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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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häufig in Anspruch nehmen können – und nicht nur alle paar Wochen. Ja, vielleicht könnten Albrecht und er ihr sogar ein kleines Haus mieten. Dann wäre sie nur für sie beide da …
    Nein, Albrecht und er mussten einen Weg finden, Josepha auszuschalten und an ihr Erbe zu gelangen. Sie mussten geduldig sein und auf ihre Gelegenheit warten. Jedenfalls würde es sicher nicht schaden, in den nächsten Tagen den Hauptkirchen der Stadt eine größere Spende zukommen zu lassen. So würden sie Gott ihren Plänen gewogen machen.
    Jo hielt den Holzlöffel mit beiden Händen umklammert. Nur unter Aufbietung all ihrer Kraft konnte sie ihn durch den Pfefferkuchenteig in der waschkorbgroßen Tonschüssel bewegen. Die braune Masse roch nicht einmal schlecht – nach Anis, Kardamom, Muskat und Nelken –, aber sie war zäh wie dickflüssiger Kleister.
    Nach der Abendmahlzeit hatte Katrein ihr eröffnet, als Hausherrin müsse sie wie jedes Jahr den ersten Pfefferkuchenteig zubereiten. Na ja, die Zutaten hatte Gott sei Dank die Köchin abgewogen und bereitgestellt – Jo hätte nicht einmal ein Rezept für Butterplätzchen zustande gebracht –, aber den Teig zu rühren, das war ihre Aufgabe. Alle weiblichen Bediensteten hatten sich dazu in der Küche versammelt und sahen ihr interessiert dabei zu, wie sie sich abmühte.
    Während Jo weiter mit dem Löffel gegen den Teig kämpfte, wanderten ihre Gedanken zu den Geschehnissen des Nachmittags. Hatte sie es sich nicht vielleicht doch nur eingebildet, dass der Bischof sie küssen wollte? Möglicherweise war sie ja von dem Anfall so mitgenommen gewesen, dass sie alles, was zwischen ihnen vorgefallen war, falsch interpretiert hatte. Aber andererseits … Nach Katreins strengen Maßstäben war es an sich schon unmoralisch, dass sich Leonard – ein Geistlicher, und noch dazu ein Bischof!! – allein mit ihr in einem Raum – der außerdem sein Schlafzimmer war!!! – aufgehalten hatte. War ihr Mittelalter-Ich etwa tatsächlich seine Geliebte gewesen?
    Allein diese Überlegungen hätten schon ausgereicht, um sie völlig in Verwirrung zu stürzen. Aber dann war Lutz kurz vor dem Abendessen auch noch an der Hintertür aufgetaucht und hatte ihr mitgeteilt, dass Mattis, der Steinmetz, ein möglicher Mordverdächtiger war. Meine Ahnin , dachte Jo düster, scheint sich auch immer in die falschen Männer zu verlieben. Sie selbst hatte ja bei Männern schon manchen Fehlgriff getan. Aber mit einem Mordverdächtigen war sie bisher noch nicht liiert gewesen.
    »So, Herrin, das reicht.« Die Köchin nahm ihr den Löffel aus den Händen. »In den nächsten Tagen werden wir dann die Gänse für das Weihnachtsessen schlachten und rupfen.«
    Der Gedanke, ob Mattis tatsächlich Frowins Mörder war, beschäftigte Jo auch am nächsten Nachmittag auf ihrem Weg zur Werkstatt des Steinmetzmeisters. Sie hatte Mattis wirklich sehr sympathisch gefunden, und wie ein Mörder hatte er auch nicht auf sie gewirkt. Aber andererseits hatte sie es oft genug erlebt, dass Mörder durchaus nette Menschen sein konnten. Was für ein Motiv könnte er wohl gehabt haben, den Jungen zu töten? Schwul war er ja kaum – wenn er tatsächlich auf sie stand. Oder hatte sie sich auch das nur eingebildet? Jo seufzte. Nicht nur, dass sie ihren Instinkten nicht mehr trauen konnte. Auch ihre Eindrücke schienen sie mehr und mehr zu trügen.
    »Josepha Weber, Ihr seid also tatsächlich von Eurer Krankheit genesen. Auch wenn ich dies nicht unbedingt Gottes Hilfe zuschreiben würde.« Eine heisere, unfreundliche Stimme schreckte sie aus ihrem Brüten.
    Jo blinzelte verdutzt. Vor ihr, mitten auf der belebten Straße, stand ein hagerer, in eine weite Kutte gehüllter Mönch. Sie benötigte einige Momente, bis sie Pater Lutger erkannte. »Oh, Ihr …«, sagte sie gedehnt. Was wollte dieser Kerl von ihr?
    Wieder musterte er sie mit seinem stechenden Blick. »Ich sehe Eure Seele im Höllenfeuer schmoren«, verkündete er so laut, dass einige Menschen auf der Gasse stehen blieben und sich nach ihnen umdrehten. »Ihr habt nur noch eine Möglichkeit, der ewigen Verdammnis zu entkommen: indem Ihr umkehrt und öffentlich Abbitte für Eure Sünden leistet.«
    »Wie bitte?«
    »Ich erwarte Euch am kommenden Sonntag bei der Messe in der Marienkirche. Auf den Stufen des Altarraums kniend, werdet Ihr Buße tun.«
    »Ich denke ja gar nicht daran …«
    Mit seinem knochigen Zeigefinger deutete Pater Lutger anklagend auf Jo, während er um Zustimmung

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