Dreiländermord
ins Leben
zurückgeholt.« Er betrachtete Böhnke gelassen. »Ich habe mich als Allgemeinmediziner
auf Fuerteventura niedergelassen. Sofort nach meinem Studium und der Weiterbildung
im Krankenhaus.«
»In Aachen und Köln«, unterbrach ihn Böhnke.
»In Aachen und Köln«, fuhr D. ungeniert fort. »Dank einer Erbschaft
habe ich es gar nicht nötig zu arbeiten. Allerdings muss der Mensch ja irgendetwas
tun.«
»Und wenn er andere Menschen tötet«, platzte Böhnke dazwischen. Es
ärgerte ihn, dass D. in ruhiger, fast schon gelangweilter Form über sich redete
und dabei im Prinzip nichts Wichtiges preisgab.
»Wie sich das anhört: Menschen töten.« D. schüttelte
den Kopf. »Jeder von uns muss einmal sterben, der eine früher, der andere später.«
Er trank wieder. »Und heute sind Sie an der Reihe, Herr Böhnke. Heute ist Ihr Todestag.«
Er lächelte der Frau zu, die mit belegten Tellern an den Tisch getreten war. »Lassen
Sie es sich schmecken. Sie sind selbstverständlich mein Gast«, meinte er einladend
und griff zum Besteck.
Er aß mit Genuss. Auch Böhnke ertappte sich dabei, dass ihm der fangfrische
Fisch, nur leicht angebraten, ausgezeichnet mundete. Eigentlich müsste ihm das Essen
im Halse stecken bleiben, schoss es durch seine Gedanken, aber es schmeckte ihm.
»Sie kommen nicht weit, wenn Sie jetzt aufstehen und gehen würden,
Herr Böhnke«, sagte D. mit großer Beiläufigkeit, als habe er einen Gedanken erraten,
mit dem Böhnke spielen könnte. »Ich glaube, nein, ich weiß, Sie würden nach wenigen
Metern ins Hafenbecken fallen und ertrinken. Dafür würden meine Fischerfreunde sorgen.«
Er hustete kurz und griff in die Seitentasche seiner leichten Sommerjacke. »Selbst
wenn Sie hier aus Morro herauskommen, ist es mit Ihnen vorbei. Sehen Sie nur.« Er
gab Böhnke die Fotos, die eindeutig den Kommissar mit Dolores zeigten.
In der Tat, so musste Böhnke gestehen, hätte man beim Anblick der lachenden
und eng beieinander sitzenden Menschen an ein Liebespaar unterschiedlicher Generationen
denken können: der alte, geile Bock und das attraktive, arme Mädchen. »Können Sie
morgen in allen Blättern sehen. Spätestens am Flughafen in Rosario werden Sie aufgefischt
und dann landen Sie sowieso wieder bei mir.«
»Wieso?«
»Weil ich auch in gewisser Weise als Amtsarzt für die Polizei fungiere
und immer herangezogen werde, wenn Deutsche bei einer Festnahme betroffen sind.
Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie nach meiner Untersuchung nicht mehr lange leben
werden. Da gibt es einige nette Methoden, ein Leben zu beenden, die nur schwer oder
gar nicht nachweisbar sind. Und hier auf Fuerteventura untersuche selbstverständlich
ich verstorbene deutsche Staatsbürger. Also«, D. lehnte sich lässig in seinen Stuhl
zurück, »Sie haben keine Chance, noch einmal lebendig nach Huppenbroich zu kommen.«
»Und was raten Sie mir?«
»Ich lade Sie auf mein Schiff ein. Die Esperanza liegt nebenan am Steg.
Wir machen eine Tour aufs Meer hinaus und Sie springen ins Wasser. Den Rest regelt
die Natur. Lange werden Sie nicht überleben. Ich werde der Polizei rasch glaubhaft
machen können, dass Sie einen Schwächeanfall erlitten haben und über Bord gegangen
sind. Alles kein Problem – selbst wenn ich nachhelfen muss.«
Böhnke wollte aufbrausen, als hinter ihm der Stuhl zurückgeschoben
und ihm in den Rücken gerammt wurde. Der ungehobelte Flegel sah keinerlei Veranlassung,
sich bei ihm zu entschuldigen, sondern verschwand im Ausgang.
»Sie sehen, Herr Böhnke, ich habe nicht zu viel versprochen. Hier werden
Sie keinen einzigen Freund finden. Sie sind diesen Menschen einerlei und haben für
Sie keinerlei Wert.«
»Die ganze Geschichte hat für mich keinen Wert«, fauchte Böhnke. »Sagen
Sie mir endlich, was es mit den Gnadenlosen auf sich hat. Sie sind ein Mörder, ein
Mitwisser, ein Handlanger, ein Kommandeur.« Langsam verlor er die Geduld, vielleicht
kam auch mehr und mehr die Angst in ihm auf.
D. ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich erzähle Ihnen gerne meine
Geschichte und die der Gnadenlosen. Nur nicht hier. Dafür müssen Sie mich auf mein
Boot begleiten. Ich bin vorsichtig, müssen Sie wissen. Ich brauche keine Mitwisser.«
Er wischte sich den Mund mit einer Serviette ab. »Ich glaube, ich habe Ihnen nicht
zu viel versprochen. Das war eine delikate Mahlzeit, und preiswert obendrein. Oder?«
Er wartete Böhnkes Antwort nicht ab. »So eine Fischplatte gibt es sonst nirgendwo.«
Lässig legte er
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