Drowning - Tödliches Element (German Edition)
da noch drin.«
Er schüttelt den Kopf und kämpft sich weiter durchs Wasser.
Ich bin jetzt gegenüber von ihrem Haus. Die Gartenmauer ist irgendwo unter der Wasseroberfläche. Ich taste mich vorsichtig weiter, um nicht dagegenzustoßen, drüberzufallen, mich zu verletzen.
Das Wasser reicht mir bis zur Hüfte.
Ein Ast von etwa zwei Metern Länge strömt auf mich zu. Ich packe ihn, verwende ihn als Fühler, stochere mit ihm im Wasser herum. Ich finde die Mauer und schaffe es drüberzusteigen. Irgendwas zerrt an den Beinen. Ich denke an Robs Fußnägel, an den Schlamm, der darunter festsaß, doch ich gehe weiter, werfe den Ast weg, damit ich die Hände benutzen kann, um durch das Wasser zu paddeln. Ich bin immer noch auf den Beinen, aber nur gerade so eben. Das Wasser geht mir jetzt fast bis zur Brust.
»Carl!«
Ich schaue hoch. Neisha steht oben am Fenster. Es ist offen, sie beugt sich heraus.
»Geh rein«, schreie ich und wedle mit den Armen. »Du musst trocken bleiben.«
»Was?« Sie rührt sich nicht von der Stelle, sondern streckt nur den Kopf noch weiter hinaus.
»Was ist das im Wasser?«, ruft sie.
Ich drehe mich um, kann aber nichts erkennen, bis auf den Ast, den ich fortgeworfen habe. Und der schwimmt eilig an den Häusern vorbei.
»Nichts«, rufe ich zurück.
»Hinter dir im Wasser. Was ist das?«
Ich schaue wieder. Bis auf die Leute, die sich vor der Flut in Sicherheit bringen, bin ich allein. Vielleicht eine Täuschung des Lichts auf dem Wasser? Oder Schmutz, den ich nicht sehen kann.
»Ich sitz hier fest, Carl. Ich komm nicht mehr raus. Das Wasser steigt schon die Treppe hoch. Soll ich springen?«
»Verdammt, nein, bleib da! Alles wird gut. Ich versuche, ins Haus zu kommen.«
Sie beugt sich vor, weiter heraus in den Regen.
»Zurück!«, schreie ich. »Geh wieder rein! Ich komme und hol dich.«
Ich wate zur Vorderseite des Hauses, nehme die Arme, um durch das Wasser zu kommen. Ich schaue durchs Wohnzimmerfenster. Ein Kaffeetisch schwimmt verloren in der Mitte des Raums. Der Wasserspiegel scheint etwas niedriger zu sein als draußen, steht aber trotzdem mindestens einen halben Meter hoch. Es ist ein altmodisches Fenster, eines, bei dem man den unteren Teil hochschieben kann. Rob hat diese Fenster geliebt. War viel leichter, bei ihnen einzubrechen als bei den modernen Doppelglasscheiben mit Kunststoffrahmen. Das Problem ist nur, dass ich nicht gerade günstig stehe, um irgendwo Halt zu finden. Ich versuche es, aber das Fenster rührt sich nicht. Ich verfluche mich, dass ich den Ast weggeworfen habe. Ich hätte ihn nutzen können, um das Fenster hochzustemmen oder einzuschlagen.
Ich schaue mich um, doch es strömt gerade nichts Brauchbares vorbei. Dann erinnere ich mich, dass neben der Haustür ein paar Blumentöpfe aus Ton standen. Sie sind jetzt unter Wasser, aber ich habe eine genaue Vorstellung, wo. Und ich gehe davon aus, dass ich es mit einem der Töpfe schaffen kann.
»Carl! Carl! Was machst du?«
Neisha beugt sich über mir aus dem Fenster und reckt den Hals, um mich zu sehen.
»Ich versuche, einen von den Blumentöpfen zu erwischen, um das Fenster einzuschlagen.«
»Bloß nicht. Dad dreht durch. Vielleicht kann ich dich reinlassen. Die Tür öffnen. Ich komm runter.«
»Nein! Nicht ins Wasser. Neisha, bitte. Bleib, wo du bist. Verdammt, nimm deinen Kopf wieder rein. Du musst trocken bleiben!«
Ich arbeite mich nach rechts vor, halte mich an der Hauswand fest und taste mit den Füßen nach den Töpfen. Mein Zeh stößt gegen etwas Hartes. Ich hole tief Luft, tauche den Kopf unter Wasser und greife zu. Der Topf ist richtig schwer und ich kann ihn schlecht greifen. Er bewegt sich ein bisschen, aber nicht genug. Das Wasser über meinem Kopf versetzt mich in Panik. Verzweifelt versuche ich, nicht an das andere Mal zu denken, aber es klappt nicht.
Ein Durcheinander von Armen und Beinen, Händen und Füßen, alles kreuz und quer im Wasser. Er muss seine Hände von ihr genommen haben, denn er schlägt mir ins Gesicht, dann packt er meinen Hals und drückt zu. Er zwingt meinen Kopf unter die Oberfläche. Ich gerate in Panik und schlage um mich, versuche zu treffen, kratze, reiße, trete – alles, was ihn dazu bringt, loszulassen.
Ich stehe wieder auf und wische das Wasser aus meinen Haaren, reibe mit den Händen die Augen frei. Einen Moment lang weiß ich nicht, wo ich bin. Ich stehe nur da und sauge Luft in die Lunge. Dann weiß ich es wieder – das hier ist kein Albtraum,
Weitere Kostenlose Bücher