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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Haut auf Haut, alle seine Zellen loderten. Er wußte nichts zu sagen.
    »Denn ich bin nicht die Sorte Frau, nicht die Sorte, von der man dauernd hört – oder vielleicht in Zeitschriften liest. Ich bin altmodisch, Sess, und tut mir leid, aber so ist das nun mal. Ich habe siebenundzwanzig Jahre auf den richtigen Mann gewartet, und deshalb glaube ich, daß ich auch noch ein paar Wochen länger warten kann. Bis ich verheiratet bin. Verstehst du das? Ja?«
    Er dachte an Jill, die sich das Haar mit einer Schere kurzgeschnitten hatte, bis es ihr vom Kopf abstand wie bei einem Clown, an ihre kurzen, muskulösen Beine, an den Zug der Schwerkraft an ihren Brüsten, wenn sie sich nackt in den Schlafsack schwang, immer nackt, selbst in den kältesten Nächten. Jill. Er dachte an Jill. »Ja«, sagte er. »Sicher.«
    Als sie schließlich doch ans Schlafengehen dachten, während die Sonne sich schon wieder am Himmel aufbaute und die Nacht so still wie der Traum eines Toten war, da überließ er ihr seinen Platz im Bett und ging hinaus in das bleiche Morgenlicht, um bei den Hunden sein Zelt aufzuschlagen.

8
    Am nächsten Vormittag um halb zwölf saß sie auf der Bettkante, kämmte sich die Haare und sah zu, wie seine Schultermuskeln hüpften, während er sich über den Ofen beugte und ihr ein Frühstück machte. Er trug mehrfach geflickte Jeans und ein Arbeitshemd, das einmal blau gewesen sein mochte, vielleicht auch grün. Sein Haar, schwarz wie das eines Filmstars und dicht wie ein Wolfspelz, stand ab, als hätte er die ganze Nacht daran gehangen. Er war barfuß. Der linke Hemdsärmel hatte einen langen Riß, und von den abgewetzten Manschetten hingen fusselige Fäden. »Elchwurst«, sagte er und warf ihr über die Schulter einen Blick zu, »und dazu Extra-Super-Spezial-Pfannkuchen à la Sess Harder mit gezuckerten Heidelbeeren vom letzten Sommer. Was sagst du dazu?«
    Durch die beiden Fenster fiel sanft geschichtetes Licht, und beide Türen waren weit geöffnet für die Sonne und den grellen Dunst. Sie sah seine Bienen, die als goldgelbe Pünktchen in den Birken und Espen vor dem Haus umherschwirrten, und sie konnte den noch unvertrauten Duft des Thirtymile riechen, der sich in den Yukon ergoß und dabei an den Felsen nasse Funken zu schlagen schien. Ihr Haar war eine Plage, besonders wenn sie in der Wildnis war, und eigentlich hatte sie es als Zopf lassen wollen – aber als sie aufgewacht war und sah, wie er am Ofen werkelte, Holz nachlegte und am Abzug herumfummelte, da hatte sie beschlossen, es doch lieber auszukämmen und offen zu lassen, wie eine Kapitulationsflagge. Oder ein Fähnchen der Verlockung. Denn auch sie war schließlich auf Probe hier, da wollte sie ihm zeigen, was sie zu bieten hatte, und zwar nicht nur geistig, nicht nur verbal, sondern auch an körperlichen Reizen.
    »Also«, sagte sie und grinste ihn an, »das klingt genau richtig. Ich meine, gefüllte Eier, Kaviar, Trüffel und solches Zeug hätte mir jeder Dahergelaufene hinknallen können, aber wenn ich schon fürs Frühstück drei Stunden lang paddeln muß, dann erwarte ich mindestens die Super-Spezial-Pfannkuchen. Mit – wie sagtest du doch gleich? – Elchwurst ?«
    Er antwortete nicht, denn er vollführte gerade ein komplexes Manöver mit einer gußeisernen Pfanne, die so schwarz war, als wäre sie soeben exhumiert worden. Man hörte das Geräusch von knisterndem heißem Fett, und auf einmal war der gesamte Raum erfüllt von dem Geruch danach, außerdem voller Qualm. Er pikste die Würste mit einer langen Gabel an, tanzte um die Kaffeekanne herum und wendete die etwas harten dunkelgrauen Pfannkuchen lässig aus dem Handgelenk. »Du solltest eine Toque aufhaben«, sagte sie, worauf er fragte: »Eine Toque? Was soll denn das sein?«
    Sie aßen draußen in der Sonne an einem Picknicktisch, den er aus Schwarzfichtenholz gezimmert und so lange gebeizt hatte, bis er farblich an altes Leder erinnerte, und sie nutzten dabei sein gesamtes Geschirrarsenal: zwei Blechteller und zwei Blechtassen. In der Mitte des Tischs, in einer leeren Büchse, stand ein Sträußchen Wildblumen, die er gepflückt hatte, als sie noch schlief, und das berührte sie, der Aufwand, den er für sie trieb, und das liebenswerte Wesen, das daraus sprach. Er goß ihr Kaffee ein und löffelte Heidelbeeren aus einem Glas. »Weißt du, was wohl das Beste am Leben hier draußen sein muß?« sagte sie und wischte ihren Teller blank. »Abgesehen von der Schönheit der Natur, meine

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