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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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jeher sprudelte Griessel schier über vor Energie, sein Körper konnte sie kaum fassen, so dass er manchmal förmlich
     zu vibrieren schien, als würde sie sich wie eine Flutwelle jeden Augenblick Bahn brechen. Und dieses Gesicht – vor zwanzig
     Jahren hatte es etwas Koboldhaftes besessen, den Ausdruck scherzhafter Rüpelhaftigkeit eines Hofnarren. Er besaß ein ansteckendes
     Lachen und war mit seinen funkelnden slawischen Augen und dem breiten Mund jederzeit zu einem treffenden Seitenhieb bereit.
     Diese Züge waren jetzt kaum noch zu erkennen. |357| Das Leben hatte ihn tief geprägt und ein Netzwerk feiner Linien hinterlassen. Aber Joubert wusste, dass in diesem Moment seine
     grauen Zellen auf Hochtouren arbeiteten. Griessel, der den ganzen Vormittag von Pontius zu Pilatus gehetzt war, konzentrierte
     sich jetzt mit jeder Nervenfaser auf die Lösung des Problems. Und wenn er sie fand, würde es richtig rundgehen. Denn Bennie
     hatte einen Ermittlerverstand, der schon seit jeher viel schneller und kreativer arbeitete als sein eigener. Er selbst ging
     langsam, methodisch und systematisch vor, während Griessel jenen Instinkt, jenes natürliche Flair und den sprühenden Erfindungsreichtum
     besaß, den Jouberts mühevolle Krämerarbeit vermissen ließ.
    »Es könnte um Drogen gehen«, sinnierte Griessel. »Ich glaube … dieser Rucksack …«
    »Bennie, der Transporter stammt aus der Fahrzeughalle der Metro-Polizei«, sagte Vusi endlich.
    Griessel starrte ins Leere. »Die Mädchen hatten … nein, ich weiß nicht. Vielleicht haben sie Drogen gestohlen. Oder besser:
     einfach mitgenommen, ohne dafür zu bezahlen …«
    Joubert wartete noch immer, bis Bennie wieder zu sich kam und ihn und Vusi anstarrte. Dann fragte er: »Stammt das Blut von
     dem Mädchen?«
    »Nein«, antwortete Griessel und konzentrierte sich auf Joubert. »Nein, das Blut stammt von einem anderen, nicht von Rachel.
     Von einem dieser Scheißkerle.« Er war sich jetzt ganz sicher. Noch während er sprach, griff er nach seinem Handy.
    Joubert kam ihm zuvor: »Bennie, lass mich bei den Krankenhäusern anrufen.«
    »Nein, Mat, das können die Kollegen vom Caledonplein erledigen«, erwiderte Bennie und befahl dem Sersanten in der Leitstelle:
     »Ich will wissen, ob irgendwo ein schwerverletzter junger Mann mit einer blutenden Wunde eingeliefert wurde, sagen wir zwischen
     achtzehn und fünfunddreißig, egal welche Hautfarbe, Muttersprache und so weiter. Gebt mir sofort Bescheid, wenn ihr etwas
     in Erfahrung bringt.« Dann sah Griessel Vusi an und fragte: »In der Fahrzeughalle der Metro?«
    »Genau. Exakt dieses Modell, exakt dieses Kennzeichen. Er |358| war als gestohlen gemeldet, die von der Metro haben ihn in Soutrivier wiedergefunden, und jetzt steht er schon seit Oktober
     in der Lagerhalle, weil der Eigentümer an einem Herzinfarkt gestorben ist und sein Nachlass blockiert wurde. Ich fahr jetzt
     los, Bennie, ich finde raus, was dahintersteckt. Wie sind die an einen Transporter aus einer Lagerhalle der Polizei gekommen?«
    Joubert sah, wie Griessels Augen flackerten, ganz kurz nur. »Was ist?«, fragte er, denn er wusste Bennies Intuition zu schätzen.
    Griessel schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.
Jissis
, ich müsste mich erst mal hinsetzen und nachdenken, aber uns bleibt keine Zeit dazu. Großartige Arbeit, Vusi, finde es raus,
     beschaff uns diesen Transporter, er ist so ungefähr das Einzige, was wir haben.« Plötzlich atmete er tief ein. »Warte!«, rief
     er Ndabeni hinterher. »Nur noch eine Frage, Vusi: Der Typ aus dem Restaurant – hat der sich die Fotos von Demidovs Leuten
     angesehen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Nichts.«
    »Okay. Danke.« Vusi eilte hinaus, und Griessel blieb mit gesenktem Kopf stehen. Mat Joubert beobachtete ihn geduldig. Eine
     ganze Weile lang. Wortlos, so dass das Ticken der Standuhr in dem großen Arbeitszimmer deutlich zu hören war. Wir beide, die
     Dinosaurier der SAPS, dachte Joubert, eine vom Aussterben bedrohte Art. Die politische Erderwärmung und der Rassen-Klimawandel
     hätten ihnen schon längst den Garaus machen sollen, aber hier waren sie immer noch, zwei alte Fleischfresser im Urwald, mit
     steifen Gliedern und stumpfen Zähnen, aber durchaus noch nicht nutzlos.
    Griessel kratzte sich in den dicken Haaren hinter seinem Ohr. Er gab einen Laut von sich: »Hu …«, drehte sich um und ging
     hinaus. Joubert folgte ihm gottergeben über die Fußmatte auf die
stoep
, an den Bougainvilleen vorbei und

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