Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
Heidiland« auf das Buch bekommen.
Mittlerweile ist eine japanische Übersetzung in Planung, und das zweite Werk hat Petra auch schon fertig. Recht so, denn nach dem Vertragsende bei der ARD habe ich ihr gesagt: »So, Weibi, jetzt bist du mit dem Ernähren dran.«
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WALDI GEHÖRT ZUM BOXEN
Meine Boxfamilie
Boxen war mein Sport, schon seit frühester Zeit. Obwohl ich erst zwölf war, kann ich mich lebhaft an 1960 erinnern, als Muhammad Ali noch Cassius Clay hieß und in Rom Olympiasieger wurde. Was für ein unglaublicher Boxer! Bei uns in Nürnberg war Boxen nicht die ganz so große Nummer, obwohl der 1 . FC Nürnberg eine Boxstaffel hatte. Dafür traten in der Nürnberger Messehalle Catcher auf, und der Laden war bumms voll. Die große weite Welt zu Gast bei uns in Nürnberg! Die Jungs hatten grandiose Kampfnamen, und ich erinnere mich an einen Catcher namens I. K-Staatenlos, eine gnadenlose Kampf maschine, ein Bullterrier auf zwei Beinen. Herrschaftszeiten, hat dieser Kerl mich beeindruckt!
Relativ schnell habe ich kapiert, dass die da oben Kasperltheater veranstalten – aber es war toll gemachtes Kasperltheater. Und dann habe ich die ersten Kämpfe beim 1 . FC Nürnberg gesehen. Und das war kein Kasperltheater mehr. 1972 habe ich miterlebt, wie Dieter Kottysch in München Olympiasieger im Halbmittelgewicht wurde, das erste deutsche Box-Gold nach dem Krieg, ein fantastischer Boxer. 1976 dann – ich hab ja schon ausführlich davon erzählt – meine Begegnung mit Muhammad Ali: Gott war mir erschienen, mitten in München beim Training im Circus Krone.
Irgendwann Ende der Neunziger kam die ARD auch auf den Trichter und startete ihre Boxübertragungen. Am Anfang versuchten sie es mit Jan Fedder, der wunderbaren Kodderschnauze aus Hamburg, der als Ringsprecher die bewährten Ami-Sprüche eines Michael Buffer ins Norddeutsche übersetzte: »Heute gibt’s anständig auf die Marmelade!« Christine Neubauer und Wolfgang Stumph haben sich ebenfalls als Ringsprecher versucht, was aber nicht recht funktionierte. Und dann haben sie mich angerufen, ob ich Lust hätte mitzumachen: als Ringsprecher mit Smoking und Fliege, als Michael Buffer für Arme. Oder zumindest schlechter geliftet.
Buffer ist übrigens einer der eitelsten Menschen, denen ich je begegnet bin, aber das nur nebenbei. In Halle/Westfalen ließ er sich mit der Limousine vom Hotel in die fünfzig Meter entfernte Arena fahren. Zu Fuß wäre dieser arrogante Pinsel in einer Minute da gewesen, das Auto musste wegen der Einbahnstraßen zehn Minuten im Kreis rumfahren. Aber er wollte nicht an den normalsterblichen Zuschauern vorbeigehen. Und wahrscheinlich hätte die frische Luft seinem Teint geschadet. Let’s get ready for Größenwahn!
Dabei bewegen sich die Verdienste Buffers im überschaubaren Rahmen, im Grunde hat er nur diesen einzigen Satz erfunden, der natürlich großartig ist: »Let’s get ready to rumble!« Aber anscheinend fühlt er sich auf einer Stufe mit dem Schöpfer der Relativitätstheorie. Jedenfalls, das muss man ihm zugestehen, ist Buffer auch in den USA bis heute eine Riesennummer. RTL hat ihn damals wahrscheinlich nur nach Deutschland geholt, um die Kämpfe ins US -Fernsehen zu bekommen. Den Amis war wurscht, wer sich da in Deutschland verkloppt – wenn Buffer Ringsprecher ist, kann’s nicht ganz schlecht sein. Es gab Zeiten, da bekam er 20000 Dollar pro Kampf, zuzüglich üppiger Spesen. Mittlerweile ist er wohl eher bei 5000 Dollar angekommen, was vom Stundenlohn her ja auch nicht ganz schlecht ist für ein paar Minuten Arbeit.
Jedenfalls war es für mich das Höchste, in diesem Ring zu stehen, der mich immer so unglaublich fasziniert hatte. Als Steffen Simon 2003 als Boxmoderator im Ersten aufhörte, stellte er mir eine Frage, die ich nie vergessen werde: »Hast du denn Ahnung vom Boxen, welchen Zugang hast du zum Boxen?« Ich habe ihm das Foto von Ali und mir gezeigt, das an diesem Tag zufällig in der Nürnberger Abendzeitung war, und gesagt: »Du warst noch nicht einmal ein zappelndes Ultraschallbild, da habe ich schon Boxen geschaut.« So viel zu meinem Zugang zum Boxen. Simon entlarvte sich Ende 2011 selbst, als er äußerte, Boxen sei das quotenträchtigste Unterschichtenprogramm im Osten.
Seitdem habe ich beim Ersten Boxen moderiert, am Anfang zu den Hoch-Zeiten von Sven Ottke. Nach Henry Maske hatten ja alle gedacht, Boxen ist tot in Deutschland. Svenni hat das wunderbar gemacht, er hat die Lücke nach Henry
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