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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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schaltete sich Lydia ein, indem sie sich auf den Rücksitz kniete, damit die Typen sie gut sehen konnten, und ihnen abwechselnd das Peace-Zeichen zeigte und Küßchen hinüberblies. Was sie nur um so wütender werden ließ. Zweimal touchierten sie seine Stoßstange, mit achtzig, neunzig Stundenkilometern, und jetzt sah er auch, daß das nicht nur einfache Faschistenarschlöcher waren, sondern Faschistenarschlöcher von Verbindungsstudenten, denn die halbe Windschutzscheibe war mit bunten Aufklebern übersät, als würde das irgendwas heißen: Delta Epsilon, U. of Oregon, Vorwärts, Oregon Ducks! Ronnie spannte sich gegen den nächsten Aufprall an.
    »Sind die verrückt oder was?« meldete sich Marco. Er beugte sich aus dem Fenster und schüttelte die Faust.
    Der Wind peitschte ihnen allen die Haare durcheinander, und er schien Ronnie geradezu die Luft aus der Lunge zu reißen. »Halt an«, rief Marco, »halt endlich an, zum Teufel!«
    Star sagte: »Vergiß es einfach. Beachte sie gar nicht.«
    »Vergiß es?« Marcos Gesicht sah aus wie ein böser Traum, und Ronnie registrierte das, denn dies war eine markante Meinungsverschiedenheit, und er hatte keine Lust, sich auf der falschen Seite wiederzufinden. »Verflucht, ich bring diese Typen um, alle drei! Bist du dabei, Ronnie – Pan? Bist du mit dabei?«
    Ronnies Hände waren wie festgefroren am Lenkrad, sein Blick klebte am Rückspiegel. »Friede«, sagte Star immer wieder, »Friede und Liebe, ihr wißt doch!« Ronnie blickte auf die drei Gesichter, die sich über der Motorhaube des Wagens hinter ihm aufreihten, er blickte auf Lydias Schultern und ihren irrwitzig flatternden Haarschopf, und sein Herz schlug einen Haken. »Ich hab dich gehört, Mann«, sagte er.
    Dann aber wurde die gesamte Prozession langsamer, eine Kettenreaktion – Bus, Käfer, Lincoln, Motorrad, Studebaker, Pickup –, denn Norm hatte den orangegelben Blinker eingeschaltet, und die gelbe Wand legte sich sacht in die Kurve, bog in eine Abfahrt ein, und da war auch schon das Zeichen, das in riesengroßen Lettern die Rettung buchstabierte: Öffentlicher Campingplatz, alle Fahrzeuge willkommen, 2$ pro nacht. Jetzt, sicher doch jetzt, dachte Ronnie, würde sie der Pickup in Ruhe lassen und auf dem Highway weiter dahindonnern, aber nein, er blieb hinter ihm, und die Gesichter hinter der Windschutzscheibe waren angespannt und bleich und voller Rachsucht.
    Der Asphalt endete, und der Studebaker rumpelte auf einen großen unebenen Platz mit ein paar Bäumen drauf, wo der Rauch von Grillfeuern in der Luft hing, PKW und Wohnmobile sich um Zelte und Picknicktische scharten, kleine Kinder Fangen spielten, während blaßbeinige alte Strichmännchen Bourbon aus Pappbechern nuckelten und Hunde ihre territorialen Ansprüche hervorblafften, und das war’s: das schöne Amerika, die Heimat der Tapferen, alle Fahrzeuge willkommen. Lydia mußte pinkeln. Sie hatte Hunger. Alle hatten Hunger. Doch noch bevor Ronnie den Zündschlüssel abziehen und die Handbremse einrasten lassen konnte, waren die drei Arschlöcher am Fenster der Fahrerseite, und eine Hand, eine fleischige rote Hand grapschte nach seinen Haaren, woraufhin er den Kopf zurückwarf und Star einen Schrei ausstieß, der ihm das Herz stillstehen ließ.
    »Du beschissener Langhaariger!«
    »Raus aus dem Auto, du Wichser!«
    Schlagartig wurde ihm klar, daß seine Gegner nicht einfach die Verbindungsstudentenarschlöcher waren, für die er sie gehalten hatte, sondern Verbindungsstudentenarschloch-Footballspieler, vielleicht auch Gewichtheber, jedenfalls wirkten sie alle drei aufgebläht wie die Kröten in ihren T-Shirts mit dem Aufdruck der Oregon Ducks. Einer von ihnen, der am Lenkrad gesessen hatte, stand da wie eine Statue, die jemand vom Sockel geklaut hatte, mit wäßrigen Augen und blondem Bürstenhaarschnitt, der wie auf die Schädeldecke geklammert war. Ach du Scheiße. Der bittere Geschmack von Ohnmacht und Wut staute sich in Pans Kehle, weil er solche Situationen kannte und genau wußte, was jetzt kam. Er hatte Angst, und dann nicht mehr, denn auf einmal war er jenseits aller Angst, jenseits von allem, deshalb tastete er nach dem Griff und stieß die Tür auf, genau in dem Augenblick, als die fleischige rote Hand sich in eine Faust verwandelte, die mit dem Geräusch von Luft in einem Windkanal auf seinem linken Ohr explodierte.
    Was folgte, war größtenteils verschwommen, weil er halb betäubt war, daran lag es, obwohl das Speed in ihm pulsierte wie

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