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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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er gliche einem Fernsehstar in einer Seifenoper, die Griessel jedoch noch nie gesehen
     hatte.
    »Wir müssen uns ranhalten, wie immer, Prof.«
    »Ich habe gehört, du bist jetzt der Mentor für die neue Ermittlergeneration, Nikita.«
    »Ja, und wie Sie sehen, bin ich geradezu brillant in meinem Job«, erwiderte Griessel grinsend. Dekker stieg die Stufen zur
     Vorderveranda herauf. »Haben Sie Fransman schon kennengelernt?«
    »Ja, ich habe schon das Vergnügen gehabt. Inspekteur Dekker, ich bewundere Ihr beherztes Eingreifen.«
    |80| Dekkers Anspannung hatte sich noch nicht gelegt. »Morgen, Prof.«
    »Wenn man dem Gerücht glauben darf, handelt es sich bei dem Mordopfer um Adam Barnard?«
    Dekker und Griessel nickten im Takt.
    »Kann man mit Waffen gegen ein Meer kämpfen?«, unkte Pagel.
    Die Ermittler sahen ihn verständnislos an.
    »Ich missbrauche Hamlet, um auszudrücken, dass uns dicker Ärger erwartet, Kollegen.«
    »Aha«, sagten die Ermittler. Das waren klare Worte.
     
    In der Bibliothek unterhielten sie sich, während Pagel sich neben die Leiche kniete und seine Arzttasche öffnete.
    »Sie war es nicht, Fransman«, sagte Griessel.
    »Bist du dir hundertprozentig sicher?«
    Griessel zuckte die Achseln. Niemand konnte hundertprozentig sicher sein. »Es ist nicht nur wegen ihrer Aussage, Fransman.
     Vieles passt einfach nicht zusammen.«
    »Sie könnte jemanden beauftragt haben.«
    Griessel musste zugeben, dass das kein schlechtes Argument war. Dass Frauen andere dafür bezahlten, sie von ihren Ehemännern
     zu befreien, war der neue Nationalsport. Aber er schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich. Man bezahlt niemanden dafür, es
     so aussehen zu lassen, als hätte man es selbst getan.«
    »In diesem Land ist alles möglich«, sagte Dekker.
    »Amen«, sagte Pagel.
    »Apropos ›Quintessenz des Staubes‹, Prof – haben Sie Barnard gekannt?«, fragte Griessel.
    »Flüchtig, Nikita. Größtenteils vom Hörensagen.«
    »Was war das Wichtigste in seinem Leben?«, fragte Dekker. »Musik«, antwortete Pagel. »Und Frauen.«
    »Genau dasselbe sagt auch seine Witwe«, bemerkte Griessel.
    »Als hätte sie noch nicht genug gelitten«, erwiderte Pagel.
    »Wieso, Prof?«, fragte Dekker.
    »Wussten Sie, dass sie ein Star war?«
    »Nein, Prof«, antwortete Dekker erstaunt.
    Pagel blickte beim Reden nicht auf, sondern beschäftigte sich |81| weiterhin mit seinen Instrumenten und der Leiche. »Barnard hat sie ›entdeckt‹, wobei mir dieser Begriff seit jeher suspekt
     war. Eigentlich weiß ich auch nicht viel darüber, Kollegen, denn wie ihr wisst, gilt meine Liebe hauptsächlich der klassischen
     Musik. Ich weiß nur, dass er früher Anwalt war und zufällig in das Musikbusiness geraten ist. Xandra war sein erster Star
     …«
    »Xandra?«
    »Ihr Künstlername«, erklärte Griessel.
    »Sie war also Sängerin?«
    »Ja, und zwar eine sehr gute«, antwortete Pagel.
    »Wie lange ist das her, Prof?«
    »Fünfzehn, zwanzig Jahre?«
    »Ich habe noch nie von ihr gehört«, sagte Dekker kopfschüttelnd.
    »Sie ist von der Bildfläche verschwunden. Ziemlich plötzlich.«
    »Sie hat ihn mit einer anderen erwischt«, erklärte Griessel. »Damals hat sie angefangen zu trinken.«
    »So behaupten es auch die Gerüchte. Meine Herren, inoffiziell und ohne Gewähr: Ich vermute, der Todeszeitpunkt liegt so ungefähr
     …« Pagel sah auf seine Armbanduhr. »… zwischen zwei und drei Uhr morgens. Wie ihr sicherlich schon kombiniert habt, sind zwei
     Schüsse aus einem Kleinkalibergewehr die Todesursache gewesen. Die Lage der Einschüsse und die geringen Explosionsrückstände
     deuten darauf hin, dass die Schüsse aus einer Entfernung von zwei bis vier Metern abgegeben wurden. Der Schütze muss ziemlich
     gut gewesen sein, denn die Wunden liegen weniger als drei Zentimeter auseinander.«
    »Und er wurde nicht hier erschossen«, fügte Dekker hinzu.
    »In der Tat.«
    »Nur zwei Wunden?«, fragte Griessel.
    Der Rechtsmediziner nickte.
    »Mit seiner Pistole sind drei Schuss Munition abgefeuert worden.«
    »Prof«, sagte Dekker, »die Frau behauptet, sie sei Alkoholikerin. Sie sagt, sie sei gestern Abend betrunken gewesen. Ich habe
     ihr Blut abnehmen lassen, aber wird uns das etwas nützen, acht bis zehn Stunden nach der Tatzeit?«
    |82| »Ach, Fransman, wir arbeiten heutzutage mit Äthyl-Glucuronid. Damit können wir Blutalkohol noch 36 Stunden nach der Einnahme
     nachweisen. Im Urin sogar bis zu fünf Tage nach dem letzten

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