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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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besaß, die Hand danach auszustrecken. Schwarzmarkt, Frauen, Hotels, Züge, Grenzen, Flüchtlinge, ganze Welten, die in sich zusammenfielen in den Ruinen des alten Europas, dem ein noch grauenvollerer Konflikt bevorstand, in der fieberhaften Gewissheit, dass nichts mehr sein würde, wie es war, wenn das alles vorüber wäre.
    »Gelegentlich. Während des Krieges war ich viel zwischen Spanien und Amerika unterwegs.«
    »Hattest du keine Angst vor den Unterseebooten?«
    »Furchtbare Angst. Aber mir blieb ja nichts anderes übrig. Du weißt schon: meine Geschäfte.«
    Wieder lächelt sie, fast verschwörerisch.
    »Ja, ich weiß schon. Deine Geschäfte.«
    Mit gespielter Bescheidenheit senkt er den Kopf, er spürt ihren Blick. Beiden ist klar, dass das Wort Geschäfte eine Art Oberbegriff darstellt, auch wenn Mecha nicht weiß, was im Einzelnen darunter fällt. In Wahrheit war die Iberische Halbinsel für Max Costa während des Krieges ein lohnendes Jagdgebiet. Mit seinem venezolanischen Pass – er hatte sich diese Nationalität, die ihn vor fast allem bewahrte, eine Menge Geld kosten lassen – versprühte er seinen Charme in Restaurants und Ballsälen, bei nachmittäglichen Tanztees mit Orchestermusik, in Animierbars und Kabaretts, in Wintersport- und Strandorten, überall dort, wo schöne Frauen und Männer mit prallen Brieftaschen anzutreffen waren. Sein professioneller Aplomb war zwischenzeitlich zu einer exquisiten Reife gelangt und bescherte ihm eine Reihe durchschlagender Erfolge. Die Zeiten des Scheiterns und des Niedergangs, die Katastrophen, die ihn in ein schwarzes Loch stürzen sollten, lagen noch in weiter Zukunft. Dieses neue franquistische Spanien hatte viel zu bieten: mehrere einträgliche Aktionen in Madrid und Sevilla, einen sorgfältig ausgearbeiteten Dreiecksbetrug zwischen Barcelona, Marseille und Tanger, eine steinreiche Witwe in San Sebastián und eineSchmuckgeschichte im Kasino von Estoril, die ihren krönenden Abschluss in einer Villa in Sintra fand. In diesem letzten Fall – die nicht besonders attraktive Frau war eine Cousine des spanischen Thronanwärters Juan de Borbón – hatte Max wieder einmal getanzt, und zwar ziemlich viel. Den Bolero von Ravel und den Tango de la Guardia Vieja . Und er musste irrsinnig gut getanzt haben, denn immerhin war die Beraubte selbst die Erste, die ihn hinterher vor der portugiesischen Polizei in Schutz genommen hatte. Max Costa sei über jeden Verdacht erhaben, hatte sie erklärt. Er sei durch und durch ein Kavalier.
    »Ja«, sagt Mecha grüblerisch und schaut hinauf zu dem Balkon, von dem die jungen Leute wieder verschwunden sind. »Armando war anders.«
    Max weiß, dass sie in Gedanken nicht bei ihm ist. Sondern noch immer bei diesem Spanien, das Armando de Troeye getötet hat und in das sie nie wieder einen Fuß setzen will. Dennoch verspürt er einen leichten Stich. Einen Anflug des alten Zorns auf diesen Mann, mit dem er eigentlich nur kurz Kontakt gehabt hatte: an Bord der Cap Polonio und in Buenos Aires.
    »Das sagtest du bereits. Er war gebildet, phantasievoll und liberal ... Ich kann mich noch gut an deine blauen Flecken erinnern.«
    Sein Ton trägt ihm einen strafenden Blick ein. Dann betrachtet sie wieder den Golf und den schwärzlichen Kegel des Vesuvs.
    »Das ist lange her, Max. Und es steht dir nicht zu, das zu sagen.«
    Er antwortet nicht und beschränkt sich darauf, sie anzusehen. Sie kneift gegen die blendende Sonne die Lider zusammen, und die Fältchen um ihre Augen vermehren sich.
    »Ich habe sehr jung geheiratet«, sagt Mecha. »Und er hat mich dazu gebracht, in meine eigenen Abgründe zu blicken.«
    »Er hat dich gewissermaßen dazu verführt.«
    Sie schüttelt den Kopf, ehe sie antwortet.
    »Nein. Höchstens, wenn man die Betonung auf gewissermaßen legt. All das war in mir, bevor ich ihn kennenlernte. Armando hat mir lediglich einen Spiegel vorgehalten. Mir meine finstere Seite gezeigt. Oder vielleicht nicht einmal das. Womöglich hat er mir einfach nur die Richtung gewiesen.«
    »Was du dann wiederum mit mir gemacht hast.«
    »Du hattest doch Spaß daran, zuzusehen, genau wie ich. Erinnere dich nur an die Spiegel in diesem Hotel.«
    »Nein. Mir hat es Spaß gemacht, dir beim Zusehen zuzusehen.«
    Ihr unvermitteltes, schallendes Gelächter, das ihre goldenen Augen plötzlich jung wirken lässt ...
    »Du hast dich nicht darauf eingelassen, mein lieber Freund ... Zu dieser Sorte hast du nie gehört. Im Gegenteil. Du warst immer so

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