Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
anderen Frau abspielte, oder als hätte sie die Szene nur heraufbeschworen, um Max währenddessen zu beobachten.
»Warum warten?«, fragte sie mit einem Mal.
Sie erhob sich langsam, strich sich fast manierlich den Rock glatt, die Haschischzigarette noch immer zwischen den Lippen, fasste Melina bei den Schultern, zog sie von ihrem Mann weg und schob sie auf Max zu. Die Frau ließ es sich gefallen wie ein fügsames Tier. An ihren schweren, schaukelnden Brüsten klebte die durchgeschwitzte Bluse.
»Hübsch und ordinär«, sagte Mecha und sah Max in die Augen.
»Das interessiert mich einen Scheißdreck«, erwiderte er beinahe zärtlich.
Es war das erste Mal, dass er in Gegenwart der de Troeyes einen Kraftausdruck gebrauchte. Für einen Augenblick hielt Mecha seinen Blick fest, beide Hände auf Melinas Schultern, und dann drängte sie sie sanft vorwärts, bis der feuchte, warme Busen der Tänzerin gegen Max’ Brust drückte.
»Sei lieb zu ihm«, raunte Mecha der Frau ins Ohr. »Er ist ein netter Kerl aus der Unterstadt ... Und er tanzt wahnsinnig gut.«
Mit täppischen Bewegungen und verschwommenem Blick suchte Melina seinen Mund, doch Max wandte sich angewidert ab. Er hatte die Zigarette aus dem Fenster geworfen und sah Mecha aus nächster Nähe unverwandt in die Augen, die im grünen Schummerlicht trüb wirkten. Ihr Blick schien ihm von kalter Sachlichkeit. Von einer übersteigerten Aufmerksamkeit, die etwas geradezu Wissenschaftliches hatte. Inzwischen hatte die Hure seine Jacke und Weste geöffnet und widmete sich nun den Knöpfen von Hosenträgern und Bund.
»Ein beunruhigend netter Kerl«, ergänzte Mecha geheimnisvoll.
Sie drückte Melinas Schultern hinab, nötigte sie, vor Max niederzuknien und ihr Gesicht seinem Geschlecht zu nähern. In diesem Moment ertönte hinter den beiden Frauen de Troeyes Stimme:
»Lasst mich gefälligst mitmachen, verdammt noch mal.«
Selten hatte Max eine solche Verachtung gesehen, wie sie jetzt in Mechas Augen aufglomm, bevor sie sich zu ihrem Mann umwandte und ihn wortlos ansah. Hoffentlich, schoss es ihm durch den Kopf, sieht mich eine Frau niemals so an. De Troeye seinerseits zuckte mit den Schultern und fand sich mit seiner Zuschauerrolle ab. Er goss sich ein Glas Champagner ein, leerte es auf einen Zug und faltete ein weiteres Kokainbriefchen auf. Mittlerweile hatte sich Mecha wieder Max zugewandt, und während die Hure gehorsam vor ihm kniete und sich mit mäßigem Engagement ihrem Auftrag widmete – wenigstens war ihre Zunge feucht und warm, wie Max beruhigt feststellte –, ließ Mecha die Zigarette auf den Teppich fallen und näherte ihre Lippen den seinen, ohne sie jedoch zu berühren. Ihre Augen hatten die Farbe des grünen Kerosinlichts. So blieb sie, reglos und sehr nah, ihr Hals und ihr Gesicht beinahe im Dunkel und ihr Mund zwei Fingerbreit von seinem entfernt, und Max spürte mit allen Sinnen den sanften Hauch ihres Atems, die Nähe ihres schlanken,geschmeidigen Körpers, die Mischung aus Haschischduft, fast verflogenem Parfüm und dem Schweiß auf ihrer Haut. Das war es, und nicht die täppischen Bemühungen Melinas, was die Leidenschaft in ihm aufflammen ließ; und als seine Erregung nicht mehr zu übersehen war, stieß Mecha, die auf diesen Augenblick gewartet zu haben schien, die Tänzerin zur Seite, presste ihre Lippen mit gieriger Gewalt auf seinen Mund und zerrte ihn zum Diwan, während er ihren Ehemann lüstern lachen hörte.
»Sie wollen doch nicht einfach so gehen«, sagte Juan Rebenque. »So hastig.«
Sein bedrohliches Grinsen hatte sich zwischen sie und die Tür geschoben und ließ keinen Zweifel an seinen üblen Absichten. Er stand herausfordernd mitten im Gang, den Hut in die Stirn gezogen und die Hände in den Hosentaschen. Ab und zu senkte er den Blick und schaute auf seine Schuhe, als wollte er sich vergewissern, ob ihr Glanz dem Anlass gerecht wurde. Max, der dies hatte kommen sehen, schielte auf die Ausbuchtung an der linken Seite des geschlossenen Jacketts, wo der compadrón das Messer trug. Dann wandte er sich an de Troeye.
»Wie viel hast du bei dir?«, fragte er leise.
Das Gesicht des Komponisten war gezeichnet von den Strapazen der Nacht: die Augen gerötet, Bartstoppeln am Kinn, die Krawatte über die Schulter geworfen. Melina hatte seinen Arm losgelassen und lehnte jetzt an der Wand, überdrüssig und apathisch, als wünschte sie sich nur noch ein Bett, um zwölf Stunden am Stück zu schlafen.
»Ich habe noch ungefähr
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