Dreiländermord
hierher gezogen.«
»Um in Ihrer Nähe zu sein?«, stellte Böhnke eine überflüssige Frage;
überflüssig zwar, dennoch zu einer positiven Antwort motivierend.
»Ja«, bestätigte Ömmes erwartungsgemäß. »Anfangs haben wir uns auch
ganz gut verstanden. Allerdings gab es irgendwann so etwas wie Eifersucht.« Der
Mann hielt kurz inne. »Eigentlich keine direkte Eifersucht, denn Thomas war wohl
eher mit der Zeitung verheiratet als mit mir liiert. Er ist immer später und immer
weniger zu mir nach Jülich gekommen. Als er dann darüber hinaus auch noch anfing,
wegen eines ermordeten Lebensmittelhändlers aus Düren zu recherchieren, da ist mir
die Hutschnur gerissen, um es salopp auszudrücken. Blümchensex per Telefon ist nicht
mein Ding. Und als er mir anschließend noch offenbarte, dass er als Strichjunge
vor einem Dutzend Jahren in Frankfurt just mit diesem Kaufmann rumgemacht hatte,
habe ich endgültig mit ihm gebrochen. Auf gut deutsch: Ich habe Schluss gemacht.«
Ömmes hörte sich ruhig und gefasst an. »Thomas wollte die Trennung nicht wahrhaben.
Er hat zwar immer wieder bei mir angerufen, um den Bruch zu kitten. Aber Sie wissen
ja, wie das mit der Liebe ist.«
Nein, er wisse es nicht, entgegnete Böhnke.
»Die Liebe kommt, die Liebe geht. Sie ist so frei wie ein Vogel in
der Natur.«
»Aber er hat Ihnen trotz der Trennung von seinen Nachforschungen berichtet?«
So sei es gewesen, bestätigte Ömmes. »Immer wieder, obwohl mich das
nicht die Bohne interessierte. Er faselte etwas von einer ganz heißen Story, an
der er dran sei. Allerdings glaube ich, dass es nur heiße Luft war. Ich habe gar
nicht richtig hingehört. Er wollte sich vor mir wichtiger machen, als er tatsächlich
war.«
»Hat er Ihnen denn gesagt, was er als Nächstes vorhatte?«, bohrte Böhnke
nach. Noch plauderte Ömmes. Gleichwohl konnte nach seiner Erfahrung dessen Gesprächsbereitschaft
ganz plötzlich vorbei sein.
Ömmes lachte kurz auf. »Er hat mir nicht gesagt, dass er sich aufbaumeln
wollte. Er hatte den Abend mit mir verbringen wollen, obwohl ich dagegen war. Kurz
vorher sagte er mir dann ab, weil er ein wichtiges Gespräch hätte. Das sei eventuell
ausschlaggebend für seine Story.«
»Und mit wem wollte er sprechen?«, fragte Böhnke, während er in Gefferts
Kalender blickte.
»Keine Ahnung. Ich weiß es nicht.«
Doch Böhnke wusste es, er hatte die Notiz gefunden: Im Kalender war
für den Todestag die Telefonnummer des Pfarrbüros in Belgien und der dementsprechende
Termin um 19 Uhr notiert.
»Wie haben Sie eigentlich von Gefferts Tod erfahren, Herr Ömmes?« Es
war an der Zeit, das Telefonat zu beenden.
»In der Zeitung stand ein merkwürdiger Nachruf, aus dem man alles und
nichts entnehmen konnte. Ich habe dann in der Redaktion angerufen und mich als Freund
ausgegeben. Da wurde mir der Selbstmord bestätigt.«
»Und warum sollte Geffert Selbstmord begehen?«
»Hören Sie.« Der Tonfall von Ömmes wurde strenger, seine Stimme lauter.
»Wollen Sie etwa darauf hinaus, dass ich etwas damit zu tun habe? Selbstmord aus
verschmähter Liebe, oder was? Da sind Sie aber schief gewickelt, Herr Schmitz.«
Ömmes redete sich langsam in Rage.
Das Gespräch machte für Böhnke keinen Sinn mehr.
Nach einigen beschwichtigenden Worten kam er zum Ende. Mit der Floskel, das Telefonat
sei aufschlussreich gewesen und bringe ihn bei seiner Arbeit weiter, legte er auf.
Schnell tippte er die belgische Rufnummer ein, wieder war es nur der zweisprachige
Anrufbeantworter, der für ihn zu sprechen war.
Als das Telefon klingelte, ließ Böhnke es läuten. Ömmes war in der
Leitung, wie das Display verriet. Er hatte wahrscheinlich gemerkt, dass das Gespräch
mit Schmitz für ihn erfolglos verlaufen war. Soll er sich doch die Finger wund wählen,
dachte sich Böhnke und blätterte interessiert durch Gefferts Spiralkalender. Der
Journalist hatte alle seine Termine und Telefonate notiert. Die Gespräche am Tag
vor seinem Freitod und am Tag selbst waren nicht die einzigen nach Belgien gewesen,
wie Böhnke der Landesvorwahl entnahm. Die Rufnummer des Pfarramtes war mehrfach
verzeichnet, eine zweite Nummer ordnete Böhnke Eupen zu, zumindest glaubte er nach
seiner Erinnerung, dass es das Eupener Ortsnetz war, das angewählt wurde.
Einen weiteren Gesprächstermin hatte Geffert in der Polizeibehörde
ausgemacht, vermutlich, als man ihm mitteilte, dass man nichts zu sagen hätte. Außerdem
hatte er einen Termin mit dem Landrat vereinbaren
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