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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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allgemeines Verhalten zu stellen, um zu sehen, ob es dem Muster geheimer Arbeit entspricht. – Bekommen Sie zum Beispiel rätselhafte Anrufe, müssen Sie oft plötzlich verreisen, haben Sie Freunde, die Sie niemandem vorstellen ... Gibt es also in Oxford jemanden, mit dem Sie noch Kontakt pflegen?«
    »Mit keinem der Studenten.« Hassan schien sich zu verteidigen, und Rostow wußte, daß er gleich am Ziel war. »Ich habe noch ab und zu Kontakt mit einigen Fakultätsmitgliedern, besonders mit Professor Ashford. Er hat mich ein- oder zweimal mit Leuten zusammengebracht, die bereit waren, Geld für unsere Sache zu spenden.«
    »Dickstein kannte Ashford, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Natürlich. Ashford hatte den Lehrstuhl für Semitische Sprachen. Dickstein und ich studierten dieses Fach.«
    »Na also. Dickstein braucht nur Ashford zu besuchen und Ihren Namen am Rande zu erwähnen. Ashford würde ihm erzählen, was Sie tun und wie Sie sich verhalten. Daraus könnte Dickstein schließen, daß sie ein Agent sind.«
    »Das wäre reine Glücksache«, sagte Hassan zweifelnd.
    »Überhaupt nicht«, widersprach Rostow unbekümmert, obwohl Hassan recht hatte. »Es ist die normale Taktik. Ich habe sie selbst manchmal benutzt. Sie funktioniert.«
    »Und wenn er Kontakt mit Ashford aufgenommen hat ...«
    »Haben wir eine Chance, seine Spur wiederzufinden. Deshalb möchte ich, daß Sie nach Oxford reisen.«
    »Oh!« Hassan hatte nicht gemerkt, worauf die Unterhaltung hinauslief, und jetzt saß er in der Falle. »Dickstein hat ihn vielleicht nur angerufen ...«
    »Vielleicht, aber es ist leichter, solche Nachforschungen persönlich anzustellen. Dann kann man behaupten, daß man zufällig gerade in der Stadt ist und über die alten Zeiten reden will ... Bei einem Ferngespräch ist es schwerer, keinen Verdacht zu erwecken. Aus dem gleichen Grund müssen Sie den Professor besuchen. Ein Anruf genügt nicht.«
    »Sie haben wahrscheinlich recht«, gab Hassan widerwillig zu. »Ich hatte geplant, Kairo Meldung zu machen, sobald wir den Computerausdruck gelesen haben ...«
    Genau das hatte Rostow vermeiden wollen. »Gute Idee. Aber Ihr Bericht wird viel besser aussehen, wenn Sie gleichzeitig melden können, daß Sie Dickstein wieder auf der Spur sind.«
    Hassan starrte versonnen in die Ferne. »Lassen Sie uns umkehren«, schlug er jäh vor. »Wir sind weit genug marschiert.«
    Es war Zeit, sich kameradschaftlich zu zeigen. Rostow legte Hassan einen Arm um die Schultern. »Ihr Europäer seid verweichlicht.«
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, daß das KGB in Moskau ein schweres Leben hat.«
    »Wollen Sie einen russischen Witz hören?« fragte Rostow, während sie vom Tal zur Straße hinaufstiegen. »Breschnew prahlt vor seiner alten Mutter, wie weit er es gebracht hat. Er zeigt ihr seine Wohnung – riesig, mit westlichen Möbeln, Geschirrspülmaschine, Gefriertruhe, Dienern, nichts fehlt. Sie sagt kein Wort. Er bringt sie zu seiner Datscha am Schwarzen Meer, einer großen Villa mit einem Swimmingpool, einem privaten Strand und noch mehr Dienern. Seine Mutter ist immer noch nicht beeindruckt. Er fährt mit ihr in seiner westlichen Limousine zu seinem Jagdhäuschen und zeigt ihr das schöne Gelände, die Gewehre, die Hunde. Schließlich will er wissen: ›Mutter, wieso sagst du nichts? Bist du nicht stolz?‹ Sie antwortet: ›Es ist wunderbar, Leonid, aber was tust du, wenn die Kommunisten zurückkommen?‹«
    Rostow brüllte vor Lachen über seinen eigenen Witz, doch Hassan lächelte nur.
    »Sie finden die Geschichte nicht lustig?«
    »Nicht sehr«, erwiderte Hassan. »Sie lachen nur aus Schuldbewußtsein darüber. Ich fühle mich nicht schuldig, deshalb ist es für mich nicht lustig.«
    Rostow zuckte die Achseln und dachte: Vielen Dank, Yasif Hassan, du islamischer Sigmund Freud. Sie erreichten die Straße, blieben eine Weile stehen und sahen denvorbeirasenden Autos zu, während Hassan noch leicht nach Atem rang.
    »Oh, da gibt es etwas, was ich Sie schon immer fragen wollte. Haben Sie wirklich mit Ashfords Frau geschlafen?«
    »Nur vier- oder fünfmal die Woche«, sagte Hassan und lachte laut.
    »Und wer fühlt sich jetzt schuldig?« fragte Rostow.

    *

    Dickstein war zu früh am Bahnhof, und da der Zug Verspätung hatte, mußte er eine ganze Stunde lang warten. Es war das erste Mal in seinem Leben, daß er Newsweek von vorn bis hinten gelesen hatte. Sie kam fast durch die Sperre gerannt und lächelte über das ganze Gesicht. Genau

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