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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Achseln.
    Sie schwiegen. Ich mag diesen Mann, dachte Suza. Mir gefallen seine Worte und sein Schweigen, seine großen Augen, sein alter Anzug und seine Erinnerungen. Ich hoffe, daß er eine Weile bleibt.
    Sie nahm die gebrauchten Kaffeetassen und öffnete die Geschirrspülmaschine. Ein Löffel rutschte von einer Untertasse und fiel unter die große alte Tiefkühltruhe. »Verdammt«, sagte Suza ärgerlich.
    Dickstein kniete sich hin und spähte unter die Truhe.
    »Jetzt bleibt er für immer da unten. Das Ding ist so schwer, daß man es nicht bewegen kann.«
    Dickstein hob ein Ende der Tiefkühltruhe mit der rechtenHand an und griff mit der linken darunter. Er ließ die Truhe herunter, stand auf und reichte Suza den Löffel. Sie musterte ihn verblüfft. »Was sind Sie – Captain America? Das Ding ist verdammt schwer.«
    »Ich arbeite auf den Feldern. Wieso kennen Sie Captain America? In meiner Jugend waren alle wild auf ihn.«
    »Jetzt auch noch. Die Bilder in diesen Comics sind phantastisch.«
    »Wir mußten sie heimlich lesen, weil sie angeblich Schund waren.«
    Sie lächelte. »Arbeiten Sie wirklich auf den Feldern?« Er sah aus wie ein Angestellter, nicht wie ein Landarbeiter.
    »Natürlich.«
    »Ein Weinverkäufer, der sich in den Weingärten tatsächlich die Finger schmutzig macht. Das ist ungewöhnlich.«
    »Nicht in Israel. Wir sind ein wenig ... besessen, nehme ich an ... was den Boden betrifft.«
    Suza blickte auf ihre Armbanduhr. »Daddy müßte jeden Moment zu Hause sein. Sie werden doch mit uns essen?«
    »Das wäre wunderbar.«
    Sie schnitt ein französisches Brot in Scheiben und begann, Salat anzurichten. Dickstein erbot sich, das Gemüse zu waschen, und sie gab ihm eine Schürze. Nach einer Weile ertappte sie ihn dabei, daß er sie wieder lächelnd beobachtete. »Woran denken Sie?«
    »Mir fiel etwas ein, was Ihnen peinlich sein könnte.«
    »Sagen Sie mir’s trotzdem.«
    »Eines Abends kam ich gegen sechs hierher. Ihre Mutter war nicht da. Ich wollte mir ein Buch von ihrem Vater borgen. Sie saßen in der Badewanne. Ihr Vater wurde aus Frankreich angerufen – ich weiß nicht mehr, weshalb. Während er telefonierte, fingen Sie an zu weinen. Ich ging nach oben, holte Sie aus der Wanne, trocknete Sie ab undzog Ihnen Ihr Nachthemd an. Sie müssen vier oder fünf Jahre alt gewesen sein.«
    Suza lachte. In einer plötzlichen Vision sah sie Dickstein in einem dampfigen Badezimmer, wie er sich bückte und sie mühelos aus dem warmen, mit Seifenschaum bedeckten Wasser hob. Aber in der Vision war sie kein Kind, sondern eine erwachsene Frau mit nassen Brüsten und Seifenschaum auf den Schenkein; seine Hände waren stark und fest, während er sie an sich zog. Dann öffnete sich die Küchentür, und ihr Vater kam herein. Der Traum löste sich auf und hinterließ nur ein Gefühl der Verwirrung und eine Spur von Schuldbewußtsein.

    *

    Nat Dickstein schien, daß Professor Ashford sich gut gehalten hatte. Abgesehen von einem Mönchskranz weißer Haare, war er jetzt vollkommen kahlköpfig. Er hatte ein wenig zugenommen, und seine Bewegungen waren bedächtiger, aber in seinen Augen glänzte immer noch der Funken intellektueller Neugier.
    »Ein überraschender Gast, Daddy«, sagte Suza.
    Ashford sah ihn an und begrüßte ihn, ohne zu zögern: »Der junge Dickstein! Ha, so was! Willkommen, mein Lieber.«
    Dickstein schüttelte ihm kräftig die Hand. »Wie geht es Ihnen, Herr Professor?«
    »Prächtig, mein Junge. Besonders wenn meine Tochter hier ist und sich um mich kümmert. Sie erinnern sich noch an Suza?«
    »Wir haben den ganzen Morgen in Erinnerungen geschwelgt.«
    »Wie ich sehe, hat Sie Ihnen schon eine Schürze umgebunden. Das ist ein Schnellschuß, sogar für sie. Ich habe ihr schon oft gesagt, daß sie so nie einen Mann kriegt.Binden Sie das Ding ab, mein Junge, und lassen Sie uns etwas trinken.«
    Dickstein grinste Suza bedauernd zu und folgte Ashford in den Salon.
    »Sherry?«
    »Danke, einen kleinen, bitte.«
    Dickstein fiel plötzlich ein, daß er aus einem bestimmten Grund hier war. Er mußte Informationen aus Ashford herausholen, ohne daß der alte Mann etwas merkte. Zwei Stunden lang war er sozusagen außer Dienst gewesen, nun mußte er sich wieder auf seine Arbeit konzentrieren. Aber Vorsicht war geboten.
    Ashford reichte ihm ein kleines Glas hellen Sherry. »Nun lassen Sie hören, was Sie in all den Jahren getrieben haben.«
    Dickstein nippte an dem Sherry, der sehr trocken war, so wie man ihn in

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