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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Eintopf, und bald konnte er sich ohne weiteres vorstellen, an Sess’ Stelle zu sein, hier in diesem Land zu Hause zu sein, von dem zu leben, was die Natur hergab, auf kleinstem Raum zu leben, Lichtjahre entfernt von den Stadtrandsiedlungen mit ihren zwanghaft getrimmten Hecken, gepflegten Rasenflächen und Zierbäumchen, denn wer die Landschaft hier draußen vor dem Fenster angelegt hatte, der hatte einen verdammt guten Job gemacht, gar keine Frage. Das Essen war köstlich. Er füllte seinen Napf dreimal auf und putzte ihn blitzsauber aus, mit dem Dauerbrot, das Sess in einem Schraubglas auf dem Wandbrett aufbewahrte. Es gab auch Kaffee mit Zucker und Kondensmilch und zum Nachtisch halb aufgetaute Heidelbeeren in dickem Sirup, dazu drei Schluck E&J-Brandy für jeden. Sie saßen etwas beengt an dem kleinen Tisch beim Fenster, die Becher in den Händen, und sahen zu, wie der Mond sich hinter den Bäumen versteckte und wieder hervorkam und ganz allgemein seinen Geschäften nachging. Sie redeten übers Fallenstellen, redeten über Schlingen und Köder, redeten über Drop City, redeten über Frauen.
    »Hat mich ehrlich gesagt kein bißchen überrascht, daß der Neffe abgedampft ist«, sagte Sess, »bei der Frau, mit der er da zusammen ist. Das ist doch ein Großstadtkind wie aus dem Bilderbuch.«
    »Der kommt wieder«, sagte Marco, und schon während er es sagte, hier draußen, wo ihn nichts als ein primitiver Ofen und eine Wand aus Fichtenstämmen davor bewahrten, eines von vielen Opfern zu werden, der tödliche Schlußpunkt einer weiteren warnenden Erzählung, zweifelte er an seinen Worten. Bei Norms Abschied war ganz Drop City in Panik ausgebrochen, und nach der Panik hatte es eine Phase der Trauer gegeben. Norm war ihr Fels in der Brandung, ihr Gründer und Guru gewesen – er hatte sie alle hierhinaus in die Wildnis geführt, mit der unwiderstehlichen Macht seiner Vision und mit seinem Geld und seiner Energie –, und nun hatte er sie im Stich gelassen. Star schluchzte, bis Marco schon glaubte, es würde ihr die Rippen brechen. Reba fraß haufenweise Seconal. Jiminy wollte Boskys Flugzeug die Kufen wegschießen, Norm zur Not mit Handschellen an die Bäume fesseln, irgendwas unternehmen, zum Beispiel Premstar kidnappen. Bill hatte anderthalb Tage lang auf Norm eingebrüllt, alle paar Minuten hörte man seine Stimme loszetern wie eine Kettensäge, die aufjaulte und wieder verebbte, bis sie zu den Hintergrundgeräuschen von Drop City gehörte, hörbar bis ins hinterste Bockhaus. Und dann landete das Flugzeug, und Norm und Premstar hoben ab, Friede, Brüder und Schwestern, und scheiß auf euch alle ...
    »Klar doch«, sagte Sess. »Bestimmt tut er das. Wenn er eine neue Freundin hat.«
    Marco zuckte die Achseln. Sie hatten die Laterne ausgeblasen, um Petroleum zu sparen und die Nacht draußen vor dem Fenster besser sehen zu können. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Vielleicht brauchen wir ihn ja gar nicht. Vielleicht ist das alles Teil des höheren Plans.«
    »Des höheren Plans? Du wirst mir hier doch nicht zum Mystiker, oder wie? Komm, nimm mal noch ’n Schluck Brandy. Das ist besser für dich.«
    »Ich denke, ein paar von uns meinen es ernst und andere wieder nicht – Alaska, mein ich: Kinder, jetzt fahren wir alle mal nach Alaska rauf, und da tanzen wir im Mondlicht. Verstehst du? Und jetzt werden wir ja sehen, wie es weitergeht, wenn wir auf uns selbst gestellt sind.«
    »Lydia«, sagte Sess. »Die ist es. Wenn ich mir eine aussuchen könnte, die würde ich nehmen. Aber erzähl Pamela nichts davon.« Er sah versonnen in seinen Becher. »Übrigens, nur so aus Interesse, hast du je mit ihr ...?«
    Marco schüttelte den Kopf. »Nicht mein Typ. Aber du wirst ja schon gehört haben, daß sie uns aus Fairbanks ein kleines Präsent mitgebracht hat, oder?«
    »Präsent?«
    »Allerdings«, sagte Marco und sah ihm in die Augen. »Sackratten.«
    Sess beugte sich vor und grinste. »Sakrament! So macht man sich beliebt.«
    »Ich hab sie nicht«, sagte Marco. »Und Star auch nicht. Was ja schon eine gewisse Zustandsbeschreibung gibt.«
    »Oho, du hast angebissen, mein Freund, du hängst an der Angel. Die Tage deiner Wanderschaft sind gezählt, das war’s dann wohl.« Er hob den Becher zum Mund und stellte ihn wieder ab. »Aber ganz ehrlich mal: man braucht eine Frau hier oben. Wenn du ernsthaft hier leben willst, meine ich. Wenn ich Pamela nicht hätte, würde ich pausenlos die Bäume raufklettern, mich ständig mit

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