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Dreimal Liebe

Dreimal Liebe

Titel: Dreimal Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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in die Richtung eines verstaubten Kassettenrecorders, der wohl, wäre er nicht so hässlich, inzwischen als Antiquität durchgehen könnte. »Musik«, flüsterte er.
    Cathy folgte seinem Blick. »Es ist noch ein bisschen Geld übrig. Ich werde dir morgen Batterien kaufen, okay?«
    »Okay«, sagte Joel leise, für einen Moment gefangen genommen von dem goldenen Schimmer in ihren kastanienbraunen Augen, bevor er die Lider schloss und einschlief.
    ~~~
    Wunden heilten. Das war der Vorteil am Jungsein. Selbst wenn die Verfassung nicht die Beste war, erholte sich der Körper nach und nach wieder von den Strapazen. Ein gelblicher Fleck unter Joels Auge und die dünne rote Line über der Lippe, die zur Narbe wurde, waren nach zwei Wochen die einzigen sichtbaren Merkmale in seinem Gesicht, die noch an die missglückte Flucht erinnerten.
    Joel lag seitlich auf dem Schlafsack und lauschte den leisen Tönen des Radios, in dem zum zweiten Mal in drei Stunden der Oldie »Down Under« gespielt wurde. Cathy saß zu seinen Füßen, hatte die Beine angewinkelt und lehnte mit dem Rücken an der Wand, während ihre Finger mit einem dünnen Stück Holz spielten. Louis kniete in ein paar Metern Entfernung auf allen Vieren und versuchte Cecile mit einem Wollknäuel zum Spielen zu animieren. Nur bedingt erfolgreich, trotzdem gab er nicht auf. Sherly und Nate waren seit Stunden unterwegs.
    »Ich hatte ganz vergessen, wie gut frischgewaschene Kleidung riecht«, sagte Cathy. Einmal in der Woche durfte man in einer Zweigstelle der New Yorker Coalition of the Homeless kostenlos seine Wäsche waschen. Heute morgen waren sie alle dort gewesen, und auch Joel genoss den angenehmen Geruch, der nun von ihm ausging.
    Er drehte den Kopf in ihre Richtung, beobachtete das Mädchen eine Weile, dann sah er zurück zum Radio. »Hm«, machte er.
    »Ich glaube, das fehlt mir am meisten«, fuhr sie fort. »Noch schlimmer als der Hunger ist das Fehlen einer Dusche und das mangelnde Angebot an sauberer Wäsche.« Cathy versuchte zu lächeln.
    »Man gewöhnt sich an alles«, sagte Joel.
    »Vielleicht«, murmelte sie und Stille kehrte ein.
    Gegen Joels Willen keimte erneut die Frage in ihm auf, warum das Mädchen überhaupt auf der Straße gelandet war. Und weil Cathy in jener Nacht, als er zusammengeschlagen worden war, Regel Nummer zwei der Straße gebrochen hatte, beschloss er, jetzt Regel Nummer eins zu brechen. »Warum gehst du nicht nach Hause?«, fragte er.
    Cathy senkte den Blick, ließ das Stück Holz durch ihre Hände wandern. »Das geht nicht«, sagte sie.
    »Warum?«
    Das Mädchen zuckte mit den Achseln, und Joel bohrte nicht weiter nach.
    Als im Radio die ersten Töne des alten Klassikers »One Love« der Band U2 gespielt wurden, schaltete Joel die Kassette im Recorder ein und zeichnete das Lied auf. Neben seinem improvisierten Bett stand eine alte Kiste, randvoll mit Kassetten, die er alle mit Liedern bestückt hatte.
    »Hörst du gerne Musik?«, fragte Cathy.
    Joel war im Begriff eine blöde Antwort zu geben, so eine wie »Scheint so« oder »Offensichtlich« , er sagte dann aber doch schlicht und leise »Ja.«
    »Hast du irgendein Lieblingslied?«, fragte Cathy weiter.
    »Nicht unbedingt. Ich mag Lieder, die zu meiner jeweiligen Stimmung passen.«
    Cathy nickte, und wieder wurde es ruhig zwischen den beiden.
    Normalerweise war Joel Schweigen lieber als so manches Gespräch, vor allem, wenn in Letzterem kein besonderer Sinn vorhanden war. Aber bei Cathy hatte er immer das Gefühl, dass sie reden wollte, und das verlieh dem Schweigen eine unangenehme Note.
    »Ich höre auch instrumentale Musik sehr gerne«, sagte er schließlich. »Zum Beispiel Violinenstücke.« Dass er sich schon seitdem er ein kleiner Junge war wünschte, dieses Instrument spielen zu können, behielt er für sich.
    »Violinenstücke?«, wiederholte Cathy. »Ich glaube, ich habe mir noch nie ernsthaft eins angehört.«
    Joel drückte auf Stopp, die Aufnahme wurde beendet. »Möchtest du?«, fragte er.
    »Ja, gerne, warum nicht?«
    Joel öffnete die Kiste mit den Kassetten, fuhr mit seinem Finger über die Beschriftungen und ging alle nacheinander durch. Aber ausgerechnet jene, nach der er gesucht hatte, ließ sich nicht finden.
    »Louis?«, fragte Joel mit gerunzelter Stirn und böser Vorahnung im Tonfall, »warst du wieder an meinen Kassetten?«
    Der Angesprochene hielt das Wollknäuel augenblicklich still. »N-N-N-Nein!«
    Joel seufzte. »Louis, wo ist

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