Dreifach
den Auftrag dann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu entziehen. Dickstein würde wütend sein und sich hintergangen fühlen.
Zur Hölle auch mit ihm.
*
Major Pjotr Alexejewitsch Tyrin mochte Rostow im Grunde nicht. Er mochte keinen seiner Vorgesetzten; seiner Ansicht nach mußte man ein Gauner sein, um im KGB über den Rang eines Majors hinaus befördert zu werden. Trotzdem empfand er eine Art ehrfurchtsvolle Zuneigung zu seinem ausgekochten, erfinderischen Chef. Tyrin besaß erhebliche Fähigkeiten, besonders auf elektronischem Gebiet, aber er verstand nicht, Menschen zu manipulieren.Er hatte es nur deshalb zum Major gebracht, weil er zu Rostows unglaublich erfolgreichem Team gehörte.
Abba Allon. In der High Street. Zweiundfünfzig oder Neun? Wo sind Sie, Zweiundfünfzig?
Zweiundfünfzig. Sind in der Nähe? Wir übernehmen ihn. Wie sieht er aus?
Regenmantel aus Plastik, grüner Hut, Schnurrbart.
Als Freund taugte Rostow nicht viel, als Feind war er zu fürchten. Dieser Oberst Petrow in London hatte das am eigenen Leib verspürt. Er hatte versucht, Rostow hinzuhalten, und war mitten in der Nacht durch einen Anruf von Jurij Andropow, dem KGB-Chef persönlich, überrascht worden. Die Leute in der Londoner Botschaft sagten, Petrow habe nach dem Gespräch einem Gespenst geglichen. Seitdem bekam Rostow alles, was er wollte: Wenn er nieste, eilten fünf Agenten hinaus, um Taschentücher zu kaufen.
Wir haben Ruth Davisson. Sie geht ... nach Norden ... Neunzehn, wir können sie übernehmen –
Ruhig, Neunzehn. Fehlalarm. Es ist eine Sekretörin, die ihr ähnlich sieht.
Rostow hatte alle von Petrows Pflasterkünstlern und die meisten seiner Autos requiriert. Das Gelände um die israelische Botschaft in London wimmelte von Agenten – jemand hatte gesagt: »Hier gibt’s mehr Rote als in der Kreml-Klinik« –, aber sie waren schwer auszumachen. Sie saßen in Pkws, Lieferwagen, kleinen Taxis, Lastwagen und einem Fahrzeug, das bemerkenswert an einen nicht gekennzeichneten Bus der Stadtpolizei erinnerte. Andere waren zu Fuß unterwegs: Sie hielten sich in öffentlichen Gebäuden auf oder gingen auf den Straßen und den Parkwegen spazieren. Einer war sogar innerhalb der Botschaft und fragte in schauderhaft gebrochenem Englisch, was er tun müßte, um nach Israel emigrieren zu können.
Die Botschaft war für eine solche Übung vorzüglichgeeignet. Sie lag in einem kleinen Diplomatenghetto am Rande von Kensington Gardens. So viele der schmucken Häuser gehörten ausländischen Vertretungen, daß man sie als Embassy Row bezeichnete. Auch die sowjetische Botschaft war nicht weit entfernt in den Kensington Palace Gardens. Das kleine Viertel war Privatbesitz, und man mußte einem Polizisten sein Anliegen erklären, bevor man es betreten durfte.
Neunzehn, diesmal ist es wirklich Ruth Davisson ... Neunzehn, hören Sie mich?
Hier Neunzehn, ja.
Sind Sie immer noch an der Nordseite?
Ja. Und wir wissen, wie sie aussieht.
Keiner der Agenten war in Sichtweite der israelischen Botschaft. Nur eines der Mitglieder des Teams konnte die Tür erkennen: Rostow, der vom zwanzigsten Stockwerk eines Hotels aus, eine halbe Meile entfernt, durch ein leistungsfähiges, auf einen Dreifuß montiertes Zeiss-Teleskop schaute. Mehrere Hochhäuser im Westen von London bieten eine gute Aussicht über den Park zur Embassy Row. Tatsächlich waren gewisse Suiten in gewissen Hotels hier nur für außergewöhnlich hohe Preise zu mieten, weil Gerüchte umgingen, daß man von ihnen aus in Prinzessin Margarets Hinterhof im Nachbarpalast sehen konnte, von dem Palace Green und Kensington Palace Gardens ihren Namen bekommen hatten. Rostow hielt sich in einer dieser Suiten auf; er hatte außer dem Teleskop auch ein Funksprechgerät bei sich. Jede seiner Gruppen auf dem Bürgersteig war mit einem Walkie-talkie ausgerüstet. Petrow sprach mit seinen Männern in schnellem Russisch, benutzte verwirrende Codewörter, und die Wellenlänge, auf der gesendet und empfangen wurde, wurde alle fünf Minuten mit Hilfe eines Computerprogramms geändert, das in die Geräte eingebaut war. Das System funktionierte sehr gut, und Tyrin, der es erfunden hatte, war damit zufrieden; allerdings mußte jeder, der eingeschaltetwar, irgendwann fünf Minuten von BBC Radio One über sich ergehen lassen.
Acht, hinauf zur Nordseite.
Verstanden.
Wenn die Israelis ihre Botschaft in Belgravia, dem Sitz der bedeutenderen Botschaften, gehabt hätten, hätte Rostow größere
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