Drimaxid 01 - Die Zelle
ausgegraben hatte) und betete sein eigenes Gebet.
»Es gibt keinen Herrn. Scheiß auf den Herrn«, flüsterte er leise mit rauer Stimme vor sich hin.
Den Kameras war es egal. Sie waren keine stählernen Priester oder Engel oder seine Mutter, die ihn mit Elektroschocks statt mit Ohrfeigen zu einem strengen Glauben erziehen wollten.
Akustische Sensoren , dachte er zufrieden.
Vielleicht erwartete irgendjemand, dass er etwas von sich erzählte. Adam nahm sich vor genau das nicht zu tun. Er würde so lange irgendwelches, zusammenhangloses Zeug reden und es immer und immer wiederholen, bis der Typ vor dem Monitor durchdrehte und ihn endlich freiließ.
Er verfluchte noch eine ganze Weile den Herrn, der ihm in dieser schrecklichen Lage nicht beistand, dann fing er doch wieder an zu beten. Es konnte ja nicht schaden. Hunger und Durst machten sich immer stärker bemerkbar. Das Sprechen fiel ihm mit der Zeit schwerer. Seine Lippen waren spröde und bluteten bald. Er hustete, was die Kameras nicht als Laut durchgehen ließen.
Sie können meine Stimme erkennen , erschrak er.
Über ihm wurde ein unheimliches Kratzen laut.
Adam hatte den Blick demutsvoll gesenkt und wirkte nun wirklich wie eine verirrte Seele, die in den Beichtstuhl gekommen war, um vom Pfarrer die Absolution zu erhalten.
Das unheimliche Kratzen ließ ihn aufsehen.
»Herr, ich habe gesündigt«, gestand er.
Die Kameras blickten ihn erwartungsvoll an. Adam konnte spüren, wie sich sein Peiniger interessiert nach vorne beugte und mit der Stirn fast am Bildschirm festklebte. Er legte eine kurze Kunstpause ein. Die Kameras luden sich knisternd auf. Adam wartete geduldig, bis sie kurz davor waren wieder den blitzenden Funkenregen zu versprühen.
Erst als es fast so weit war, erhob er wieder seine Stimme und verkündete: »Ich habe gesündigt, denn ich bin Soldat des 1. Sturmtrupps der United Planets und als solcher hätte ich schon lange aus dieser Zelle fliehen und dem Penner, der mich hier eingesperrt hat, die Fresse polieren sollen!«
Er sprang auf und schlug wuchtig gegen die Wand. Ein-, zwei Mal. Schließlich traf eine ganze Salve aus Faustschlägen die Wand. Adam trat auch zu. Immer und immer wieder hob er seinen Fuß und kickte mit den nackten Zehen gegen die Stahlplatten. Die Kameras fingen jede seiner Bewegungen surrend ein und huschten allesamt unentwegt hin und her.
Schließlich sank Adam völlig erschöpft an der Wand herab und sprach wieder leise vor sich hin. Blessuren übersäten seine Hände und Füße. Die Wände wiesen nicht einmal einen Kratzer auf. Nicht einmal einen Kratzer …
Das unheimliche Kratzen über ihm wurde lauter. Ein leises Huschen, gefolgt von einem lang gezogenen Scharren, als würden scharfe Krallen über Metall ritzen. Adam stellte fest, dass die bizarren Laute nicht von den Kameras kamen. Da war noch etwas Anderes. Etwas kletterte über den Würfel hinweg. Etwas Großes, Schweres. Adam hörte ein dumpfes Pochen.
Ein Monster?
Einer der schwarzen Scherenschnittmänner , der ihm und den anderen Soldaten ins Fluchtschiff gefolgt war?
Oder wollte man wieder einmal seine Reaktion testen? So wie man es mit dem Hunger tat? Mit dem Durst? Mit der Isolation? Mit der Kälte? Mit den Schmerzen?
Eine Prüfung? Ein Test?
Adam wusste es nicht.
Irgendwie glaubte er nicht mehr daran, dass es wirklich Menschen waren, die ihn hier gefangen hielten. Was war geschehen, nachdem der Schatten in seinen Krater kriechen wollte und Adam ihn erstochen hatte?
Adam wusste es nicht.
Er konnte sich an sein ganzes Leben erinnern. An keine bestimmten Bilder mit Ausnahme der Erinnerung an seine Eltern. Dennoch kannte er jedes wichtige Ereignis. Als würde sein ganzes Leben tabellarisch aufgeschlüsselt vor ihm liegen. Eine emotionslose Aufreihung von Informationen.
Aber keine Bilder. So sehr er sich auch anstrengte.
Keine Bilder-Adam versuchte krampfhaft wach zu bleiben. Schwere Gewichte schienen an seinen Augenlidern zu hängen. Er war der absoluten, körperlichen und seelischen Erschöpfung näher als jemals zuvor in seinem Leben. Immer wieder nickte er kurz ein (nur für Sekunden!) und schreckte dann wieder auf.
Er betete.
Er betete um sein Leben.
Die Kameras lauschten und beobachteten.
Du musst Buße tun, Ungläubiger , schienen die starren Linsen zu sagen.
Nein, keine Buße , erwiderte Adam. Nur sprechen. Akustische Sensoren. Sie können meine Stimme erkennen.
Seine Lippen formten unentwegt die heiligen Worte und bewegten sich
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