Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
fünfhundert Pesos«, murmelte de Troeye verwirrt.
»Gib her.«
»Alles?«
»Alles.«
Der Komponist war zu müde und zu betrunken, um zu widersprechen. Ungeschickt fingerte er die Geldbörse aus der Innentasche der Jacke und reichte sie Max, der sie kaltblütig plünderte. Er spürte Mechas bohrenden Blick – sie war ein Stück weiter hinten im Flur stehengeblieben, den Schal über den Schultern, und beobachtete die Szene –, drehte sich jedoch nicht nach ihr um. Er musste sich auf ein dringenderes Problem konzentrieren. Ein gefährliches. Vor allem ging es darum, möglichst unbehelligt den Pierce-Arrow zu erreichen, in dem Petrossi wartete.
»Hier, bitte«, sagte er zu dem Gauner.
Dieser zählte die Scheine, ohne eine Miene zu verziehen. Versonnen klatschte er sich dann das Bündel ein paarmal auf die flache Hand, steckte es in die Tasche, und sein Grinsen wurde breiter.
»Die Rechnung ist aber höher«, sagte er träge, wobei er die Worte in die Länge zog. Dabei sah er nicht de Troeye, sondern Max an. Als beträfe die Angelegenheit nur sie beide.
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Max.
»Sie würden aber gut daran tun, es zu glauben, Amigo. Melina ist ein reizendes Mädchen, stimmt’s? Außerdem mussten die Ravioli und das alles beschafft werden.« Mit einem unverschämten Blick auf Mecha fuhr er fort: »Diese Dame, Sie und dieser Trottel hier hatten einen schönen Abend ... Und wir sollten doch alle einen schönen Abend gehabt haben.«
»Er hat keine Gülle mehr«, sagte Max.
Rebenque stutzte, und sein Lächeln wurde milder, als wüsste er den Ganovenausdruck zu schätzen.
»Und die Dame?«
»Hat nichts dabei.«
»Da gab es doch eine Kette.«
»Die gibt es nicht mehr.«
Der Verbrecher nahm die Hände aus den Taschen und knöpfte die Jacke auf. Dabei kam der elfenbeinerne Messergriff im Armausschnitt seiner Weste zum Vorschein.
»Dann sollte man der Sache mal nachgehen.« Sein Blick richtete sich auf die Goldkette, die zwischen de Troeyes Kleidung glänzte. »Außerdem wüsste ich gern, wie spät wir haben, weil meine Uhr stehengeblieben ist.«
Max schaute auf die Hemdmanschetten und Taschen des Halunken.
»Sie tragen doch gar keine Uhr.«
»Sie ist schon vor Jahren stehengeblieben. Wofür sollte ich eine Uhr tragen, die nicht geht?«
Eine Uhr ist es nicht wert, sich dafür umbringen zu lassen, dachte Max. Nicht einmal eine Perlenkette. Doch etwas im Lächeln dieses Zuhälters irritierte ihn. Der Dünkel. Dieses offensichtliche Überlegenheitsgefühl, weil er sich womöglich als Einziger auf vertrautem Terrain wähnte.
»Ich hatte Ihnen doch erzählt, dass ich aus Barracas stamme und in der Calle Vieytes geboren bin?«
Das Lächeln des anderen verblasste zusehends. Was soll das, schien seine Miene zu sagen, komm mir doch jetzt nicht damit.
»Misch du dich nicht ein«, fuhr er Max an.
Durch seinen Gesichtsausdruck wirkte das plötzliche Du noch schroffer. Max betrachtete ihn gründlich, während er die Situation überdachte, das Risiko und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen versuchte. Das Gebaren des Halunken, den Flur, die Tür, die Straße und das draußen wartende Auto. Es war nicht auszuschließen, dass Rebenque einen Komplizen in der Nähe hatte, der bereit war, ihm jeden Moment zur Hand zu gehen.
»Wenn ich mich recht erinnere, konnten wir uns hier im Viertel aufeinander verlassen«, erklärte Max ruhig. »Man hielt sein Wort.«
»Und?«
»Wer eine Uhr wollte, hat sich eine gekauft.«
Jetzt erstarb Rebenques Lächeln vollends und wich einer grimmigen Miene. Der Fratze eines Wolfs, der jeden Moment zubeißen konnte.
»Bist du wirklich so dumm?«
Sein Daumen schabte über die Weste und kroch auf den Elfenbeingriff zu. Mit einem raschen Blick kalkulierte der Salontänzer die Entfernung: Drei Schritte trennten ihn vom Messer des anderen, der es jedoch erst noch aus der Scheide ziehen musste. Max machte eine Vierteldrehung, sodass er ihm die linke Flanke zuwandte, um sich mit dem Arm und der Hand besser schützen zu können. Solche berechnenden Schritte – eine Art stiller, vorausschauender Choreografie – hatte er als Legionär in den afrikanischen Bordellen gelernt, wenn dort zerbrochene Flaschen und Messer flogen. Wo gebellt wurde, war es das Beste, selbst zum Hund zu werden.
»Oh Gott ..., ich habe keine Lust auf eure Hahnenkämpfe«, ertönte Mechas Stimme hinter ihm. »Ich bin müde. Gebt ihm die Uhr, und lasst uns gehen.«
Es war kein Hahnenkampf, wie
Weitere Kostenlose Bücher