Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
konnte ja wohl nicht
sein, oder doch? Leo schauderte.
"Was ist das?" fragte er.
"Ein Amulett. Wenn du es trägst, wird es dich beschützen.
Auch in der Schlucht. Besonders in der Schlucht."
"Danke."
Wie alle Gager hielt Leo nicht viel von Aberglauben, die
Anhänger des Zipseltums waren eher wissenschaftlich orientiert,
und er selbst bildete da keine Ausnahme. Aber es war ein
Geschenk von einem Freund, und deshalb würde er es tragen. Er
lächelte Ronan an und zog die Bilder aus der Tasche, die er
gestern gemacht hatte. Nur das angefangene von heute Morgen
gab er ihm nicht. Er würde es aus der Erinnerung zu Ende malen
und behalten.
"Nimm die."
Ronan strahlte.
"Danke!"
Leo schenkte seinem neuen Freund ein letztes Lächeln und
gab Blau endgültig die Fersen.
Telemnar
"Unauthorisierte Nutzung!" bellte es neben Daans Ohr.
Er zuckte zusammen, ließ die Hände aber hinter dem Kopf,
wo er sie vorsorglich vor dem Durchtritt des Portals verschlungen
hatte. Ein Stecken rammte sich wie erwartet so fest in seinen
Rücken, dass er aus dem Portalkreis geschoben wurde und erst
auf dem Gras zum Stehen kam. Wenigstens war er dieses Mal
nicht wieder gestürzt.
"Lwynn, Daan; Lwynn" rief er. "Freigabe 6, jederzeit
Zugang" fügte er hinzu.
Nur jeweils zwei aus dem Kader der Hedon elandilih, der
Gardesoldaten seines Großvaters, waren nicht unmittelbar für die
Verteidigung des Fürsten abgestellt, sondern bewachten das
Portal. Den einen der Beiden, groß gewachsen wie alle
Gardesoldaten, mit halb langem, silbergrauem Haar, kannte Daan
von seinen letzten Besuchen, doch der Elf blickte ihn nicht einen
Deut freundlicher an als sein jüngerer Gefährte, der einem in den
schwarzen Stulpenstiefeln und der Wildledermontur mit dem
breiten Gürtel schon durch seine Statur das Gefühl gab, man
werde gleich von einem schwarzen Hengst überrannt.
Beim Anblick der Pfeile, die rechts über der Schulter von
beiden Soldaten aufragten, des Bogens in der Hand des Älteren
und der hauchzart geschmiedeten Klinge aus Elfenstahl, die das
Blatt des Speeres bildete, von dem er glücklicherweise bisher nur
den Schaft zu fühlen bekommen hatte, kam sich Daan ohne
Waffen nackt vor.
Auch wenn er wusste, dass das Reisen ohne Waffen die
sicherste Art war, beim Durchtritt durch das Portal nicht
versehentlich für einen Feind gehalten und geköpft zu werden,
hätte er in diesem Moment einiges darum gegeben, seinen Bogen
in der Hand zu spüren.
"Lwynn", schnaubte der Ältere.
Der jüngere der beiden fiel auf ein Knie und grüßte: "Naatil,
Harath!"
Daan nahm die Hände vom Kopf und strich seinen Mantel
glatt. Erst jetzt deutete auch der Ältere der beiden einen kurzen
Kniefall an.
"Naatil, Harath."
"Es ist gut", sagte Daan und nickte knapp.
Beide standen wieder auf, der Ältere ergriff das Wort, ohne
aufgefordert zu werden.
"Leider können wir euch nicht begleiten, strenge
Anweisung am Portal zu bleiben. Aber wenn ihr warten wollt
kann ich jemanden rufen, damit ihr nicht alleine gehen müsst…"
Daan hatte es gefürchtet.
Bei seinem letzten Besuch hier hatte er diesen Soldaten
freundlich behandelt- und in diesem Fall hatte sein Großvater
wohl recht gehabt, als er ihn gescholten hatte. Die Stimme des
Fürsten dröhnte Daan noch immer im Ohr.
"Stärke, Sohnessohn, nur Stärke lassen sie gelten. Wenn du
freundlich zu den Hedon elandilih bist, werden sie dir das als
Schwäche auslegen. Das Wort `Herrscher` ist verwandt mit
`herrschen`. Wenn du das nicht kannst, taugst du genauso wenig
wie dein Vater…"
An jedem anderen Tag hätte er den Mann damit
durchkommen lassen, ungeachtet der Konsequenzen für seine
Reputation, aber heute war nicht irgendein Tag. Heute war der
Tag, an dem er erfahren hatte, dass Iyel-Aton Lwynn seinen Vater
für tot erklären lassen wollte.
Daan stellte sich vor den Hedon elandilih, schaute ihn mit
hochgezogenen Brauen an- und schlug ihm fest ins Gesicht. Der
Elf fiel wieder auf das Knie.
"Vergebt mir", murmelte der Soldat.
Daan schlug erneut zu.
"Sprich noch einmal in meiner Gegenwart, ohne gefragt zu
sein und ich köpfe dich eigenhändig", zischte er.
Ohne den Mann auch nur noch einmal anzusehen, machte
er sich auf den Weg zum Hof. Erst einmal heraus aus der
Portalzone. Seine Knie zitterten sacht, aber er war ziemlich sicher,
dass die beiden das auf die Entfernung schon nicht mehr sehen
konnten. Daan holte tief Luft. Der nächste Gegner würde sich
nicht so leicht geschlagen geben.
*
Sobald er
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