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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Schlag so wirklich,
     als hätte jemand eine helle Lampe eingeschaltet und er müsste gegen das grelle Licht anblinzeln.

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    |143| 10:10 – 11:02
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    »Nein!«, sagte Inspekteur Mbali Kaleni mit großer Entschlossenheit.
    Superintendent Cliffie Mketsu, Dienststellenleiter von Bellville, reagierte nicht. Er wusste, dass er warten musste, bis sie
     ihre Munition verschossen hatte, seine unerbittliche, standpunkttreue, knallharte Ermittlerin.
    »Und was ist mit den anderen Frauen, die verschwunden sind?«, fragte sie, und ihr rundes Gesicht verzog sich zu einer unzufriedenen
     Grimasse. »Was ist mit der Frau aus Somalia, bei der niemand mir helfen wolle? Warum trommeln wir nicht alle Einsatzkräfte
     zusammen, um an ihrem Fall zu arbeiten?«
    »Welche Frau aus Somalia, Mbali?«
    »Die Frau, deren Leiche schon seit zwei Wochen im Leichenschauhaus von Soutrivier liegt. Die Rechtsmediziner behaupten, sie
     habe keine Priorität, sie könne ja eines natürlichen Todes gestorben sein. Eines natürlichen Todes? Weil sie eine vereiterte
     Wunde hatte, weil sie in einer Hütte aus Pappe und Brettern gestorben ist, völlig mittellos? Und niemand ist bereit, mir zu
     helfen, weder das Innenministerium noch der Personensuchdienst, nicht mal die Wachen, und das, nachdem ich allen ein Foto
     von ihr geschickt hatte mit der Bitte, Aushänge zu machen. Und dann komme ich hin, und nichts ist passiert, und die zucken
     nur mit den Achseln und wissen nicht mal, wo das Bulletin geblieben ist. Aber wehe, eine Amerikanerin verschwindet, dann springen
     plötzlich alle durch brennende Reifen.« Ablehnend verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Aber ich nicht.«
    »Du hast recht«, gab Cliffie Mketsu äußerst geduldig zu. Er glaubte fest daran, dass Kaleni von ihrem Vater geprägt worden
     war. In einem Land, in dem die Väter meist durch Abwesenheit glänzten, war sie in einem intakten Elternhaus großgeworden, |146| erzogen von zwei starken Persönlichkeiten. Ihre Mutter war Krankenschwester, ihr Vater KwaZulu-Schuldirektor, ein gebildeter
     Mann, eine Stütze der Gesellschaft, der sein einziges Kind sorgfältig und zielstrebig mit einer eigenen Perspektive ausgerüstet
     hatte, mit einem glasklaren Urteilsvermögen und dem Selbstvertrauen, ihre Meinung lauthals kundzutun. Deswegen hatte Mketsu
     ihr diese Chance gegeben.
    »Ich weiß, dass ich recht habe.«
    »Aber der Kommissaris hat ausdrücklich dich angefordert.«
    Sie gab einen verärgerten Laut von sich.
    »Der Fall ist von nationaler Bedeutung.«
    »Von nationaler Bedeutung?«
    »Der Tourismus, Mbali, der Tourismus ist für uns lebenswichtig. Devisen. Arbeitsplätze. Der Tourismus ist unsere größte Einnahmequelle,
     unser stärkster Motor des Fortschritts.«
    Er sah, dass ihr Widerstand allmählich abbröckelte. Sie ließ die Arme sinken. »Sie brauchen dich, Mbali. Du sollst den Fall
     übernehmen.«
    »Aber was ist mit all den anderen Frauen?«
    »Wir leben in einer unvollkommenen Welt«, antwortete er leise.
    »Das muss nicht sein«, erwiderte sie und stand auf.
     
    Um zehn nach drei morgens saß Bill Anderson auf dem alten Zweisitzer-Ledersofa in seinem Arbeitszimmer, den rechten Arm um
     seine weinende Frau gelegt, in der linken Hand einen Becher Kaffee.
    Obwohl er äußerlich ruhig wirkte, konnte er in der Stille der North Salisburystreet seinen eigenen Herzschlag hören. Mit den
     Gedanken war er teils bei seiner Tochter, teils bei den Eltern ihrer Freundin, Erin Russel. Wer würde ihnen die furchtbare
     Nachricht überbringen? Sollte er sie anrufen? Oder sollte er auf die offizielle Bestätigung warten? Was konnte er tun? Denn
     er wollte, er musste irgendetwas tun, um seiner Tochter zu helfen, sie zu beschützen, aber wo sollte er ansetzen? Er wusste
     nicht einmal, wo sie sich in diesem Augenblick aufhielt.
    »Sie hätten niemals fahren dürfen«, schluchzte seine Frau. |147| »Wie oft habe ich es ihnen gepredigt? Warum sind sie nicht nach Europa gereist?«
    Anderson wusste nicht, was er ihr antworten sollte. Er zog sie nur noch fester an sich.
    Dann läutete das Telefon. Es klang schrill am frühen Morgen. Anderson verschüttete etwas Kaffee aus seinem Becher, als er
     hastig aufstand. Dann meldete er sich.
    »Bill, ich bin’s, Mike. Es tut mir leid, es hat eine Weile gedauert, bis ich das Kongressmitglied ausfindig machen konnte.
     Er ist mit seiner Familie oben in Monticello. Ich habe bis eben mit ihm telefoniert, und er will unverzüglich alle

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