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Drimaxid 01 - Die Zelle

Drimaxid 01 - Die Zelle

Titel: Drimaxid 01 - Die Zelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Bader
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sie herum und schlug wuchtig mit der geballten Faust auf den Türöffner.
    »Nein!«, schrie Adam, aber es war schon zu spät.
    Die Schleuse schloss sich mit demselben, mechanischen Zischen, mit dem sie sich vorhin aufgetan hatte. Unglücklicherweise lenkte sein Schrei die Aufmerksamkeit der Gestalt auf ihn. Der Neuankömmling fuhr herum und Adam konnte zum ersten Mal das Gesicht sehen. Es war ungewöhnlich hübsch.
    Die Haut war bleich und wirkte zerbrechlich, wie der Porzellankörper einer Puppe. Sinnliche, rote Lippen. Die Augen glühten in einem giftgrünen Ton. Die Augenbrauen waren schmal und fein säuberlich gezupft.
    Als der Knabe die Skalpelle in Adams Händen erblickte, zuckte er sichtbar zusammen und bekam diesen wahnsinnigen Blick, den eingesperrte Tiere haben.
    »Hab keine Angst«, begrüßte Adam den Neuankömmling und legte die Skalpelle beiseite. »Ich will dir nichts tun.«
    Der Knabe sah immer noch so aus, als würde er sich jeden Augenblick auf ihn stürzen, aber Adam war einfach nur froh, dass er noch einem Bewohner des Fluchtschiffs begegnet war. Da war er schon einmal bereit dieses kleine Risiko einzugehen, um das Vertrauen des Jungen zu gewinnen.
    »Ich heiße Adam.«
    Während Adam sprach, benutzte er eine Art Gebärdensprache, die er sich selbst ausdachte. Zuerst deutete er auf seine Brust und anschließend formten seine Lippen seinen Namen.
    »Wie heißt du?«
    Adam näherte sich dem Knaben. Der Jüngling fuhr erschreckt zusammen. Seine Augen suchten nach einer Fluchtmöglichkeit. Doch die Schleuse hinter ihm hatte sich längst vollständig geschlossen.
    »Ich will dir nichts tun«, wiederholte Adam und machte eine versöhnliche Geste mit seinen Händen. »Ich bin ein Freund.«
    Er wusste nicht, wie er das Wort »Freund« mit Gebärden ausdrücken sollte und beschloss die lächerlichen Handbewegungen zu unterlassen. Selbst wenn der Knabe schwerhörig oder gar taub war, würde er Adams groteske Gestik wohl nicht verstehen.
    Der Blick des Knaben glitt in die Runde. Er streifte auch Roland, aber genauso flüchtig wie die Schränke und die Krankenliegen, so als würde er ihn gar nicht bewusst wahrnehmen.
    So fühlt er sich wenigstens nicht umzingelt und konzentriert sich auf mich , dachte Adam.
    »Wie heißt du?«
    Die grünen Augen fixierten ihn und ließen nicht mehr von ihm ab. Blicke wie giftige Schlangen, die sich an ihm festgebissen hatten. Adam spürte das Verlangen wegzusehen, aber damit würde er Schwäche zeigen. Der Blickkontakt war ein Showdown ohne Pistolen. Ein Duell der Blicke.
    »Ich …« Der Knabe deutete auf seine Brust, so wie Adam es vorhin getan hatte.
    Dann verdrehte er plötzlich seine Augen und brach zusammen. Adam erwachte aus seiner Erstarrung und wollte den Jüngling auffangen, aber er kam zu spät. Der Kopf des Knaben prallte wuchtig auf dem Boden auf. Adam schob seine Arme unter Kopf und Beine des Neuankömmlings und hob ihn hoch. Dabei fiel die Kapuze des Jünglings herunter und Adam erlebte eine neuerliche Überraschung: Der Knabe hatte langes Haar, das wie flüssiges Gold aus der Kapuze rann.
    Adam trug den Neuankömmling zur nächsten Krankenliege. Mit fliegenden Fingern öffnete er die Knöpfe des grauen Kittels und zog ihn aus. Darunter trug der Jüngling eine enge, schwarze Hose und einen schwarzen Pullover unter dem sich eindeutig weibliche Formen abzeichneten, die der weite Kittel hervorragend touchiert hatte.
    Der Knabe ist eine Frau! , bemerkte Adam überrascht.
    Er blickte auf das bezaubernde Antlitz der Ohnmächtigen, die aussah als würde sie wie Dornröschen in einem magischen Schlaf schlummern, und wusste, dass ihnen neue Probleme bevorstanden.
    Große Probleme …
     
    *
     
    Adam führte den Löffel zu ihren Lippen und sie schlürfte die lauwarme Suppe. Die junge Frau war erst vor wenigen Minuten zu sich gekommen, nachdem sie mindestens zwei Stunden sehr tief geschlafen hatte. Die Suppe hatte Adam in ihrem Kittel gefunden, dessen Taschen mit diversen Lebensmitteln voll gestopft gewesen waren. Die neuerlichen Vorräte würden ihnen erlauben mindestens noch weitere vier Tage auf der Krankenstation zu überleben.
    »Wie heißt du?«, fragte Adam.
    Die grünen Augen musterten ihn eindringlich.
    »Mein Name … Eve …«, sagte die junge Frau.
    Sie sprach, als hätte sie sich schon sehr lange nicht mehr mit einem Menschen unterhalten. Adam überlegte, wie lange sie schon auf dem Raumschiff waren. Bewusst hatte er vielleicht eine Woche erlebt. Aber dann

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