Drop City
ob Lachen tatsächlich die angemessene Reaktion war. Egal. Die Räucherstäbchen qualmten, die Frisbeescheibe hing in der Luft, und sie lagen am Straßenrand und lachten, einfach nur so, und man hätte meinen können, die Blockhäuser wären längst gebaut, das Holz zum Heizen gehackt, der Goldstaub gewaschen, die Felle gegerbt und die Speisekammer gefüllt, denn keiner verspürte die geringste Sorge dieser Welt. Merry reichte Star einen heruntergerauchten Grasjoint, und die hielt ihn sich an die Lippen, bis der Stummel aufglühte, dann gab sie ihn an Marco weiter, der nahm ihn mit spitzen Fingern entgegen und zog einen Moment lang daran, saugte den süßen Rauch ein, wie er es schon tausende Male getan hatte. Alles schien verlangsamt, als hätte die Erde auf ihrer Achse innegehalten und das kleine Stück Himmel über ihnen wäre alles, was sie je brauchen würden. Und dann registrierte er aus dem Augenwinkel eine unendlich langsame Bewegung: die Hunde wagten sich aus dem dunkelblauen Schatten unter dem Bus hervor und reckten sich mit geziertem Beugen und Strecken ihrer Hinterläufe. Beide sahen die Straße entlang, und Freak, dem sich die Nackenhaare sträubten, stieß ein fragendes Blaffen aus.
Ein anderer Hund war in der Kurve weiter vorn aufgetaucht – oder nein, das war ein Wolf, mit knochigen Beinen, die von seinem Körper abzustehen schienen, als wären sie falsch herum angebracht, ein Wolf, der hier in Alaska eine Straße entlangtrottete. Marco war im Nu auf den Beinen. »Seht mal«, sagte er, »seht doch mal, da ist ein ...« Dann hielt er inne. Um die Kurve kamen nun zwei Gestalten, ein Mann und eine Frau, die unter der Last ihrer Rucksäcke dahinschritten, und es war wohl doch kein Wolf, jedenfalls kein wilder. Die Leute erhoben sich langsam. »Norm«, sagte irgendwer, »hey, Norm.«
Der Mann war groß, muskulös und schlank. Er trug ein ausgeblichenes Flanellhemd mit hochgerollten Ärmeln und Jeans, die dermaßen fadenscheinig und zerlumpt waren, daß Marcos dagegen wie neu aussahen. Seine Haare waren dicht und kurz und standen ihm vom Schädel ab. Er marschierte, als wäre Marschieren eine sportliche Disziplin, der stete Schlag seiner Beine und das Geräusch seiner Stiefel peinigte die Straße zu seinen Füßen, ein Silhouettenmann in Bewegung vor dem grellen Sonnenglanz, und Marco hatte keine Vorstellung, wer das sein mochte: ein Landstreicher, ein Tankwart oder der weise Zigeuner höchstpersönlich. Die Frau – sie war Mitte Zwanzig, ihr blondes Haar war zum Pferdeschwanz gebunden wie bei einer Cheerleaderin, ihre Dreiviertelhosen ließen die Wadenmuskeln und die scharfen Konturen von Hintern und Oberschenkeln in Bewegung sehen – hob die Hand an die Augen, als könnte sie nicht recht entscheiden, ob dieser Schulbus da vorn nur eine Luftspiegelung war. Zwei hellbraune Blitze schossen die Straße entlang, trappelnde Pfoten, angespannte Muskeln, dann waren Freak und Frodo bei ihnen, aber der Mann ging ungerührt weiter, und auch sein Hund reagierte nicht – er senkte nur den Kopf und folgte seinem Herrn auf den Fersen. Staub stieg auf, und dann hatte sich der Abstand auf Null verringert, und der Mann und die Frau standen auf der verlassenen Landstraße unmittelbar vor ihnen.
Tom Krishna war mit der Achse beschäftigt, mit dem mächtigen Stahlgürtelreifen und der widerspenstigen äußeren Felge, die in diesem Moment endlich nach innen glitt und nun an dem bereits montierten Ersatzrad anlag. Er sah in die Stille hinauf – auf die beiden Wanderer, die mit ihren vollgepackten Rucksäcken vor ihm standen. »Hallo«, sagte er und erhob sich aus der Kauerstellung, »was tut sich, Alter?« Er streckte einen ölverschmierten Arm für den Soul-Handschlag aus, der jedoch nicht erwidert wurde.
Der Mann sah ihn nur mit amüsiertem Grinsen an, sah sie alle an: »Ihr seid doch nicht ...« begann er. Sein Tonfall drückte schlichtweg Ungläubigkeit aus. »Ihr seid doch nicht etwa Hippies , oder doch?«
Nun trat Norm vor, bauschiger Overall und glitzernde Ringe an den Fingern. Die Glocke um seinen Hals bimmelte leise. Die Ziegen im Bus drückten mit verlorenem Meckern ihre Unzufriedenheit aus: sie wollten raus, sie wollten ins Freie, wollten sich grasend den Weg nach Boynton bahnen. Norm bellte seinen Namen hervor – »Norm Sender!« – und packte die Hand des Mannes für einen konventionellen Händedruck, ehe er sich der Frau zuwandte und ihr die Goldkronen in seinen schlechten Zähnen zeigte. »Wir sind
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