Dreiländermord
sondern um die Drahtzieher von
Mord und Totschlag im Dreiländereck aus dem Verkehr zu ziehen. Und«, Küpper wurde
streng, »Selbstmord ist nicht.«
Außerdem habe er durchaus auch ein persönliches Interesse, räumte er
freimütig ein. »Du glaubst doch nicht, dass unser unbekannter D. es dabei bewenden
lässt, dich aus dem Weg zu räumen. Du kannst dir selbst denken, wen er danach als
Nächsten auf den Kieker hat. Immerhin bin ich es gewesen, der seinen Freund Rennickens
niedergestreckt hat. Das wird er nicht vergessen.« Küpper gähnte ungeniert ins Telefon.
»Deshlab habe auch ich größtes Interesse daran, den Kerl auszuschalten.«
Auszuschalten! Wie sich das anhörte! Böhnke fand
die Wortwahl seines ehemaligen Kollegen unpassend. Auszuschalten, das bedeutete
im Klartext, aus dem Verkehr zu ziehen, umzubringen. Bei Rennickens hatte Küpper
kompromisslos und ohne Skrupel gehandelt.
Das kann ich nicht wollen, sagte sich Böhnke. Oder doch? Dingfest würde
er den Mann machen, wenn er es denn überhaupt konnte.
Er habe zu tun, mahnte Küpper. »Ich werde eine Nachtschicht einlegen
müssen, um etwas über den Kerl herauszufinden.« Er wünsche ihm alles Gute, verabschiedete
er Böhnke in die Nacht. Seine Bitte, Böhnke möge morgen beim Treffen mit D. sein
Handy eingeschalten lassen, wollte der Pensionär nicht hinterfragen. Vielleicht
brauchte er ja eine schnelle Funkverbindung.
»Und pass auf dich auf«, gab ihm Küpper mit auf den Weg. »Nicht, dass
du zu deiner Henkersmahlzeit gehst.«
22.
Worauf ließ er sich bloß ein? Immer wieder stellte sich Böhnke diese
Frage. Hatte er es nötig, sich so behandeln zu lassen? Warum ging er nicht einfach
zur Polizeistation in Morro Jable?
Es hat keinen Sinn, antwortete er sich in diesem Selbstgespräch. Ehe
er den Sachverhalt aufgeklärt und seine Unschuld bewiesen hatte, verginge wer weiß
wie viel Zeit. Es nützt nichts, du musst die Sache zu Ende bringen, redete er sich
zu, verflucht. Ein letztes Mal wälzte er sich in dem zu weichen Bett und fiel in
einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Er fühlte sich am nächsten Morgen ausgeruht und energiegeladen. Viel
zu gut, um heute zu sterben, ermutigte er sich selbst, als er sich zum Frühstück
aufmachte.
Ob es Neues gebe im Fall des toten Mädchens, fragte er an der Rezeption
und bekam die Antwort, die ihn nur für den ersten Moment erleichterte.
»Nein«, sagte die Frau hinter dem Schalter und blickte ihn über ihre
Brille an. »Die Polizei sucht noch nach dem Mörder.« Aber sie habe gehört, so teilte
sie ihm in gespielter Vertraulichkeit mit, dass es am nächsten Tag ein Foto des
Mörders in der Zeitung geben solle. Der Polizei sei zugetragen worden, sie bekäme
im Laufe des heutigen Tages ein Bild, das das Mädchen und den gesuchten Mann in
einem Strandcafé zeige.
»Woher wissen Sie das denn?« Böhnke war verblüfft. Wieder schaute die
Frau ihn über ihre Brille an. »Hier kennt jeder jeden. Und mein Mann ist mit dem
Leiter der Polizeistation befreundet. Der hat es ihm gesagt.«
In diesem Fall könne sie ja auch blitzschnell herausbekommen, wer für
heute Mittag im Hafenrestaurant von Morro einen Tisch reserviert habe, meinte Böhnke
lächelnd.
»Kein Problem, wenn Sie das alte an der Fischbörse meinen«, sagte sie
zuvorkommend und tippte eine Telefonnummer in das Telefon.
Böhnke verstand nicht, was sie im schnellen Spanisch sagte. Er war
gespannt auf das Ergebnis ihres Gesprächs.
»Es ist in der Tat ein Tisch für zwei Personen reserviert worden. Von
einer Frau im Auftrag eines Herrn Böhnke.« Sie sah ihn fragend an. »Haben Sie etwa
vergessen, dass Sie ihn bestellt haben?«
Böhnke winkte ab. »Ich wollte nur wissen, ob es tatsächlich geklappt
hat«, murmelte er wenig überzeugend und wandte sich ab.
D. war offensichtlich mit allen Wassern gewaschen und einfach nicht
zu packen, dachte er sich, als er sich langsam auf den Weg zur Busstation machte.
Ein einfacher Unterstand aus Glas mit einer blau gestrichenen Bank erwartete ihn
an der Straße hinter dem Hotel. Der gelb-blau markierte Bordstein ließ erkennen,
dass hier der Pendelbus halten würde. Einen Fahrplan fand Böhnke nicht. Maximal
eine halbe Stunde würde er warten müssen, hatte ihm die Rezeptionistin gesagt. Der
Bus zwischen Morro und Esquinzo pendelte in 30-minütigem Abstand.
Böhnke erkannte zwischen dem kargen Buschwerk hinter dem Haltepunkt,
das sich bergab in einen ausgetrockneten, steinigen Hang verdünnte, einige Näpfe
mit
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