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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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das Schloss nicht sehen, wenn du ständig so wackelst.« Sie hatten Jos Anwesen durch den Garten verlassen. Auf dem Weg zur Grünen Traube , wo er seine Dietriche geholt hatte, und dann zur Christ-König-Kirche hatte Jo immer wieder das unbezähmbare Bedürfnis überfallen, haltlos vor sich hinzukichern. Es war ihr vorgekommen, als schwebte sie über den Boden, und jede einzelne Schneeflocke war ihr wie ein Wunder an Schönheit erschienen.
    »Ich halte die Lampe still. Die Kirchentür bewegt sich«, widersprach Jo, während sie sich breitbeinig postierte, die Arme ausstreckte und die Klinke fest mit den Augen fixierte. Tatsächlich, die Bewegung hörte auf.
    Lutz knurrte etwas Unverständliches, während er weiter den Dietrich vorsichtig im Schloss bewegte. Nach ein paar Drehungen sprang die Tür auf.
    Ein Schwall Weihrauch schlug Jo entgegen und brannte in ihren Lungen. He, hatten sich etwa die Gottesdienstbesucher daran bekifft …? Wieder musste sie kichern. Im Altarraum blinkte ein rötliches Licht. Eine Warnleute in einer mittelalterlichen Kirche? Sie blinzelte. Nein, es war nur die brennende Kerze über dem Tabernakel.
    »Jetzt komm schon!« Lutz fasste sie am Arm und zog sie mit sich. Die Steinfliesen fühlten sich weich wie ein Teppichboden an. Der Lichtstrahl aus ihrer Lampe strich über einige Säulen und dann über das Jesuskind, das pausbäckig in seiner Krippe lag. Die Lippen des Säuglings bewegten sich.
    »Sieh doch, das Christkind lächelt uns zu!« Jo hielt Lutz fest und deutete auf die Krippe.
    Er seufzte. »Du bist wirklich total stoned, was?«
    »Bin ich nicht.«
    »Hast du eigentlich jemals in deinem Leben, vor heute Nacht, einen Joint geraucht?«
    Jo runzelte die Stirn. »Ich glaube einmal, als ich achtzehn war. Aber da habe ich den Rauch nicht inhaliert.«
    »Ich werde niemals wieder Leute, die in Bezug auf Suchtmittel jungfräulich sind, zum Drogenmissbrauch verleiten. Die Statue der heiligen Annunciata befindet sich übrigens dort drüben.« Er deutete auf einen dunklen Umriss in der Nähe der Altarstufen. »Wir beide gehen jetzt ganz langsam dorthin.« Jo winkte dem Jesuskind noch einmal zu und ließ sich von Lutz weiterführen.
    Die Statue der Heiligen bildete eine rundliche Matrone ab, ihr kleiner Mund war zu einem süßlichen Lächeln gespitzt. Nicht sympathisch …
    »Gibst du mir mal den Lesestein?«, hörte Jo Lutz wie aus weiter Ferne sagen. Sie wühlte in ihrem Bündel herum. Wo war nur das verflixte Ding?
    »Lass mich mal.« Er griff selbst in das zusammengeschnürte Tuch. Sehr deutlich fühlte Jo durch das Bündel und durch ihren Mantel die Berührung seiner Hand. Sie wurde ein wenig nüchterner.
    »Ich hab ihn.« Lutz seufzte erleichtert auf. Der Strahl der Lampe brach sich in dem geschliffenen Kristall und versprühte Lichtfunken über den Boden.
    »Stell dich hierhin.« Er dirigierte Jo um die Statue herum. »Und bitte – halt die Lampe ruhig.«
    »Schon gut, ich hab verstanden.« Jo richtete den Strahl auf das kleine Metalltürchen in der Rückseite der Statue. Lutz beugte sich vor und ließ den Lesestein darüber wandern. Er sah eigentlich wirklich attraktiv aus, auf diese piratenhafte Weise. Und der Dreitagebart stand ihm auch … Jo ertappte sich bei dem Wunsch, sanft über seine Stoppeln zu streichen.
    »Herrgott, Weib, nicht wackeln! Komm ein bisschen näher.« Lutz’ Miene war plötzlich angespannt. »Ja, gut so.« Seine Hand mit dem Lesestein verharrte oberhalb des kleinen Schlosses. Nach einigen Sekunden murmelte er: »Also doch …«
    »Lass mich auch mal.« Jo drückte ihm die Lampe in die Hand und blickte ihrerseits durch den geschliffenen Kristall. Zuerst sah sie nur ein goldenes Gefunkel. Doch dann erkannte auch sie die kleine, aber tiefe Schramme über dem Schloss.
    Der Obergeselle Georg hatte die Mitternachtsmette kurz vor dem Schlusssegen verlassen. Einige Häuser vom Anwesen seiner Herrin entfernt, passte er den Betteljungen in einer Hofeinfahrt ab.
    »Und, hast du etwas beobachtet?«, fragte er hastig. Als der Junge schwieg, schüttelte er ihn grob. »He, bist du taub?«
    Der Junge schluckte. »Der Wirt der Grünen Traube ist gegen ein Uhr zum Haus Eurer Herrin gekommen«, flüsterte er dann. »Er hat eine seltsame Melodie gepfiffen. Daraufhin hat Eure Herrin ihn eingelassen. Eine ganze Weile konnte ich noch Licht hinter den Küchenläden sehen.«
    Ganz bestimmt ist diese Melodie ein verabredetes Zeichen gewesen, dachte Georg. »Endlich hast du dir wieder

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