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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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Forsthaus denken. Unvermittelt bog sie in die nächste Gasse ab, fort von Nannas Haus, fort von der Hauptstraße. Du übertreibst! Du kennst den Mann doch gar nicht, schimpfte sie mit sich selbst. Da hörte sie seine Schritte hinter sich. Sie versuchte schneller zu laufen, nicht zu rennen.
    Es war nur ein Zufall. Er folgte ihr nicht. Sie zwang sich, nicht über ihre Schulter zu schauen.
    Seine Schritte wurden schneller. Er folgt mir nicht, versuchte sie sich zu beruhigen.
    Er packte sie an der Schulter und zerrte sie herum. »Mädchen, wir müssen reden …!«
    »Ich kann jetzt nicht!«
    Sie riss sich mit aller Kraft los. Sie musste zurück zu Lex und Carras!
    Sein Blick verfinsterte sich. Erneut streckte er seine breiten Hände nach ihr aus.
    »Halt«, schrie sie ihn an. Er hielt inne.
    Da nahm sie ihre Beine in die Hand und rannte, hetzte zurück zur Hauptstraße, von der auf einmal hasserfüllte Rufe zu ihr drangen.
    »Schnappt euch Fiona!«
    »Wo ist das Mädchen?«
    Sie wähnte sich in einem Albtraum, flüchtete in die nächste nebelgraue Gasse. Hinter ihr Stimmen, schnelle Schritte. Sie fuhr herum, sah die ersten Silhouetten der Verfolger, als zwei kalte Hände sie packten und hinter einen schmalen, hohen Felsenriesen rissen.
    »Nanna …?«
    Die Kräuterfrau presste die Hände auf Fionas Mund. Als der Menschenpulk an ihrem Versteck vorbeigestürmt war, sah Nanna sie besorgt an. »Ich wollte gerade zu dir gehen, Fräulein. Ich hätte nie gedacht, dass du dich im Dorf zeigst.«
    »Aber … was ist denn hier los?«, keuchte Fiona.
    »Weißt du wirklich nicht, was passiert ist?«
    »Nein«, beteuerte Fiona.
    Nanna drückte das Mädchen an sich.
    »Zwieker«, flüsterte sie schließlich. »Sie haben ihn getötet …«
    »Getötet? Wer …?«
    »Wölfe«, sagte Nanna, ohne ihren Blick von ihr abzuwenden.
    Ihr wurde heiß und kalt. »Du glaubst, doch nicht etwa, dass meine Freunde so etwas Schreckliches …?«
    »Ich weiß es nicht«, raunte die Heilerin ihr zu. »Aber im Dorf, da glauben sie es!«
    »Aber sie wissen doch gar nicht, dass ich …?«
    »Doch!«, unterbrach sie Nanna mit zitternder Stimme und umgriff die Schultern des Mädchens. »Sie wissen es. Sie wissen alles!«
    »Ja … aber … ich …!«
    Sie unterbrach sich, musste nach Atem ringen.
    »Fiona, Fräuleinchen«, flüsterte Nanna. »Schleich dich hinter der Schenke aus dem Dorf und nimm dann den Umweg am Waldrand! Du musst fort von hier! Sofort!«
    Da holte Fiona noch einmal tief Luft, setzte alles daran, ihre Gedanken zu ordnen und ihrem hektischen Herzpochen Einhalt zu gebieten.
    »Du hast recht«, sagte sie schließlich und griff nach Nannas Händen. »Ich muss fort von hier. Weit fort. Darum bin ich ja zu dir gekommen! Ich bitte dich, auf Desiree zu achten. Wenn du ein Messer hast, dann gib es mir. Und …«, sie fuhr sanft über Nannas groben, dunkelrot gefärbten Wollmantel, »… ich könnte deinen Mantel gebrauchen!«
     
    *
     
    Bald waren sie es leid, durch die nebligen Gassen zu jagen. Sie wussten ja, wohin das Mädchen flüchten würde.
    »Zu Nanna!«, brüllten bald die Ersten. Doch als Emerald mit den Dörflern bei der Hütte ankam, fanden sie nur die Heilerin, die still auf der Holzbank vor ihrem Haus saß und zum trüben Sonnenball weit über den Nebelschleiern starrte.
    Emerald war der Einzige, der bemerkte, dass Nanna, obwohl sie doch im Freien saß, zum ersten Mal, seit er sie kannte, nicht ihren geliebten roten Mantel trug. Ihre Wangen glühten, so als wäre sie eben noch gerannt. Er wusste selbst nicht so genau, warum er es für sich behielt.
    »Wo ist das Mädchen?«, rief einer der Männer.
    »Du versteckst sie doch …!«, beschuldigte sie ein anderer.
    Sie durchsuchten ihren Garten und jede Ecke ihrer Hütte. Doch Nanna lächelte nur traurig und schüttelte den Kopf.
    »Sie ist nicht hier. Sie hat uns verlassen.«
     
    *
     
    Der Nebel hatte sich verzogen. Schaufeln, Messer und Mistgabeln glänzten im Licht der schwachen Sonnenstrahlen, als sich die Männer lautstark den Hang hinaufbewegten. Lautes Scheppern und Krachen erfüllte das Tal, als sie Töpfe und Blechschüsseln aneinander schlugen, um die Dämonen zu vertreiben. Doch als sie mit einem lauten Brüllen die Tür aufbrachen und in das alte Forsthaus stürmten, fehlte von dem Hexenkind und seinen mörderischen Dienern jede Spur.
    Nanna hatte recht behalten.
    Sie waren fort.

TEIL II
    Verfolgung

Kapitel 9
    Fährtenleser
     
     
     
    M ühsam setzte Fiona

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