Dringernder Verdacht
ich identifizieren. Das zweiteilige »Ensemble« war die
Kreation eines Mode-Designers, der ein Vermögen damit verdiente, Frauen
unförmig, aufgetakelt und dumm aussehen zu lassen. Sie wandte sich ab und
humpelte so rasch auf ihren Wagen zu, dass ihr Körper schaukelte.
Ich zupfte Henry am Arm. »Bin sofort
wieder da.«
Simone rannte zwar nicht direkt, aber
es war ganz offensichtlich, dass sie nicht mit mir sprechen wollte. Ich verfolgte
sie strammen Schrittes und holte auf. »Simone, könnten Sie bitte einen Moment
warten?«
Sie blieb stehen und ließ mich
herankommen.
»Warum so eilig?«
Sie wandte sich mir zu, kalte Wut in
der Stimme. »Rhe Parsons hat mich angerufen. Sie sind im Begriff, Tippys Leben
zu ruinieren. In meinen Augen sind Sie eine miese Person, und ich will nicht
mit Ihnen reden.«
»Hey, warten Sie. Ich habe Neuigkeiten
für Sie. Ich sauge mir die Dinge doch nicht aus den Fingern. Ich werde dafür
bezahlt, dass ich Ermittlungen...«
Sie fiel mir ins Wort. »Ach, ja? Was
Sie nicht sagen. Und wer hat Sie bezahlt? David Barney vielleicht? Er sieht gut
aus und ist wieder zu haben. Bestimmt ist er gern zu einem kleinen Handel
bereit.«
»Selbstverständlich hat er nichts damit
zu tun. Was haben Sie denn? Wenn sie eine Straftat begangen hat...«
»Das Mädchen war sechzehn Jahre alt!«
»Das Mädchen war betrunken«, sagte ich.
»Es ist mir egal, wie alt sie war. Sie muss die Verantwortung...«
»Kommen Sie mir nicht mit diesem
moralischen Geschwätz. Dafür habe ich keine Zeit«, sagte sie, schon wieder im
Gehen. Sie erreichte ihren Wagen und fummelte mit dem Schlüssel herum. Sie
stieg ein und knallte die Tür zu.
»Sie sind sauer, weil David Barney
dadurch aus dem Schneider ist.«
»Ich bin sauer, weil David Barney ein
grässlicher Kerl ist. Ein verachtenswerter Mensch. Weil anständige Leute leiden
müssen, während die übelsten Typen mit allem davonkommen.«
»Denken Sie wirklich, nur weil man
jemanden nicht leiden kann, darf man getrost zusehen, wie er zu Unrecht wegen
Mordes verurteilt wird?«
»Er hat Iz gehasst.« Sie steckte den
Schlüssel ins Zündschloss, ließ den Motor an und löste die Handbremse.
»Das heißt noch lange nicht, dass er
sie ermordet hat. Ihnen hätte es schließlich auch nicht an einem Motiv
gefehlt.«
»Mir?«
»Der Unfall, bei dem Sie verletzt
wurden, war doch Isabelles Schuld, oder nicht? Soviel ich gehört habe, hat sie
in betrunkenem Zustand den Wagen in der Einfahrt stehen lassen, ohne die
Handbremse anzuziehen. Ihretwegen mussten Sie die Hoffnung begraben, jemals
Kinder zu bekommen. Das ist ein hoher Preis, wenn man sowieso die meiste Zeit
hinter jemandem den Dreck weggeräumt hat. Das kann doch nicht spurlos an Ihnen
vorüber...«
»Das ist ja lächerlich. Wegen so etwas
ermordet man doch niemanden.«
»Und ob. Gucken Sie nur mal an einem
x-beliebigen Tag in die Zeitung.«
»David Barney ist ein Dreckskerl. Er
würde alles tun, um die Schuld von sich abzuwälzen.«
»Das weiß ich nicht von ihm. Ich weiß
es von jemand anderem.«
»Von wem?«
»Dazu möchte ich mich lieber nicht
äußern...«
»Jedenfalls ist es Ihre eigene
Dummheit, wenn Sie das glauben.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich es
glaube, aber der Grundgedanke ist entscheidend.«
»Und der wäre?«
»Auch andere Leute hätten ein Motiv
gehabt, Isabelle den Tod zu wünschen. Wir waren alle so fixiert darauf, dass es
David Barney war, dass wir in anderen Richtungen gar nicht mehr gesucht haben.«
Sie schien einen Moment sprachlos. Dann
trat etwas Hintergründiges in ihren Blick. »Na gut. Wieso suchen Sie dann nicht
in der richtigen Richtung?«
»Was meinen Sie?«
»Ich meine Yolanda Weidmann. Isabelle
hat Peters Firma ruiniert, als sie ausgestiegen ist. Er hat ihr ihre Karriere
überhaupt erst ermöglicht. Er hat einen Haufen Zeit und Geld investiert, als
niemand sonst einen Finger für sie rühren wollte. Sie müssen sich klar machen,
was für eine verrückte Person Isabelle war. Sprunghaft, selbstzerstörerisch,
dazu der viele Alkohol und die Drogen. Sie hatte keinen Abschluss. Sie hatte
nichts vorzuweisen, ehe Peter sich ihrer angenommen hat. Er war ihr
Lehrmeister, und sie hat ihn nach Strich und Faden verschaukelt. Sie hat ihn
einfach sitzen lassen, nach allem, was er für sie getan hatte. Und dann noch
die Geschichte mit seinem Herzinfarkt. Das war die Krönung. Offiziell kam es
vom Stress und der Überarbeitung. Aber die Wahrheit ist, dass sie ihm das Herz
gebrochen
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