Drop City
verfranste sich kurz und musterte sie mit einem angespannten Lächeln. »Für Richard, Richard Schrader. Weißt du, den Wagen hab ich mir von ihm geliehen ...«
Die Kellnerin kam mit dem Bier, und es entstand ein Moment der Stille, während sie ihr beim Ritual des Öffnens und Einschenkens zusahen. Am Nachbartisch stieß jemand ein bellendes Lachen aus. Zwei silbrige Kanus glitten auf der anderen Seite des Flusses vorüber.
»Ich kenne Richard«, sagte Pamela, und das ließ ihm das Herz gefrieren.
»Du meinst doch nicht – daß er einer von denen ist?«
»Nein«, sagte sie so vehement, als würde sie irgendwo ein Stück herausbeißen, und schüttelte energisch den Kopf. »Doch nicht Richard, ach was. Vergiß nicht, ich bin ein sehr praktisches Mädchen, und der Sinn dieser ganzen Aktion ist der, daß ich jemanden finde, der mich liebt, klar doch, aber auch jemanden, der für mich sorgen kann, verstehst du? Draußen im Busch. Einen – wie dich –, der sich auskennt, der dort überleben kann, einen echten Waldläufer, nicht irgendeinen Möchtegern aus der Stadt.«
Wurde er rot? Das Kompliment erwischte ihn voll. Er hob das Bier an die Lippen, nahm einen Schluck und betrachtete ihre Augen, als wären sie Fische unter der Eisdecke oder Schneehühner in einem Weidengestrüpp – etwas, was er jagte, ein Schwarm Gänse oder ein Trupp Eisenten. Auf einmal war er Mister Selbstvertrauen. Auf einmal wollte er vom Tisch aufstehen und sich die ganze Terrasse, das ganze Restaurant auf die Schultern heben, nur um ihr zu zeigen, wie gut drauf er war. »Könnte ich fairerweise erfahren, gegen wen ich antrete? Und wie ich in diesem Turnier gesetzt bin?«
Ihr Lächeln verging. »Richie Oliver und Howard Walpole«, sagte sie. »Nur die zwei. Und du. Und weißt du was, Sess?« Ihre Hand lag jetzt auf dem Tisch, die Handfläche nach oben, genau wie eine doppelt gefederte Victor-Schnappfalle, der es den Schnee weggeblasen hatte. Und was wollte er? Er wollte eingefangen werden, ja doch, darum betete er jeden Tag und jede Nacht, also streckte er die Hand aus und schob seine Finger in ihre. »Nein, was denn?« fragte er.
»Du hast überhaupt nichts zu befürchten.«
Er erinnerte sich an wenig von der Rückfahrt, nur an das Gefühl, über der Straße zu schweben, als wäre er im Flugzeug statt im Auto, Pamela im Lotossitz neben ihm, ihre nackten Beine glänzten in der Sonne, die durch die Windschutzscheibe fiel. Sie fühlten sich beide großartig, gesellig und in Hochstimmung, und praktisch bei allem, was er sagte, mußte sie lachen und ihre Zähne zeigen. Die Landschaft schlug sich vor ihnen auf wie eine Tarnjacke, grau-grün-braun, und sie sahen Habichte und Bussarde am Himmel kreisen. Irgendwann, kurz vor der Abzweigung nach Boynton Hot Springs, hielten sie an, um einen Fuchs zu beobachten, der im Unterholz neben der Straße jagte, und er mußte sich schwer zurückhalten, das Vieh nicht mit der Zweiundzwanziger abzuknallen, die Richard für genau solche Gelegenheiten unter dem Sitz verstaut hielt – auch wenn das Fell zu dieser Jahreszeit völlig wertlos war, hätte es doch Frischfleisch für den Topf bedeutet, und immerhin wurde er hier ja beurteilt !
»Sieh nur, wie der hüpft«, sagte sie und beugte sich dabei so weit aus dem Fenster, daß er Angst hatte, sie könnte rausfallen. »Wie ein junger Hund, der mit einem Ball spielt.«
»Was er da tut«, sagte Sess und rutschte auf der Sitzbank nach rechts, so daß er ihr über die Schulter sehen konnte, und damit war er ihr so nahe, daß er die Seife riechen konnte, mit der sie sich wusch, »er versucht, die Viecher aufzuscheuchen, die sich im Gebüsch verstecken, du weißt schon: Mäuse, Grashüpfer, vielleicht auch einen fetten Laubfrosch ...«
Daraufhin wandte sie sich ihm zu, und sie war ganz nahe bei ihm, ihr Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt, und er wich zurück, das mußte er einfach, sie würde es auf der Bonusliste unter seinem Namen vermerken. Sollte sie doch den ersten Zug machen. Sicher doch. Sollte sie nur. »Klingt appetitlich«, sagte sie mit breitem Grinsen.
Errötend rutschte er zurück und legte den Gang ein. »Hast du Hunger?« fragte er. »Nicht auf Froschschenkel, meine ich, sondern eher auf ein Steak oder ein Sandwich, vielleicht noch ein paar Bier zum Feiern? Denn bis wir beim Blockhaus sind, meine ich, und das ganze Zeug hier ausgeladen, die Hunde gefüttert und uns den Garten angesehen haben, weiß ich gar nicht, ob uns noch die Zeit
Weitere Kostenlose Bücher