Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
Vom Netzwerk:
blauen Wolken über dem Allgäu erzählt, von der wunderbaren Stimmung auf der Festwoche, bla, bla, bla.
    Nur: Da war immer noch kein Strauß. Er hatte nämlich davor eine lange Rede in der Gaststätte Kornhaus gehalten und sich dabei Fidel-Castro-mäßig ein bisserl in der Zeit vertan. Es muss eine große Rede gewesen sein, mit dem aufsehenerregenden Tenor: »Bayern ist stark, Bayern ist autark, Bayern könnte auch alleine sein, und deshalb braucht Deutsch land Bayern.« Separatismus auf weiß-blau!
    Irgendwann kam er endlich, ich war live drauf, was er aber nicht gemerkt hat. Er dachte, das ist wieder so ein Vorabgeplänkel. Ich also zu Strauß: »Sie haben gerade drüben im Kornhaus gesagt, eigentlich kann Bayern alleine existieren. Da besteht doch die Frage, warum machen wir das nicht?« Und er zur mir, live in die bayerischen Haushalte: »Ja, wenn mich das der Spitzenreporter des Bayerischen Rundfunks fragt, ist das durchaus zu überlegen.«
    Ich zu ihm: »Alpenrepublik?« Und er zu mir: »Gute Idee.«
    Bis er gemerkt hat, wir sind live drauf – aber das war ihm dann auch wurscht. Franz Josef Strauß verkündete bei Waldemar Hartmann die geplante Gründung der Alpenrepublik Großbayern! Danach war im Funkhaus die Hölle los: Se paratismus, Abspaltung, Presseanfragen, große Aufregung. So war das damals. Das Wort des Königs war Gesetz.

11
    HERR CHEFREDAKTEUR, SIE HABEN IHRE AUFSICHTSPFLICHT VERLETZT!
    Mein kurzer Ausflug ins Privatfernsehen
    Mögen manche meiner roten Spezln vielleicht den Kopf geschüttelt haben, wie gut der Waldi mit dem Strauß konnte – mir egal, ich war höchstzufrieden, dass wir miteinander klarkamen. Irgendwann lernte ich dann auch die Söhne des großen Franz Josef kennen. Als ich 1987 zwischenzeitlich zu TV Weiß-Blau bin, nach Meinung der Süddeutschen Zeitung das »schwarze Fallbeil« des nagelneuen Kabelfernsehens, hat Franz Georg Strauß dort die Strippen gezogen – ihn kannte ich, wie fast jede andere Bekanntschaft meines Lebens, aus der Kneipe, dem Alten Simpl. Dass ich bei Weiß-Blau antreten musste, war also die negative Folge meines guten Drahtes zu Strauß senior.
    TV Weiß-Blau war nicht der Kampfname des BR , wie man vielleicht vermuten könnte, sondern ein von der Politik er wünschter Münchner Lokalsender, der die schöne neue Fern sehwelt erobern sollte. Franz Georg war dort beteiligt, Leo Kirch hat immer fleißig Geld in den Sender gebuttert. Und das Ganze war hochdefizitär. Chefredakteur Julian Gyger wirkte zuvor als Pressesprecher der FDP und war einer der überzeugten Strauß-Anpinkler gewesen. Die ganze bayerische Medienlandschaft hat nur den Kopf geschüttelt, wie das gut gehen konnte. Es ging aber eh nicht lange gut. Der neuartige Sender hat hinten und vorne nicht funktioniert. Und irgendwann hat eine sehr hohe Runde beschlossen, dass man das Problem lösen und TV Weiß-Blau endlich in Schwung bringen müsste.
    Mittlerweile war auch der Süddeutsche Verlag zur Hälfte eingestiegen, und es wurde ein für alle Seiten vermittelbarer Chefredakteur gesucht. Das Vorschlagsrecht hatte Weiß-Blau. Also rief mich Franz Georg Strauß an, er müsse mit mir reden. Er wollte, dass ich zu seinem Sender komme. Ich zu ihm: »Franz Georg, das ist ein sehr glattes Eis. Ihr müsst mit dem Bayerischen Rundfunk reden. Denn das mache ich nur mit Rückfahrkarte.«
    Vom immerwährenden BR zu einem wackligen Lokalsender, den es morgen vielleicht schon nicht mehr geben würde? Keine verlockenden Aussichten. Doch der BR stimmte meinem Vorschlag mit der Rückfahrkarte zu – das politische Interesse an dieser Personalie war enorm.
    Inhaltlich war die Richtung bei Weiß-Blau schnell klar. Ich wusste, wir können dort nicht Politik rauf und runter senden, das will keiner sehen. Wenn schon, dann müssen wir ein münchnerisches Stadtfernsehen machen. Eine verfilmte Boulevardzeitung sollte es sein und keine verfilmte Süddeut sche , obwohl deren Verlag zur Hälfte beteiligt war. Und schlim mer konnte es für Weiß-Blau ohnehin nicht mehr werden. Denn dieser unglückselige Fernsehsender stand jeden Tag in der Zeitung – aber leider nicht mit seinem Programm, sondern wegen endlosem Ärger und Problemen und Intrigen. Aber ich war optimistisch und leicht TV -Weiß-Blauäugig: Mensch, vielleicht wird ja wirklich was draus, vielleicht ist das die Zukunft. Man kann sich’s heute gar nicht mehr vor stellen, aber damals herrschte ja eine irrsinnige Euphorie, was das neue Privatfernsehen

Weitere Kostenlose Bücher