Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
irgendwas kombinieren. Also treffen wir uns in München im Vier Jahreszeiten, Helmut Thoma kommt später noch dazu, und wir werden uns relativ schnell einig. Dass ich dann nach Köln hätte umziehen müssen, ist mir erst später aufgefallen, aber da war’s eh schon egal.
Gegen ein Uhr nachts sind wir erfolgreich mit dem Verhandeln und mit dem Kombinieren fertig – Mahr, mein getreuer Freund und Berater Roland und ich. Als wir das Hotel verlassen, wienert der Mahr Hansi: »Heast, gemma no auf an Absacker ins Schumann’s.« Ich habe grundsätzlich nie etwas gegen einen Absacker im Schumann’s, nichts liegt mir ferner – aber wenn wir unseren Deal geheim halten wollten, sollten wir vielleicht nicht unbedingt gemeinsam im Schumann’s auf schlagen, in dem nachts die halbe Münchner Medienszene ihren Absacker zu sich nimmt. Dann steht es nämlich am über nächsten Tag in allen Zeitungen.
Der Informationsdirektor war nicht zu überzeugen: »Mir geh’n ins Schumann’s, aber höchste Geheimhaltungsstufe!« Schumann’s und Geheimhaltung – das sind zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen. Also ich zu ihm: »Dann kannst du genauso gut gleich morgen früh eine Presseerklärung raus geben, dass ich RTL -Sportchef werde.« Aber der Mahr Hansi wollte partout ins Schumann’s, bei so was ist er eigen. Wir also zu Fuß rüber, und weil Geheimniskrämerei angesagt ist, bin ich nicht an meinen Stammplatz rechts an der Bar, sondern auf die linke Seite an einen Tisch. James Bond wäre stolz auf unsere Geheimhaltungsmaßnahmen gewesen. Jeden falls kommt ein Kellner zu uns an den Tisch, bedient uns – und fragt mich später beim Rausgehen: »Waldi, gehst du zu RTL ?« Der Weg zu James Bond war also doch weiter, als wir gedacht hatten. Ich zu ihm: »Halt bloß die Klappe!« Sonst: Trinkgeldentzug, lebenslang! Und ich pflege immer gutes Trink geld zu geben.
Doch es kommt, wie es kommen muss. Irgendwann quatscht mich der selige Hans Lehrberger von der Abendzeitung an: »Ich hab da was gehört. Gehst du zu RTL ?« In solchen Situationen macht man mit dem Journalisten einen Deal: Jetzt bitte nix rauslassen, du machst mir damit etwas kaputt – aber wenn die Sache spruchreif ist, darfst du es als Erster schreiben. So sind wir verblieben.
Etwas später, der letzte Kampf von Henry Maske in der Münchner Olympiahalle gegen Virgil Hill. Vor dem Kampf treffen sich der künftige RTL -Sportchef, also ich, Mahr, Thoma, Fäßler und Bertelsmann-Vorstand Rolf Schmidt-Holtz im Vier Jahreszeiten. Danach fahren wir gemeinsam beim VIP - und Presseeingang der Olympiahalle vor – und laufen an der Tür ausgerechnet dem Lehrberger Hans in die Arme. Und da ist der AZ -Journalist mit seiner Geduld am Ende. »Nix für ungut, Waldi, aber jetzt muss ich es schreiben.« Verständlich – warum soll er Rücksicht nehmen, wenn wir unsere junge Liebe so öffentlich zelebrieren?
In der zweiten und dritten Reihe der Olympiahalle waren Plätze für Mahr, Thoma, Schmidt-Holtz, Roland und mich reser viert. Auffälliger kannst du es wirklich nicht mehr machen. Beim Geheimdienst Ihrer Majestät müssen wir uns nicht mehr bewerben. Am Sonntag ist es in der BamS gestanden, am Montag in der Abendzeitung , und dann hat mich der Mahr Hansi angerufen: »Heast, des is blöd gelaufen, da Marcello fühlt sich veroascht.« Das hätte ich an Marcels Stelle ganz ähnlich gesehen. Vorschlag vom Hans: »Heast, jetzt muaß ma erst amoi a bissl Gras wachsen lassen über die Angelegenheit, und mia miassn des mit’m Marcello neu kombinieren. Aba wannst a Zahl zum Zocken brauchst beim BR – i steh dazu.«
Die Zahl zum Zocken konnte ich gut brauchen. Im Zuge dieses Zockens habe ich beim BR die Sendung Ohne Gewähr bekommen, a bisserl außenrum kombiniert und finanziert, wie der Mahr Hansi sagen würde. Der ehemalige Informationsdirektor kombiniert sich bis heute unermüdlich durch die deutsche Medienlandschaft, und das Gras wächst bis heute über die Angelegenheit. Was mir auch gar nicht unrecht war. Köln war eh nicht mein großer Sehnsuchtsort. Mir sind die Berge lieber.
Und das Ende vom Lied: Irgendwann traf ich Marcel Reif wieder und erklärte ihm die ganze Geschichte. Er war völlig entspannt, alles kein Problem – und er lachte: »Waldi, wenn die nicht so blöd gewesen wären, hätten wir eine Menge Spaß zusammen haben können.«
Zurück zur WM ’ 90 , die für mich vor allem eines war: Rummeniggemania! Kalle wurde wie ein Götze verehrt in Italien.
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