wurden Freiluftveranstaltungen abgehalten. Die Sprecher redeten davon, daß die Juden den arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt das Blut aussaugten. Die Organisatoren und Sprecher waren respektable Leute aus der Mittelklasse, aber die Menge bestand aus arbeitslosen Rowdys. Nach den Veranstaltungen marschierten sie durch die Straßen, warfen Scheiben ein und schlugen Passanten zusammen. Unser Haus war die ideale Zielscheibe für sie. Wir waren Juden, mein Vater hatte ein Geschäft und war deshalb ein Blutsauger.Und genau wie ihre Propaganda behauptete, ging es uns etwas besser als den anderen in unserer Umgebung.«
    Er unterbrach sich und starrte vor sich hin. Suza wartete darauf, daß er fortfuhr. Während er die Geschichte erzählte, schien er sich zusammenzukauern – er hatte die Beine fest gekreuzt, die Arme um die Schultern gelegt und den Rücken hochgezogen. Auf dem Küchenhokker, mit seinem schlechtsitzenden Anzug, dessen grauer Stoff für einen Büroangestellten getaugt hätte, mit seinen in alle Richtungen zeigenden Ellbogen, Knien und Schultern erinnerte er an ein Bündel Stöcke in einem Sack.
    »Wir wohnten über dem Laden. Jede Nacht lag ich wach und wartete darauf, daß sie vorbeikämen. Ich war außer mir vor Angst, hauptsächlich weil ich wußte, daß mein Vater so eingeschüchtert war. Manchmal taten sie nichts, sondern marschierten nur vorbei. Gewöhnlich brüllten sie irgendwelche Parolen. Oft, sehr oft schmissen sie die Fenster ein. Ein- bis zweimal brachen sie in den Laden ein und zertrümmerten alles. Ich dachte, daß sie die Treppe heraufkommen würden. Weinend schob ich den Kopf unter das Kissen und verfluchte Gott, weil er mich zu einem Juden gemacht hatte.«
    »Unternahm die Polizei nie etwas?«
    »Sie tat, was sie konnte. Wenn sie in der Nähe war, schritt sie ein. Aber sie war damals sehr beschäftigt. Die Kommunisten waren die einzigen, die sich mit uns zur Wehr setzen wollten, aber mein Vater verzichtete auf ihre Hilfe. Alle politischen Parteien waren natürlich gegen die Faschisten, aber nur die Roten gaben Axtstiele und Stemmeisen aus und bauten Barrikaden. Ich versuchte, in die Kommunistische Partei einzutreten, doch sie lehnten mich ab – als zu jung.«
    »Und Ihr Vater?«
    »Er verlor einfach den Mut. Nachdem der Laden zum zweitenmal ruiniert war, hatte er kein Geld mehr, um ihnneu einrichten zu lassen. Es schien, daß ihm die Energie fehlte, um woanders wieder von vorn anzufangen. Er bezog Arbeitslosenunterstützung und siechte nur noch dahin. 1938 starb er.«
    »Und Sie?«
    »Ich wurde rasch erwachsen. Sobald ich alt genug aussah, schloß ich mich der Armee an. Wurde früh gefangengenommen, kam nach dem Krieg nach Oxford, ließ das Studium sausen und ging nach Israel.«
    »Haben Sie dort eine Familie?«
    »Der ganze Kibbuz ist meine Familie ... aber ich habe nie geheiratet.«
    »Meiner Mutter wegen?«
    »Vielleicht – mit ein Grund. Sie sind sehr direkt.«
    Suza spürte wieder ein schwaches Brennen unter den Ohren. Es war eine sehr intime Frage an jemanden gewesen, der praktisch ein Fremder war. Doch sie hatte sich ganz natürlich ergeben. »Entschuldigen Sie.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich spreche nur selten über diese Dinge. Eigentlich ist diese ganze Reise – wie soll ich sagen? – von der Vergangenheit überschattet.«
    »Das klingt nach Schwermut.«
    Dickstein zuckte die

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