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Drimaxid 01 - Die Zelle

Drimaxid 01 - Die Zelle

Titel: Drimaxid 01 - Die Zelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Bader
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groteske Mobile des Universums , dachte Adam finster.
    Am Ende verging auch dieses Gefühl und endlich nahm auch Adam die absolute Dunkelheit wahr. Er befand sich in einem Aquarium, das man mit Teer gefüllt hatte.
    Adam begann zu zählen.
    »1 …2 …3 …«
    Leise und regelmäßig. Wie das hin und her schwingende Pendel unter einer Uhr.
    »…4 …5 …6 …«
    Eine Stunde, 12 Minuten und 36 Sekunden , erinnerte er sich.
    Er konnte nicht einmal seine eigene Hand vor Augen sehen. Dafür wurden seine anderen Sinnesorgane schlagartig schärfer. Adam hörte seinen eigenen Atem überlaut. Er roch den Gestank von Urin, der auf sein orangefarbiges Leibchen getropft war, weil er nicht abgeschüttelt hatte. Er schmeckte Salz auf seinen spröden Lippen. Und er fühlte die Wärme.
    Sein Körper schlotterte plötzlich nicht mehr. Normalerweise wäre er in einer solchen Situation völlig durchgedreht. Er hasste Dunkelheit. Aber die angenehme Wärme, die sich in dem Raum ausbreitete, machte seine ausweglose Situation irgendwie erträglicher. Adam lehnte sich gegen die Wand und sank langsam daran herab.
    Er fragte sich, ob die Kameras zurückgekommen waren. Ob sie ihn auch in der Finsternis aufzeichnen konnten. Technisch gesehen stellte dies kein großes Problem dar. Adam winkte mit seiner Hand und wartete gespannt auf das verdächtige Summen der Kameras. Nichts.
    Sie blieben spurlos verschwunden. Aber Adam hatte sowieso mittlerweile eine ganz eigene Theorie entwickelt, was die Kameras anging. Diese hatten seiner Meinung nach nur sekundär dazu gedient ihn aufzuzeichnen. Heutzutage gab es viel kleinere Kameras, so winzig wie ein Hemdknopf, die in den schmalen Ritzen zwischen den Metallplatten stecken mochten. Ihr Primärauftrag war es gewesen ihn zu erschrecken. Ihn zu quälen. Ihm ein Ziel zu geben, auf das er seinen Hass richten konnte.
    Aber warum nur?
    Die Finsternis hatte sich wie ein schwarzer Mantel über ihm ausgebreitet. Adam hockte da und versuchte nicht durchzudrehen. Sein Herz pochte schnell und hart gegen seine Brust. Der Atem raste. Er räusperte sich laut und hoffte, dass das Geräusch ihn beruhigen würde. Das Gegenteil war der Fall. Adam bemerkte dadurch seine eigene Unsicherheit und wurde noch nervöser.
    Pure, nackte Angst übernahm die Kontrolle über ihn. Er begann körperlose Schatten in der Dunkelheit zu sehen. Die zuckenden Leiber von Männern, die sich allesamt wie Zwillinge glichen. Adam hatte als Kind früher selbst gerne Scherenschnitte gemacht. Einen schwarzen Karton mehrmals gefaltet und ein Muster, zum Beispiel einen Mann ausgeschnitten. Wenn er den Karton dann wieder aufgeklappt hatte, war eine ganze Reihe der schwarzen Scherenschnittmänner entstanden.
    Eine Armee …
    Nur nicht an den Schrank denken , warnte er sich selbst. Eine Stunde, 12 Minuten und 36 Sekunden …
    Er hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen und ersticken zu müssen. Adam griff sich an den Hals und ächzte. Stress! Seine Lungen hatten aufgehört sich mit Luft zu füllen, wie zwei aufgeblasene Luftballons.
    Weiter atmen, weiter leben, weiter kämpfen , spornte er sich selbst an.
    »…37 … 38 … 39 …«, zählte er laut weiter.
    Der Boden unter seinen nackten Füßen war plötzlich nicht mehr angenehm warm, sondern heiß. Adam hüpfte hin und her. Schließlich schlüpfte er aus seinem orangefarbigen Leibchen und setzte sich auf den zerrissenen Stofffetzen. Die Metallplatten waren glühend heiß, wie Wüstensand. Ungleich schlimmer wie die Hitze traf ihn das Schamgefühl. Die schreckliche Erniedrigung hier völlig unbedeckt zu sitzen und seine Extremitäten nur mit den bloßen Händen zu verbergen.
    »… 120 … 121 … 122 …«, fuhr er fort, ohne innezuhalten.
    Er wollte nicht aus dem Takt kommen. Später würde er das Ergebnis in Minuten umrechnen, indem er es durch 60 Sekunden teilte. Vielleicht danach noch einmal durch 60 Minuten um die Stundenzahl rauszubekommen. Er wusste ja nicht, wie lange die Dunkelheit andauern mochte.
    Nur nicht an den Schrank denken …
    Eine Stunde, 12 Minuten und 36 Sekunden.
    4356 Sekunden.
    Eine halbe Unendlichkeit; sich drei Mal wünschen zu sterben, fünf Mal darüber nachdenken, ob man sich selbst umbringen soll, zwei Mal den Verstand verlieren, ein Mal schreien, rufen, toben. Aber nur ganz kurz, weil die Kräfte lahmen. Hier würde das Aufbäumen noch kürzer sein, wegen der Hitze. Dunstige Schwaden stiegen vom Boden auf. Wie Giftgas.
    Er musste husten, zählte aber unbeirrt

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