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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Pelzgalerie zum Aussuchen, und was hätten all die schicken Frauen auf Stöckelschuhen in New York und Chicago nicht dafür gegeben, wenigstens mal kurz zur Tür hineinzusehen –, und es war schön, wie eine Art Zeitsprung. Es war, als wäre sie wieder ein Mädchen, mit Pris neben sich, das Zelt hoch über ihnen, und das heimelige Geräusch ihrer schnarchenden Mutter auf dem Feldbett in der Ecke. Oder als ob eins der Nachbarsmädchen zum Übernachten herübergekommen wäre, wobei man ja meist überhaupt nicht schlief, höchstens im Morgengrauen. Erst nach Mitternacht drehte Pamela die Lampe herunter und wanderte in ihr eigenes Bett im angebauten Zimmer, sie fühlte sich entspannt und friedlich und müde, angenehm müde, dabei mußte sie über die witzige Symmetrie des Arrangements lachen – die Frauen waren hier drinnen, gingen unter einem Dach zu Bett, und die Männer waren da draußen, mummelten sich aneinander in der geballten kalten Faust der Nacht.
    Am Morgen ließen sie sich viel Zeit bei Kaffee, frischgebackenem Brot und angerührtem Eipulver in einer Pfanne mit Schinken, Paprika und Tomaten, während das Tageslicht in schleppenden Stufen die Schatten verdrängte, bis es ein bleiches Geschliere bildete, das sich zu dieser Jahreszeit sowohl als Morgen- wie Abenddämmerung und auch gleich noch als Mittag ausgab. Sie hörten miteinander Radio – »Die Tundra-Themen« auf KFAR und »Trappergeplapper« auf KJNP , wo Olive Swisstack ihren Tommy in Barrow ganz lieb grüßen ließ, Ivor Johnsons Exschwiegermutter ihn dringend um einen Anruf bat und Jim Drudge einen Funkspruch aus Fort Yukon geschickt hatte, um allen zu erzählen, daß er atme wie jeder andere auf dem Planeten Erde und daß er darüber sehr froh sei –, und dann zündeten sie sich die ersten Zigaretten des Tages an und spielten eine sehr gemütliche Partie Schach.
    »Weißt du was, Star«, sagte Pamela, nachdem sie Stars König in die Ecke getrieben und leise und sachlich das Schachmatt verkündet hatte, »gestern wollte ich dir den ganzen Abend etwas erzählen, aber, na ja, hat sich wohl irgendwie nicht ergeben.«
    Star blickte vom Brett auf, wo sie versonnen einen Läufer berührt hatte, der ihr jetzt auch nicht mehr helfen konnte. Die Teetasse stand neben ihr. Eine Zigarette – war es Stars oder ihre eigene? – qualmte im Aschenbecher.
    Es fühlte sich gut an, sehr gut, das Licht glomm zum Fenster herein, der Ofen atmete leise pfeifend, sonst Stille. Eine große Ruhe senkte sich über Pamela herab. Sie hätte ebensogut noch schlafen oder auf einem Badetuch an einem tropischen Touristenstrand liegen können, eingenickt über einem dicken Taschenbuch, das nun auf ihrer Brust ruhte. »Ich bin schwanger«, sagte sie. »Oder ich glaub’s jedenfalls. Hab’s Sess noch gar nicht erzählt.«
    Sie sah an Star vorbei zum Fenster und hinaus auf die Hügel und dann wieder zurück, sah der Freundin in die Augen. »Tja, das heißt dann wohl, daß du die erste bist, die es erfährt.«

31
    Was in dieser Zeit als Licht durchging, war nichts als ein verblassender Schimmer am Horizont, nur dem Namen nach Licht, ein armseliges blasses Glimmen am südlichen Himmel, das einen nur daran erinnerte, was man so verpaßte. Es war sonnig in Miami Beach, gleißendhell in San Diego, und in Patagonien oder am McMurdo Sound wurde es niemals dunkel – es war, als wäre der gesamte Globus umgekippt worden und man könnte hierzulande allenfalls herausschlagen, daß ein paar Schatten ein Stück weit in die Nacht des Universums zurückwichen. Daran dachte Pan, während der Motor seine geisttötende immer gleiche Botschaft herausdröhnte – alles in Ordnung, alles in Ordnung –, die Tragflächen von irgendwo einen Lichtreflex auffingen und die Positionslampen unrhythmisch flackerten, bis er in Trance fiel, so daß er ebensogut in einem Tanzschuppen hätte sein können, mit Stroboskoplichtern und so lauter Musik, daß man glatt seinen Namen vergaß.
    Ihm war kalt. Eigentlich war er knapp am Erfrieren. Draußen, unten am Boden, herrschten an die vierzig Grad unter Null, und hier waren sie in zweitausend Meter Höhe, wo die Luft dünner war – und noch kälter. Joe hatte die Heizung auf volle Kraft gestellt, aber davon merkte man kaum etwas, weil der Wind dermaßen durch die Spalten im Türrahmen und an den Fenstern hereinpfiff – und wieso war es eigentlich nicht möglich, diese Dinger luftdicht zu machen? Warum ließ sich nicht wenigstens eine Heizung einbauen, die ein

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