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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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Keller – könnte man eine Stecknadel fallen hören. Das sanfte, auf das Podest mit dem Tisch, den zwei Stühlen, dem Schachbrett und den beiden Spielern gerichtete Bühnenlicht lässt den übrigen Raum beinahe in Dunkelheit versinken. Draußen dämmert es, und durch die großen Fenster sieht man die Äste der Bäume entlang der Straße, die zum Hafen von Sorrent hinunterführt, wie von einem rötlichen Glanz übergossen.
    Max ist es noch nicht gelungen, die Feinheiten der Partie zu verstehen, die sich vor seinen Augen entwickelt. Er weiß, weil Mecha Inzunza es ihm gesagt hat, dass Jorge Keller,der mit den schwarzen Figuren spielt, bestimmte Züge mit Bauern und Läufern machen muss, um spätere riskantere und komplexere vorzubereiten. Das wäre dann der Moment, da Sokolows Reaktionen Aufschluss darüber geben könnten, welche Informationen er im Vorfeld hatte. Nach Kellers Bauernopfer sollte Sokolow eine gefährliche Attacke mit dem Läufer erwarten – vorbei an einem Springer, den Max als den linken weißen auf dem Brett zu identifizieren meint –, und das Manöver zu vereiteln suchen, indem er einen der weißen Bauern zwei Felder vorzieht.
    »Dieser Zug über zwei Felder wäre der Beweis, dass Irina die Schuldige ist«, hat Mecha ihm am Nachmittag in der Hotelhalle erklärt, wo sie sich vor der Partie getroffen haben. »Jeder andere Zug würde auf Karapetian hindeuten.«
    Rechts von Max sitzt rauchend der Capitano Tedesco, das eine Auge starr auf das Brett gerichtet, und benutzt eine Papiertüte als Aschenbecher. Ab und zu stellt Max ihm eine Frage, und Tedesco beugt sich zu ihm, um im Flüsterton eine Position oder einen Zug zu erläutern. Lambertucci, auf der anderen Seite des Capitano – für den Anlass in Schlips und Sakko – hat die Hände gefaltet und dreht die Daumen, während er gebannt das Geschehen auf dem Brett beobachtet.
    »Sokolow hat das Zentrum absolut unter Kontrolle«, sagt Tedesco sehr leise. »Nur wenn Keller seinen Läufer befreit, hat er eine Chance, das Blatt noch zu wenden, wie mir scheint.«
    »Und wird er das tun?«
    »Das vermag ich nicht zu beurteilen. Diese Typen sind imstande, so viele Züge vorauszudenken, da kann ich nicht mithalten.«
    Lambertucci, der seinem Freund zugehört hat, bestätigt raunend:
    »Es zeichnet sich einer von Kellers typischen Angriffen ab.Und du hast recht. Wenn er es schafft, weiter vorzurücken, stinkt dieser Läufer nach Pulverdampf.«
    »Was ist mit dem schwarzen Bauern?«, will Max wissen.
    Die beiden schauen auf das Brett und ihm dann verwirrt ins Gesicht.
    »Welcher Bauer?«, fragt der Capitano.
    Max’ Augenmerk ist nicht so sehr auf das Brett gerichtet, wo sich unbekannte Kräfte nach Regeln entfalten, die ihm fremd sind, als vielmehr auf die beiden Kontrahenten. Sokolow, zwischen dessen nikotingelben Fingern eine Zigarette verglüht, hält den traurigen blonden Kopf gesenkt, während seine Augen die Position der Figuren studieren. Jorge Keller sitzt nicht vor dem Brett. Mit gelockerter Krawatte, die Jacke über die Stuhllehne gehängt, ist er soeben aufgestanden – Max hat ihn das während der langen Wartezeiten schon öfter tun sehen – und vertritt sich die Beine. Mit ausholenden Schritten, als wollte er den Raum vermessen, geht er auf und ab, die Hände in den Taschen, mit gedankenverlorener Miene, und starrt auf seine Sportschuhe und den Fußboden. Vor Beginn der Partie hat er entschlossen den Raum betreten, ohne jemanden anzusehen, in der Hand die übliche Flasche Orangensaft. Er hat seinem Kontrahenten, der schon am Tisch saß, die Hand gegeben, die Flasche auf den Tisch gestellt, Sokolow bei seinem Eröffnungszug zugesehen und dann einen Bauern bewegt. Die meiste Zeit sitzt er unbeweglich da, den Kopf auf den vor dem Brett verschränkten Armen abgelegt, und gelegentlich trinkt er einen Schluck direkt aus der Flasche oder steht auf, um ein paar Schritte zu gehen, wie eben. Der Russe dagegen hat seinen Platz kein einziges Mal verlassen. Er sitzt zurückgelehnt, betrachtet häufig seine Hände, als bräuchte er das Schachbrett gar nicht, spielt mit extremer Ruhe und macht mit seiner Unerschütterlichkeit seinem Spitznamen »Die Russische Mauer« alle Ehre.
    Das Geräusch von Filz auf Holz, gefolgt vom Klicken derUhr, als Sokolow den Hebel betätigt, um die Bedenkzeit seines Gegners in Gang zu setzen, holen Keller an den Tisch zurück. Ein gedämpftes, kaum wahrnehmbares Raunen geht durch den Saal. Der junge Mann schaut auf seinen

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