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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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Straftäter nach dem Hohen Gericht verlangt«, belehrte sie Kaltschnauze. »Das hat Schattenklaue nicht getan. Mir schien es fast, als wünschte er sich eine harte Strafe … Die Einzige, die dies nicht wünscht, scheint mir unsere Alkarnswölfin zu sein …«, fügte er kaum hörbar hinzu.
    »Mir geht es einzig und allein um das Satorakt«, rief Neuschnee verärgert. »Was nützt es, wenn man den Verräter vorschnell tötet? Jeder im Rudel, nicht nur Kaltschnauze«, fügte sie mit einem kalten Seitenblick auf den Wolfsmann hinzu, »hat ein Recht darauf, aus Schattenklaues Mund zu hören, warum er uns verraten hat! Wochenlang habe ich nach ihm gesucht! Wochenlang war ich von Euch …«, sie senkte die Stimme und tat einen Schritt auf Alkarn zu, »von meinem Mann getrennt. Weil ich die Wahrheit wissen wollte, über alles, was damals geschehen ist!«
    »Alkarn, ich …«, wollte Kaltschnauze einwenden, doch der Leitwolf hob gebieterisch die Hand.
    »Genug! Ich habe mich entschieden.« Für einen Moment herrschte Stille. »Kaltschnauze, du wirst dich auf der Stelle aufmachen und die Hohe Richterin darüber in Kenntnis setzen, dass wir ihre Dienste noch vor dem nächsten Vollmond brauchen werden!«, befahl er.
    »Ja, mein Herrscher«, flüsterte der Berater.
    »Meine Neuschnee«, sprach Alkarn in sanfterem Tonfall weiter, »wird sich indessen in unserem Schlafgemach von ihrer harten Reise erholen.«
    Erleichtert erwiderte sie das aufmunternde Lächeln des Herrschers.
    Nach einer harschen Verbeugung drehte Kaltschnauze sich ruckartig um und eilte aus dem Turmzimmer.
     
    *
     
    »Da braut sich was zusammen!«, stöhnte Carras. »Das gibt schon wieder Regen!«
    Tatsächlich, bald schon klatschten die ersten Tropfen auf Fiona und ihre Begleiter nieder.
    »Wen kümmert‘s?«, brummte Lex, der mit dem schweren Proviantsack auf den Schultern hinter ihr und dem Wolfsjungen herschlurfte. »Wir haben ja ohnehin keine Spur mehr, die wir verlieren könnten.«
    »Triefend nasse Kleider hatte ich auf dieser Reise trotzdem mehr als genug …«, seufzte sie.
    »Es ist eben Herbst – da regnet es schon mal«, entgegnete Lex gereizt. »Das ist dir wohl in all den Jahren gar nicht aufgefallen, in denen du in deinem hübschen Forsthaus residiert hast.«
    »Du bist doch selbst schlecht gelaunt wegen des Wetters – also lass sie in Ruhe!«, mischte sich Carras ein.
    »Das nenn ich einen Kavalier«, rief Fiona und strich dem Wolfsjungen lobend übers Haar. »Du weißt eben, was sich gehört, Carras. Der da drüben …«, sie bedachte Lex mit einem finsteren Seitenblick, »… könnte sich ruhig mal eine Scheibe von dir abschneiden.«
    »Von dem Dreikäsehoch? Da bleibt nicht mehr viel übrig, wenn ich da noch was abschneide«, murrte Lex.
    »Ein Kavalier wie ich überhört solch plumpe Beleidigungen«, entgegnete Carras betont würdevoll und zog Fiona vorsichtig die Kapuze, die an ihrem filzigen Umhang befestigt war, über den Kopf. »Ihr werdet schon nicht allzu nass werden, mein Fräulein – dank der neuen Kleider, die ich für uns besorgt habe!«, erklärte er nicht ohne Stolz.
    »Genau wie diesen Sack, den ich übrigens lange genug allein geschleppt habe«, schaltete sich Lex ein.
    Noch bevor Fiona Carras ein weiteres Mal loben konnte, hatte er den Proviantsack von seiner Schulter gehievt und dem Jüngeren unvermittelt in die Hände gedrückt.
    »Genau die richtige Aufgabe für einen Kavalier!«, meinte Lex noch und stapfte voran. Das Gewicht, das er nun zu schleppen hatte, erstickte selbst Carras’ Gesprächsbereitschaft im Keim und so schwiegen sich die drei Reisenden wieder an, während sie die Landstraße entlang schritten, die links von einem Waldstück, rechts von einem schmalen Flusslauf begrenzt wurde, der durch den Regenschauer bald plätschernd an Schwung gewann.
    Lex und Carras hatten es aufgegeben, die Gegend, in der sie Serafins Spur verloren hatten, zu durchforsten. Es war aussichtslos. Die Fährte war verloren. Stattdessen hatten sie beschlossen, der breiten Straße am Fluss zu folgen – in der Hoffnung, dass auch Mitglieder der Schwarzen Sichel auf Reisen den bequemsten Weg wählten. Irgendwann, so hatte Carras gestern noch guten Mutes verkündet, würden sie hier schon eine neue Spur der Wölfe finden; die Überbleibsel einer Lagerstelle vielleicht oder ein achtlos zurückgelassenes Kleidungsstück. Im Moment sah der Wolfsjunge allerdings alles andere als zuversichtlich aus. Keuchend schleppte er den

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