Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
Lautern, war der Gesprächsstoff auch kein Problem. Sie wusste, wer ich bin, was mir nicht nur Vorteile einbrachte. Später hat mir ihr Vater verraten, dass Petra fest überzeugt war: »Der ist doch mit dem Beckenbauer verheiratet!« Und das als gläubige Betzenberg-Wallfahrerin!
Wir also kräftig am Babbeln, später rüber ins Nachtcafé, eine Freundin von Petra war auch noch dazugestoßen. Und der Türsteher vom Nachtcafé, den ich kannte (wen kannte ich nicht damals in der Münchner Barszene?) staunte über meine drei Grazien: »Hey, Waldi, heute hast du aber große Frauen dabei!« Denn der Kleinste von uns vieren war ich, Waldi, mittendrin zwischen den High-Heel-Geschossen. Petra ist zwei Zentimeter größer als ich, 1 , 78 , aber mit entsprechender Nahkampfausrüstung einen ganzen Kopf. Und da drin im Nachtcafé dachte ich mir: »Hartmann, jetzt gibst du alles!« U nd ich gab alles. Her mit dem Dom Perignon! Irgendwann sind wir dann doch heim, und noch von zu Hause aus dem Bett habe ich sie angerufen. Wir haben uns für den nächsten Tag verabredet im Bayerischen Hof, wo die Ladys gewohnt haben (Papa ist Zahnarzt). Petra und ich tranken Kaffee, alles war so locker, als ob wir uns schon Jahre gekannt hätten. Noch einen Tag später, dann wieder mit Petra und Ingrid, beim Stammitaliener La Locanda, sagte Wirt Paolo zu mir: »Ist das die Neue?« Ich: »Kann sie werden.« Und er mit großen Fragezeichen in den Augen: »Welche?« – »Paolo! Natürlich die auf der rechten Seite.« Paolos Antwort: »Ich würde beide nehmen.« Typisch Italiener! Aber das war selbst rein theoretisch nicht machbar, weil Ingrid mittlerweile seit fünfundvierzig Jahren glücklich mit ihrem Max verheiratet ist.
Am (vorerst) letzten Tag in München sprach Petras Mutter zu mir die entscheidenden Sätze: »Ich übergebe dir ein wohlerzogenes Kind. Und ich sage dir jetzt schon eines: Falls du sie heiratest, heiratest du mich mit.« Normalerweise ist das für einen Mann das Signal zur sofortigen Flucht. Aber bei meiner Schwiegermutter in spe habe ich das nicht als Be drohung empfunden. Betroffen war eher Petra, die sich dachte: Um Himmels willen, was redet die Frau denn da? Ich würde am liebsten im Erdboden versinken.
Ein paar Tage später bin ich zu Olympia nach Nagano geflogen. Doch eigentlich hätte ich für die Reise nach Japan gar keinen Flieger gebraucht. Ich schwebte auch so über den Wolken. Von Nagano aus habe ich jeden Tag bei Petra angerufen, ich musste wegen der Zeitumstellung also immer bis zwei, drei an der Bar sitzen, um zu einer vernünftigen Zeit am frühen Abend in Deutschland anzurufen. Ich entschuldige mich im Nachhinein nochmals ausdrücklich bei den ARD -Zuschauern, falls die eine oder andere Moderation aus Nagano ein wenig müde ausfiel. Petra war schuld. Wobei: Wegen der Zeitumstellung hat eh kein Mensch zugeschaut. Und ich wollte bei diesen fürchterlichen Winterspielen ohnehin nur heim, zum jungen Glück.
Meine klare Ansage war übrigens: kein Kind! Wenn du einen Vater für deine zukünftigen Kinder suchst, bin ich der Falsche. Ich habe zwei Kinder, ich habe mein Soll erfüllt. Das war für sie in Ordnung, weil auch sie keinen Kinderwunsch hegte. Und nach drei Jahren harmonischen Zusammenlebens meinte Petra irgendwann: »Also, ich habe alles eingehalten, was du gewollt hast. Habe ich jetzt auch mal einen Wunsch frei?« Aber natürlich! Und ihr Wunsch lautete: »Mein Ziel war nicht, eine sogenannte Lebensgefährtin zu sein.« – »War das jetzt ein Heiratsantrag?« – »Das kannst du verstehen, wie du willst. Aber wenn du es anders siehst, dann bin ich weg.« Darauf ich: »Aber ich lasse dich nicht weg.« Und Petra: »Dann weißt du, was zu tun ist.«
Einen letzten Fluchtversuch unternahm ich noch: »Ich heirate aber keine Studentin.« Also machte sie in einer affenartigen Geschwindigkeit ihren Magister in Germanistik, und dann hatte ich endgültig keine Chance mehr. Böse Zungen behaupten ja: Mir sei es eh nur um einen zukünftigen Dok tortitel auf dem Klingelschild gegangen. Wobei: Schöne Vorstel lung, dass bei uns der Pizzabote klingelt und »Dr. Hartmann« zu mir sagt. Und dann kann ich mit großer Gelassenheit antworten: »Lassen’s den Doktor ruhig weg.«
Also wurde geheiratet, standesamtlich in Chur, kirchlich in einem kleinen Barockkircherl oberhalb von Starnberg. Konrad Schreiegg, der Stadtpfarrer von Starnberg, ein wunderbarer, schon ein bisserl betagter Seelsorger der alten Schule, mit viel Liebe
Weitere Kostenlose Bücher