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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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viel abverlangt. Tag um Tag, Nacht für Nacht. Sie hatte sich und ihm so gut wie keine Ruhe gegönnt. Dennoch schienen sie ihrem Ziel nicht einen Schritt nähergekommen zu sein. Ihre Ungeduld wuchs mit jeder Stunde, die nutzlos verrann.
    Wo war der, den sie suchten? Wo war Schattenklaue …?
    Unwillkürlich fröstelte sie. Schauder durchfuhren sie, als sie langsam zum Ufer hinabstieg. Mit beiden Händen schöpfte sie das kalte Wasser und trank. Sie schloss die Augen und hob den Kopf zum mondklaren Himmel. Und während das silberhelle runde Gestirn sie in seinen mächtigen Bann zog, ihre wilde Seele befreite und ihr den Körper einer Wölfin gab, wandelte sich auch ihre Erschöpfung – in ungläubiges Staunen.
    Er war hier! In ihrer Nähe! Sie spürte es, sie wusste es. Es gab keinen Zweifel. Heute Nacht würde sie ihn finden.
    Schattenklaue!
     
    *
     
    Fiona hörte schon von Weitem das Rauschen des breiten Bergbachs, der für die Jahreszeit ungewöhnlich viel Wasser führte. Als sie das Ufer bis auf wenige Schritte erreicht hatte, stockte ihr der Atem. Vor Aufregung klammerte sie sich an den Stamm einer knorrigen alten Weide, die ihre biegsamen langen Äste wie schützende Arme um sie legte.
    Der Schein des vollen Mondes tauchte den gurgelnden Bachlauf, der an dieser Stelle breiter war und zum Ufer hin sanft auslief, in gleißende Helligkeit – und er warf sein scharfes Schlaglicht auf Serafin, Lex und Carras.
    Die Wolfsmenschen standen mit dem Rücken zu Fiona. Ihre nackten Körper warfen lange, tanzende Schatten aufs glitzernde Wasser. Die Köpfe weit in den Nacken gebogen, verharrten sie reglos, still, wie zu steinernen Statuen erstarrt.
    Behutsam schob Fiona die Zweige zur Seite und tat zögerlich ein paar Schritte aufs Bachufer zu.
    In diesem Moment tauchten die drei wie auf ein geheimes Kommando unter Wasser, das, wie sie erst jetzt bemerkte, an dieser Stelle mittels einiger grober Steine und Äste aufgestaut war.
    Und dann geschah alles rasend schnell. Was gerade noch so aussah, als würden drei menschliche Gestalten hinter einem aufschäumenden Schleier aus mondbeschienenen Tropfen einfach wieder aus dem Wasser schnellen, wurde zu einem Schauspiel, das sich für immer und ewig in ihre Seele brennen sollte.
    Im Bruchteil von Sekunden hatten sich die aus dem Wasser aufbäumenden und wie im Fieberwahn zitternden Körper der drei Wolfsmenschen mit langem dichtem Fell überzogen. Arme und Beine verloren Ihre Menschengestalt.
    Ein leises, fast klagendes Wimmern lag in der Luft, das urplötzlich in lautes durchdringendes Heulen überging. Ein Heulen, das so gar nichts Menschliches mehr an sich hatte. Durchdringend, furchterregend und wild. Und, durchfuhr es sie, stolz. Fast wie ein Befreiungsschrei.
    Vor Fiona standen drei riesige Raubtiere.
    Sie sank unwillkürlich auf die Knie. Ob aus Furcht oder Ehrfurcht oder besser einer überwältigenden Mischung aus beidem, sie hätte es nicht sagen können. Gebannt blickte sie den Werwölfen nach, wie sie mit kraftvollen Sprüngen, fast übermütig die steile Anhöhe hinaufjagten, die sich unmittelbar hinter dem Bach erhob.
    Sie schlang die Arme um ihren Körper. Ihr war heiß, obwohl sie wie vor Kälte zitterte. Sie spürte Tränen über ihre glühenden Wangen laufen. Schluchzer schüttelten ihren Körper. Sie hätte lachen und zugleich weinen können.
    Nein, das war kein Traum gewesen, nicht bloß eine der vielen Geschichten aus ihren Büchern. Sie hatte es gesehen. Sie hatte es miterlebt. Und sie hatten es zugelassen. Sie hatten es wirklich zugelassen!
    Fiona hätte schreien können vor Glück. In diesem Moment heulte der schwarze Wolf. Sie war sich vollkommen sicher, dass es Serafin war. Tief und ernst, voller Würde hallte es durch die Nacht. Wenig später fiel Lex mit ein, wild, ungezähmt und voller Ungeduld. Und als unmittelbar darauf Carras‘ Heulen ertönte, jung, hell und aufgeregt, lachte sie befreit und rannte los.
     
    *
     
    Ratsch!
    Mit gezücktem Taschenmesser bahnte sich Emerald seinen Weg durch den Johannisforst. Er hatte schon einmal eine dieser Bestien damit abwehren können. Und wenn sie ihn wieder angreifen würden, würde er auch dieses Mal keine Sekunde zögern, sich zur Wehr zu setzen. Er hatte keine Angst.
    Ratsch!
    Noch ein Ast musste dran glauben. Empört krächzend schoss eine Elster aus dem Gebüsch, das Emerald so lieblos gekürzt hatte. Vor Schreck stolperte er drei Schritte zurück, stieß an etwas Hartes, fuhr herum und hielt sein

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