Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
die Heimat nach Nürtingen zu Mama Schumacher geschaltet und darüber geratscht, dass Mutter Schmidt ja die Kindergärtnerin des kleinen Stefan war. Und Schumi hat uns wunderbar schwäbelnd und restlos überzeugend erklärt: »Doping isch was, des kenn i gar näd. I woisch gar ned, was des isch.« Selten bin ich vor einem Millionenpublikum so sympathisch angelogen worden. Und für den Rest der Spiele blies Schumi, der arme Kerl, im Deutschen Haus immer mehr Trübsal und spülte seinen Fruscht tüchtig runter . Dabei weiß doch jeder, dass sich Alkohol und Medikamente ganz schlecht vertragen.
Erst vor Kurzem habe ich ihn in Leipzig getroffen: als Nervenbündel, als ganz armen, bemitleidenswerten Menschen. Furchtbar, was dieser verseuchte Sport mit einem Menschen anstellt. Und was sollte er machen, der kleine Nürtinger Fahr radfahrer? Entweder er bleibt ehrlich, lässt den Armstrong-Express vorn wegdonnern und landet bestenfalls auf Platz 134 bei der Tour. Oder er spielt das unsägliche Spiel mit. Egal was er macht: Er kann nur verlieren. Zum Kotzen.
Großartig war aber die Abschlusssendung mit unseren Ho ckey-Jungs, die damals nach ihrem Olympiasieg noch kein Traumschiff zerlegt haben wie 2012 in London, sondern nur unsere Sendung. Die haben vor ihrem Auftritt schon von draußen an die Wände gebumpert, dass die Papperdeckeldrachen gewackelt haben. Und dann ist diese Truppe einmarschiert. Einige waren vorher schon mal bei uns im Studio, darunter die Zeller-Buben, und dabei habe ich sie schon eingeschworen: »Wenn ihr Gold holt, geht ihr nicht zu Beckmann ins Studio, sondern nur zu uns!«
Ehrensache, dass sie kamen – und gesungen haben sie wie die Fischerchöre im Advent. Wir haben es mit zwei, drei Fragen probiert, aber ich habe gleich gemerkt: Hey, das hat hier überhaupt keinen Sinn. Also habe ich sie singen lassen. Und das sind ja schlaue Jungs, diese Hockeyspieler. Alles Studenten, ein ganz anderer Menschenschlag als Fußballer. Die wissen, wie man mit einem herrlichen Humor, aber nicht dumpf, die Sau rauslässt. Also hat Harald sich an die Orgel gesetzt, die haben zwanzig Minuten lang durchgesungen, und ich habe mitgesungen, der Musikantenstadl ist nix dagegen.
Und dann war da noch der Altkanzler. Dazu muss man wissen: Harald hat zu dieser Zeit in seiner ARD -Sendung immer wieder beim Edeka-Händler in Hannover angerufen, in dessen Nähe sich Gerhard Schröder gerade ein Haus gekauft hatte. Und er hat sich erkundigt, was so los ist bei Kanzlers, was die Nachbarschaft spricht und was Doris so einkauft. Das gab Riesenärger mit Anwalt und allem Pipapo – alles genau das, was sich Harald natürlich erhofft hatte. Und dann geht eines Tages im Deutschen Haus in unserem Hotel in Peking die Tür auf. Und wen sehen wir eintreten? Maschmeyer mit Schröder im Schlepptau. Harald und ich sitzen da. Schmidt sieht Schröder, Schröder sieht Schmidt, Schmidt ruft: »Mein Kanzler!« Und Gas-Gerd ruft durch den ganzen Raum: »Aaaaaah, der Kollege Schmidt!« Der alte Profi hat sich zu uns an den Tisch gesetzt, eine positive PR -Nummer draus gemacht und den ganzen Rechtsanwaltsärger einfach weggelächelt. So funktioniert Politik!
Das war Harald. Und nach dem Singen mit den Hockey- Jungs haben wir schon in Peking von London 2012 geschwärmt. Dort wollten wir unbedingt hin, »Waldi and Harry live from the United Kingdom, God save the Schmidt!« Hat leider nicht funktioniert, weil etwas später auch Harald die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland näher kennenlernen durfte, als ihm lieb war. Als Kärtchenableser Jauch einmarschierte, galt: König Harald ist tot, es lebe König Günther! Harald, dessen Frühwarnsystem namens Fred Kogel immer bestens funktionierte, sagte mir damals: »Der Jauch kassiert so viel Geld, da bleibt für mich nichts mehr übrig.« Ganz wunderbar hat er das einmal so formuliert: »Waldi, merk dir: Wenn die Weih nachtskarten förmlicher werden und das Hüsteln lauter, dann weißt du, es geht dem Ende entgegen.«
So war’s denn auch – Bye bye, London, schade drum.
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DER IST DOCH MIT DEM BECKENBAUER VERHEIRATET!
Meine beste Freundin und meine große Liebe
Jetzt bin ich fast am Ende dieses Buches angekommen, und nach all den Geschichten über Sportler, Politiker und Rundfunkfeinde und -freunde ist es höchste Zeit für eine Verbeu gung vor den Frauen, die mich am meisten beeindruckt haben in meinem Leben. Und nein, ich meine nicht die
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