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Drimaxid 01 - Die Zelle

Drimaxid 01 - Die Zelle

Titel: Drimaxid 01 - Die Zelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Bader
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handelnder Organismus, wie der Mensch es war. Er verfolgte primitive Ziele, wie ein Tier. Er tötete gern, schmierte sich menschliches Blut in sein schwarzes Gesicht und brach Arme und Beine, einfach nur so aus Verlangen.
    Adam versuchte die unheimlichen Laute zu analysieren. Seit sie eingesetzt hatten, waren sie fast völlig monoton geblieben. Allerdings überstiegen sie die Geräusche vom letzten Mal, was die Lautstärke anging, um ein Vielfaches. Er zerlegte die Geräusche in einzelne Laute, als würde er eine Leiche sezieren.
    Da war zuerst dieses lang gezogene Scharren, das ihm schon öfter aufgefallen war und das auch deutlich aus der Vielzahl der anderen Geräusche hervorstach. Als würde jemand seine Fingernägel über eine Schiefertafel ziehen.
    Aber da gab es noch so viele andere Töne. Das emsige Kratzen, das besessene Wühlen, ein dumpfes Pochen, wie von leichten Schlägen. Er musste sie alle analysieren, wenn er herausfinden wollte, was hinter dem Mysterium dieser Laute steckte.
    »Adam?«
    Es war Eves Stimme.
    »Was ist?«
    »Kann ich mich zu dir legen?«
    Er hob seinen Blick und Eve stand direkt neben ihm. Sie hielt das weiße Laken wie eine Schmusedecke in der Hand. Sie erinnerte ihn an ein kleines Kind, das in der Nacht vom Donner aufgeweckt worden war und sich nun im Bett der Eltern vor den unbekannten Geräuschen verstecken wollte.
    »Meinetwegen«, knurrte er.
    Adam war ein Soldat und kein Familienmensch. Die Anweiser hatten ihn (sehr erfolgreich) darauf getrimmt keine Gefühle zuzulassen und Anzeichen von Schwäche bei seinen Mitmenschen zu verabscheuen.
    Eve wartete darauf, dass er zur Seite rutschte, aber die Krankenliege war für seine Begriffe zu schmal für zwei Personen. Sicher, es wäre trotzdem gegangen. Aber körperliche Nähe verwirrte ihn und Verwirrung war das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte.
    Er zog eine weitere Krankenliege neben die seine. Eve setzte sich erst einmal und breitete die Decke über ihnen beiden aus. Adam schlug den Stoff wieder zurück und beging damit einen weiteren von vielen Vertrauensbrüchen. Natürlich fiel es Eve auf. Sie legte sich auf die Seite und drehte sich so, dass sie ihm den Rücken zuwandte. Eine durch und durch kindische Geste. So einfach und doch so wirkungsvoll. Sie rammte ihm einen Eispickel ins Herz.
    Die Geräusche dauerten weiter an.
    Waren sie schon näher gekommen?
    Wir kommen … Wir kommen …
     
    *
     
    Beim nächsten Erwachen waren die Geräusche auf dieselbe, wundersame Weise verstummt, wie damals in der Zelle die Kameras plötzlich verschwunden waren.
    Nichts geschieht hier auf wundersame Weise , dachte Adam. Alles hat einen tiefen Sinn, den ich allerdings jetzt noch nicht verstehen kann.
    Sie verbrachten drei weitere Wach- und vier Schlafperioden damit den Rest der Schränke zu durchwühlen. Sie aßen, tranken, gingen ihrem Stoffwechsel nach und schliefen. Eve hätte auch weiter neben ihm geschlafen, aber Adam hatte sich auf die Liege in der Ecke zurückgezogen, die neben der schmalen Luke stand und von der aus er alles beobachten konnte.
    Die Nähe der Zelle hatte etwas Vertrautes. Er fragte sich, ob er die Einsamkeit in dem stählernen Würfel nicht doch irgendwie genossen hatte. Natürlich beantwortete er die Frage nicht, aus Angst davor, dass es vielleicht tatsächlich so gewesen war.
    Ihr Lebensmittelvorrat schrumpfte beharrlich zusammen. Eve sagte nichts mehr, wenn er Roland zu essen gab, aber sie bedachte ihn jedes Mal mit einem finsteren Blick.
    Futterneid , nannte er diesen Blick. Bei Tieren kommt das häufig vor.
    Adam selbst aß immer weniger und verlor an Gewicht. Er hatte noch lange nicht die Stufe erreicht, wo ihm plötzlich schwindlig wurde, doch er spürte, dass seine Kräfte schwanden. Der Hunger quälte ihn ständig, aber Adam hatte inzwischen gelernt mit dem Gefühl umzugehen. Es war zu einem treuen Gefährten geworden.
    Eve hatte sich eine Infusion verpasst. Irgendein Schmerzmittel gegen die Unterleibsschmerzen, die sie in den letzten Tagen (Wochen?) immer stärker gepiesackt hatten. Manchmal lag sie minutenlang stöhnend auf der Seite und kniff sich zwischen die Beine. Adam hatte die Sekunden gezählt, in denen sie kaum Luft bekam und wie ein Fisch auf dem Trockenen röchelte.
    Bei 4356 hatte er immer aufgehört und wieder von vorne begonnen. Er konnte nicht weiter als 4356 zählen.
    Eine Stunde, 12 Minuten, 36 Sekunden.
    Einmal dauerten ihre Schmerzen fast zwei Mal ganze 4356 Sekunden an. Als er es in

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