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Driver 2

Driver 2

Titel: Driver 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sallis
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Bauch.
    »Bitte«, sagte Driver.
    Cole versuchte, sich nicht zu bewegen, aber seine Augen irrten überall herum, hoch, runter, rechts, links. Zur weißen Zimmerdecke. Zu den beigefarbenen Wänden. Den Möbelbeinen. Dem elfenbeinfarbenen Teppich. Den Füßen seines Freundes neben dem Sofa. Nichts davon war eine Hilfe.
    So kann sich die Welt, von der du fest annahmst, du würdest sie verstehen, plötzlich ändern, dachte Driver.

STÄDTE WAREN SO VIELFÄLTIG , trugen so viele verschiedene Gesichter. Als er die leichte Opulenz von Cave Creek und Carefree hinter sich ließ, die Deer Valley Road entlangfuhr, am staatlichen Gefängnis vorbei in Richtung der vertrockneten Landstriche von Phoenix’ Randgebieten, da war es, als führe er nicht durch eine, sondern durch ein halbes Dutzend Städte, die neben- und übereinander lagen. Kirchen hatten sich in Büros von Steuerberatern verwandelt. Ein riesiger Laden, der einst Landmaschinen verkauft hatte, war nun eine Tauschbörse. Der Dairy Queen hatte nichts verändert außer seinen Namen und hieß jetzt Mariscos Juarez.
    Zwei Blocks hinter einer eingezäunten Wohnanlage zerrten Leute Matratzen die Außentreppen herunter und kochten in ihren Einfahrten, in Bottichen so groß wie Kannibalentöpfe.
    Die Dunkelheit war bereits auf dem Weg, breitete ihre Hand flach über der Stadt aus, als Driver wieder zurückfuhr. Billie hatte ihm die Wohnung ihres Onkels angeboten. »Solange du sie brauchst«, hatte sie gesagt, denn Onkel Clayton befand sich mehrere Tausend Meilen weit weg, wo er »half, den Schaden zu beheben, den wir verursacht haben«, was immer das auch heißen sollte. »Solange du sie brauchst«, hatte sie gesagt, aber er dachte,
bis sie mich dort finden
, und lehnte ab. Also war er in einem Apartmenthotel zwei Blocks weiter untergekommen, einen Katzensprung entfernt von der Ecke Colter und 12. Straße. In einem Apartment mit nur einer Tür und Fenstern zum Verriegeln, was aber nicht mehr funktionierte. Falls sich jemand nähern sollte, hatte er die Einfahrt und den Parkplatz voll im Blick.
    Auf der anderen Straßenseite lag ein Diner, in dem Billie und er sich trafen. Alles darin war rot – Decke, Sitzecken, Fliesen, Barhocker, Tresen, Schürzen und Servietten –, sodass man beim Hinausgehen farbenblind zu sein schien, aber es gab gutes, preiswertes Essen. Die Kellnerinnen wirkten, wie das Restaurant selbst, als wären sie aus den Fünfzigern. Sie nahmen die Bestellung auf, entfernten sich, drehten sich wieder um und kamen mit dem Essen zurück. So ungefähr fühlte es sich an.
    Billie war direkt aus der Werkstatt gekommen, in Arbeitsklamotten und Stiefeln, Schmieröl unter den Fingernägeln, ein verwischter Streifen wie ein Nike-Logo auf ihrer Wange. Jeder im Diner vermittelte den Eindruck, als wäre er gerade erst von irgendwoher angekommen, aber schon begierig darauf, direkt zum nächsten Ort aufzubrechen. Füße scharrten unter den Tischen. Blicke schnellten zum Fenster.
    Nicht nur hier, dachte Driver. Die ganze Welt ist inzwischen so.
    Er erinnerte sich, wie er in L.A. über Bernie Roses Leiche gestanden hatte, dort am Ende des Grenzlandes, und Bernie pfeifend seinen letzten Atemzug tat. Erinnerte sich, wie er zurück in den verbeulten Datsun gestiegen war, dem die Türgriffe und die Stoßstange fehlten; wie angenehm das dezente Dröhnen sich angefühlt hatte und wie er gedacht hatte, dass er einfach nur fuhr. Dass es das war, was er tat und was er immer tun würde.
    »Interessante Gruppe«, sagte Billie. »Angefangen bei der Kostümierung der Kellnerinnen.«
    »Wenn du die Haare und all das meinst, ich glaube nicht, dass das Kostüme sind.«
    »Oh. Und der Koch?« Sein Kopf erschien in regelmäßigen Abständen in der Luke, durch die die Teller aus der Küche zum Service durchgeschoben wurden. Dünnes Haar, an der Seite penibel gescheitelt, und eine Nase, die den Rest des Gesichts unbarmherzig nach vorne zog. »Zu viele Schwarz-Weiß-Filme?«
    Genau in diesem Augenblick kam eine Gruppe von fünf Personen herein, Männer und Frauen gemischt, verkleidet als Zombies. Zerrissene Kleidung, bleiche Gesichter, geschwärzte Augen, Spritzer von Lebensmittelfarbe, aufgemalte Spucketropfen. Sie stolperten mit um sich schlagenden Armen herein, als gehorchten sie einer fremden Muskulatur, einer anderen Schwerkraft. Sie setzten sich in eine Sitznische, wo einer von ihnen leise zu singen begann: »Fleisch! Fleisch!«
    Driver war mit seinem Rund-um-die-Uhr-Frühstück halb fertig.

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