Dreikönigsmord (German Edition)
mit Schneebällen geworfen und sind auf dem vereisten Bach geschlittert …«, sprudelte es aus ihnen heraus.
»Jetzt zieht erst einmal eure Sachen aus«, unterbrach die Töpferin sie energisch, aber liebevoll. »Der Schnee auf euren Jacken schmilzt ja schon. Ihr macht mir noch den ganzen Boden nass.«
»Na, mich habt ihr auch mit einem eurer Bälle getroffen«, bemerkte Lutz Jäger und grinste die beiden freundlich an.
»Ja, das haben wir.« Das blonde Mädchen nickte eifrig. Während sie und ihr Bruder weiter von der aufregenden Schlacht schwatzten, warfen sie ihre dicken Jacken aus grober brauner Wolle, die Handschuhe und Mützen über einen Schemel, der neben der Feuerstelle stand. Aus einer der Jackentaschen kullerte etwas heraus. Es wirkte wie ein hölzernes Spielzeug. Rasch hob Jo es auf. Tatsächlich, es war ein kleines geschnitztes Pferd, und seine Proportionen waren ebenso rührend unbeholfen wie die des Hasen, den ihnen die Äbtissin gezeigt hatte.
»Hat euch Anselm das Pferdchen geschnitzt?«, fragte Jo.
»Das ist meins.« Der Junge nahm ihr das Spielzeug hastig aus der Hand und ließ es über den strohbedeckten Boden reiten.
»Ich habe auch eins von ihm bekommen.« Das Mädchen holte ein zweites Pferdchen aus der Tasche ihres Kittels.
»Er war sicher euer Freund?« Jo tauschte einen schnellen Blick mit ihrem Kollegen.
»Ja, das war er.« Das Mädchen nickte ernst.
»Dann hat er euch bestimmt erzählt, wohin er ging, wenn er nicht für eure Mutter arbeitete«, warf Lutz beiläufig ein.
»Er ging zum Kloster Waldungen«, sagte das Mädchen.
Die Töpferin begriff, worauf Lutz Jäger hinauswollte. »Jetzt seid still, ihr beiden!«, versuchte sie hastig, ihre Kinder vom Reden abzuhalten. Doch der Junge krähte schon: »Und Anselm ging auch zu den Zigeunern.«
»Still, habe ich gesagt!« Die Töpferin fasste die beiden Kinder an den Schultern und schob sie zu dem groben Holztisch. »Setzt euch, dann werde ich euch etwas zu essen bringen. Und Ihr …«, zornig wandte sie sich Lutz zu, »… geht jetzt gefälligst und behelligt mich und meine Kinder nicht länger. Wobei ich ohnehin nicht glaube, dass Anselm Euch Geld schuldet. Er ist keiner, der sich in den Kneipen herumtreibt und seine Zeche nicht bezahlt …«
»Auch wenn ich Eure Grobheit nicht verdiene, meine Teure, wünsche ich Euch und Euren Kindern trotzdem noch einen schönen Tag.« Gespielt gekränkt verbeugte sich Lutz Jäger vor der aufgebrachten Frau.
»Dieser Nichtsnutz …« Brummelnd sah die Töpferin ihm hinterher.
Wieder musste Jo sich das Lachen verbeißen. »Dann hattet Ihr mit dem Wirt schon öfter zu tun?«, fragte sie.
»Ja natürlich, das meiste Geschirr in seinem Wirtshaus stammt von mir. Und fast immer muss ich meinem Geld hinterherlaufen. Dabei kann ich ihm trotzdem nie lange böse sein.«
»Beim nächsten Mal solltet Ihr auf einer Vorauszahlung bestehen«, meinte Jo trocken. »Ich hätte jedenfalls gerne zwei von den blauen und eine größere von den braun-grün glasierten Schalen.« Sie fragte nach dem Namen der Töpferin – sie hieß Gwendolin – und sagte ihr, dass sie am nächsten Tag einen Knecht vorbeischicken würde, der das Geschirr bezahlen und abholen würde. Dann verabschiedete sie sich eilig.
Lutz Jäger wartete in einigen Metern Sicherheitsabstand von dem Schlitten und beäugte das Pferd, das mit den Hufen im Schnee scharrte, misstrauisch. Als er Jo sah, verneigte er sich und sagte: »Geschätzte Weberswitwe, wärt Ihr wohl so freundlich, einem müden Wirt einen Christendienst zu erweisen und ihn mit in die Stadt zu nehmen? Schließlich haben wir ja mehr oder weniger denselben Weg.«
Jo blickte sich rasch um. Vor einer der ärmlichen Behausungen schaufelte ein älterer Mann einen Weg durch den Schnee – er war völlig in seine Tätigkeit versunken. Und auf dem zugefrorenen Bach schlitterte ein magerer blonder Junge selbstvergessen vor sich hin. Etwas an dem Kind kam ihr bekannt vor, doch sie vergaß dies gleich wieder.
»Meinetwegen könnt Ihr mit mir fahren.«
»Gott wird Euch für Eure Güte belohnen«, erklärte Lutz Jäger salbungsvoll, während er neben sie auf den Sitz kletterte.
»Jetzt hören Sie schon auf, so einen Unsinn zu reden«, zischte Jo ihm zu.
»Tja, es war wirklich nicht nett von Ihnen, mir bei der Töpferin derart in den Rücken zu fallen«, raunte Lutz Jäger, während sie den Braunen losschreiten und vorsichtig wenden ließ.
»Ich habe mich nur auf die Seite einer hart
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